#Verwaltungsprozessrecht

OVG Berlin-Brandenburg zur Verfassungstreue im juristischen Vorbereitungsdienst

Darf ein Referendar der Nachfolgeorganisation der NPD („Die Heimat“) angehören und darf er dort eine führende Stellung einnehmen? Im Anschluss an die grundlegenden Beschlüsse des BVerfG ist eine differenzierende Betrachtung geboten zwischen Kandidaten, bei denen Zweifel an der Verfassungstreue bestehen und Kandidaten, die mit ihrem Verhalten auf die Beseitigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung abzielen.

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OVG Münster zur Haltung eines Hahns im Allgemeinen Wohngebiet

Der BauNVO kommt eine doppelte rechtliche Bedeutung zu: Bebauungspläne dürfen nur Festsetzungen enthalten, die in § 9 BauGB aufgeführt sind. Bezogen auf Art, Maß und überbaubarer Grundstücksfläche erfährt § 9 Nr. 1 und Nr. 2 BauGB eine Konkretisierung durch die BauNVO (§§ 1 ff, 16 ff, 22 f). Weicht ein Bebauungsplan von ihren Typisierungen ab, ohne dass dies durch § 1 BauNVO gestattet ist, ist er rechtswidrig und mangels Überwindung eines derartigen Fehlers auch nach Prüfung der §§ 214, 215 BauGB ungültig. Zugleich geben die Begriffe der BauNVO Auskunft über die planungsrechtliche Zulässigkeit von Grundstücksnutzungen (§ 1 III 2 BauNVO), wichtig für die Anwendung der §§ 30, 31, 34 II BauGB im Rahmen bauordnungsrechtlicher Maßnahmen (Baugenehmigung, Bauordnungsverfügung). Das OVG Münster (29.05.2024 – 10 B 368/24) hat im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens gegen eine Bauordnungsverfügung die Entscheidung der Vorinstanz (VG Düsseldorf, Beschluss vom 08.04.2024, 4 L 2878/23) bestätigt, wonach die Haltung eines Hahns in einem „Allgemeinen Wohngebiet“ (§ 4 BauNVO) verboten werden kann.

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VG Koblenz zum Betrieb eines Weinverkaufsautomaten auf Privatgrund

Die meisten dürften mittlerweile schon einmal von sogenannten 24/7 Supermärkten gehört haben. Gemeint sind damit kleine, durchgehend geöffnete Verkaufsstätten ohne Kassierer, in denen der Einkaufsprozess gänzlich elektronisch abläuft. Ein solches Konzept ist praktisch für Kunden und lukrativ für die Betreiber zugleich. Eine etwas abgespeckte Version dieses Geschäftsmodells stellen einfache Verkaufsautomaten dar, die häufig von Landwirten genutzt werden, um dort zusätzlich zu ihrem stationären Hofladen durchgehend Fleisch, Eier oder ähnliche Produkte aus eigener Erzeugung anbieten zu können. Insbesondere während der Coronapandemie und dem damit einhergehenden Lockdown erfreuten sich solche Einkaufsmöglichkeiten großer Beliebtheit. Auf diesen Trend aufspringen wollte jüngst auch ein Winzer aus Rheinland-Pfalz. Kurzerhand stellte er auf seinem Grundstück im Kurgebiet einen solchen Automaten auf und bestückte diesen mit Wein aus eigener Erzeugung. So weit so gut möchte man meinen, doch was sagt das Verwaltungsgericht in Koblenz dazu?

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VG Köln zur Pflicht politische Parteien zu

Nicht nur in den Vereinigten Staaten, wo sogenannte TV Duelle zwischen den Spitzenkandidaten vor bedeutenden Wahlen schon seit geraumer Zeit Tradition haben, sondern auch hierzulande erfreuen sich derartige Formate zunehmender Beliebtheit. Einerseits ist es für die Zuschauer interessant, die politischen Ansichten der unterschiedlichen Parteien auf konkrete Fragen hin zu hören, andererseits bieten die Shows eine gute Möglichkeit, breitenwirksam Wahlkampf zu machen. Insofern ist es dann natürlich nachvollziehbar, dass Parteien nicht ganz erfreut sind, wenn sie zu einer solchen Veranstaltung nicht eingeladen werden, noch dazu, wenn es sich um ein Format einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt mit besonders großem Zuschauerkreis handelt. Ob und unter welchen Umständen Sender die Pflicht haben, gewisse Parteien bzw. ihre Spitzenkandidaten einzuladen, musste das Verwaltungsgericht in Köln vor Kurzem entscheiden.

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BGH zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Mögen die Argumente in der Sache noch so bestechend sein, wer gerichtliche Fristen endgültig versäumt, wird seinen Prozess verlieren. Das lernt man spätestens im Referendariat. Der ein oder andere wird allerdings auch in der beruflichen Praxis schmerzlich daran erinnert. Nicht nur die Rechtsanwältin, die kürzlich vor dem BGH (Beschl. vom 06.03.2024, Az. XII ZB 408/23) kämpfte, um einen Fristenfauxpas geradezurücken, wird aus diesem Beschluss hoffentlich ihre Lehren für die Zukunft ziehen.

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BVerwG zur Anwendbarkeit des Versammlungsgesetz auf eine Verhinderungsblockade

In dem nachfolgenden Fall geht es um Standardmaßnahmen des Polizeirechts, die typischerweise zur Anwendung kommen, wenn Straßenblockaden von der Polizei beendet werden. Wir folgen dem prozessualen Aufbau in den Urteilsdarstellungen des VGH und des BVerwG, zumal bei erledigten Verwaltungsakten und Realakten die Zulässigkeitsdarstellung immer wieder gefragt ist. Die materielle Prüfung bei den einzelnen Standardmaßnahmen („besondere Befugnisse“) wird im Interesse der Übersichtlichkeit vereinfacht dargestellt. Schwerpunkt bildet das Verhältnis zwischen Versammlungsgesetzen und den allgemeinen Polizei- (und Ordnungs-) Gesetzen.

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Unzulässigkeit einer kommunalen Wettbürosteuer

Die Gemeinden sind zur Finanzierung der örtlichen Aufgabenwahrnehmung dringend auf örtliche Steuern angewiesen. Auf der Grundlage der Kommunalabgabengesetze der Länder können örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern eingeführt werden, „solange sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind“ (Art. 105 II a S. 1 GG). Die Vermittlung von Renn- und Sportwetten ist im Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG) des Bundes seit 2012 mit 5 % des Wetteinsatzes unter gleichzeitiger Befreiung von der Umsatzsteuer steuerpflichtig.

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Schwierigkeiten mit dem beA

Je mehr Zeit seit der Einführung der aktiven Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) ins Land geht, desto facettenreicher wird die Rechtsprechung zu der Thematik rund um den § 130d ZPO. In diesem Kontext gewinnt auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 233 ff. ZPO ungeahnte Relevanz. Stellvertretend für die wachsende Bandbreite der möglichen Fehlerquellen soll ein Rechtsstreit beleuchtet werden, mit dem sich der zwölfte Zivilsenat des BGH im Rahmen einer Rechtsbeschwerde zuletzt beschäftigen durfte (Az. XII ZB 88/23).

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OVG Münster zur Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz

Die Partei „Alternative für Deutschland (AfD)“ wehrt sich seit mehreren Jahren dagegen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die Partei unter dem Verdacht, gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung ausgerichtet zu sein, beobachtet und die Öffentlichkeit über die Einstufung als Verdachtsfall informiert. Das OVG Münster hat die Klagen der AfD in 2. Instanz abgewiesen. Auf der Grundlage der vom OVG Münster veröffentlichten Urteilsbegründung durch den Vorsitzenden des 5. Senats und der veröffentlichten Entscheidungen der Vorinstanz (VG Köln) stellen wir den hochaktuellen Fall in seinen Grundzügen dar.

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OVG (VGH)-Rechtsprechung zum Verbot der Parole „From the river to the sea

Da die Strafbarkeit der Verwendung der Parole „From the river to the sea" nach §§ 140 Nr. 2, 111, 130 I StGB bei einer Versammlung nicht mit der für ein Eilverfahren erforderlichen Sicherheit durch die Verwaltungsgerichte beurteilt werden kann, ist es umstritten, wie die Abwägung zwischen Aussetzungsinteresse und Vollziehungsinteresse zu treffen ist.

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