10 Entscheidungen des BGH im Strafrecht aus dem Jahr 2023, die Du kennen solltest
Der BGH sorgte auch 2023 mit seinen Entscheidungen für Aufsehen und hatte zahlreiche Rechtsfragen zu klären, die nicht nur in der Praxis spannend sind, sondern auch hohe Prüfungsrelevanz mit sich bringen. Von klassischen Fragen zur Heimtücke und den Mordmerkmalen über die Voraussetzungen zum strafbefreienden Rücktritt und der Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe ging es auch um Fragen zur Urkundenfälschung und Betrug sowie Vermögensdelikte mit Nötigungsbezug – alles Dauerbrenner in Examensklausuren. Die wichtigsten (strafrechtlichen) Entscheidungen des BGH aus dem Jahr 2023 haben wir für Dich zusammengefasst.
BGH zu Mordmerkmalen bei der Tötung eines Kleinkindes
In einem tragischen Fall hatte sich der BGH mit den Voraussetzungen der niedrigen Beweggründe bei Kleinkindern zu befassen. Bei der Tötung von Säuglingen, Kleinst- und Kleinkindern stellt sich im Rahmen der Prüfung der Mordmerkmale regelmäßig die Frage, ob eine „Heimtücke“ überhaupt in Betracht kommen kann. Denn kleinen Kindern fehlt in der Regel die Fähigkeit zum Argwohn.
Sofern sie bei der Tatbegehung nicht allein Täter sind, kommt es nicht auf ihre, sondern auf die Arg- und Wehrlosigkeit eines im Hinblick auf das Kind schutzbereiten Dritten an, also einer Person, die den Schutz des Kindes vor Leib- oder Lebensgefahr dauernd oder vorübergehend übernommen hat und im Tatzeitpunkt entweder tatsächlich ausübt oder dies deshalb nicht tut, weil sie dem Täter vertraut oder vom Täter ausgeschaltet wurde.
Worum es in diesem Fall ging und wie der BGH die schwierige Frage zur „Heimtücke“ hier beantwortet hat, erfährst Du hier: BGH zu Mordmerkmalen bei der Tötung eines Kleinkindes
BGH zum Rücktrittshorizont des Täters beim versuchten Totschlag
Der strafbefreiende Rücktritt vom Versuch – ein Klassiker in strafrechtlichen Klausuren. Daher möchten wir Dir auch diese wichtige Entscheidung des BGH noch mal in Erinnerung rufen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist der Rücktrittshorizont maßgeblich für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch. In dieser lehrreichen Entscheidung veranschaulicht der BGH einmal mehr, welche Anforderungen er an die innere Einstellung des Täters zur Tat erwartet.
In diesem Fall führte der Täter ein Klappmesser mit neun Zentimeter langer Klinge mit sich und rammte es dem Opfer insgesamt sechs Mal in den Oberkörper. Was danach geschah und ob hier die Voraussetzungen für einen Rücktritt vom (unbeendeten) Versuch nach § 24 I 1 Alt. 1 StGB trotzdem vorlagen, erfährst Du in diesem Beitrag: BGH zum Rücktrittshorizont des Täters beim versuchten Totschlag
BGH zum versuchten Heimtückemord und zum strafbefreienden Rücktritt
Welch hohen Praxisbezug die prüfungsrelevanten Fragestellungen zur „Heimtücke“ und zum (strafbefreienden) „Rücktritt“ haben, zeigt auch diese Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2023: Es geht um einen Fall der häuslichen Gewalt, dessen Schwere und Häufigkeit die Gerichte immer wieder zur Verschärfung des Strafmaßes veranlasst:
BGH um versuchten Heimtückemord und zum strafbefreienden Rücktritt - Teil 1
BGH um versuchten Heimtückemord und zum strafbefreienden Rücktritt - Teil 2
BGH zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe
Fragen zur Abgrenzung komplexer Beteiligungsformen werden ebenfalls gerne in Klausuren und Examen geprüft. Daher solltest Du auch diese wichtige Entscheidung des BGH im Blick haben. In diesem Fall widmete sich der BGH verschiedenen Formen der Beteiligung an einer Straftat sowie mehreren ineinandergreifenden strafrechtlichen Delikten. Es ging dabei insbesondere um die Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe, die in Klausuren immer eine saubere Subsumtion unter die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen erfordert – und diese stellt der BGH in der hier besprochenen Entscheidung im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung vor.
Ein wesentlicher Anhaltspunkt kann dabei der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zu ihr sein. Worum es in der Entscheidung genau ging und worauf Du bei der Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe noch achten musst, haben wir in diesem Urteilsticker für Dich prüfungsrelevant aufbereitet: BGH zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe
BGH zur Urkundenfälschung und Betrug gegenüber einer Beihilfestelle
Inwieweit können manipulierte Kopien als unechte Urkunden gewertet werden und wie wird der Betrug durch solche Dokumente rechtlich bewertet? Mit dieser spannenden Frage hatte sich der BGH in diesem Fall zu befassen. Die Entscheidung behandelt die komplexen rechtlichen Fragen rund um den Beihilfebetrug, die Urkundenfälschung und die Grenzen des Gebrauchens von Dokumenten im Rechtsverkehr. Es geht dabei um insgesamt 102 falsche Arztrechnungen, Rezepte und Fahrtkostenabrechnungen und die damit verbundenen Beihilfeleistungen in Höhe von 23.668 Euro.
Den komplexen Fragen zum Betrug nach § 263 StGB und der Urkundenfälschung aus § 267 StGB hat sich der BGH in diesem Beitrag gewidmet: BGH zur Urkundenfälschung und Betrug gegenüber einer Beihilfestelle
BGH zu den Voraussetzungen eines Raubes mithilfe einer Luftpumpe
In Fällen, die die Prüfung des § 249 I StGB erfordern, kommt es häufig zu Abgrenzungsfragen im Zusammenhang mit dem sogenannten finalen Zusammenhang zwischen Wegnahme und Nötigungsmittel. Dieser „Finalzusammenhang“ beim Raub gehört zum Standardwissen im Examen und sollte Dir daher bekannt sein. Der BGH hatte sich gleich in zwei Fällen mit diesem Thema zu befassen, die wir in diesem Beitrag für Dich prüfungsrelevant zusammengefasst haben: BGH zu den Voraussetzungen eines Raubes mithilfe einer Luftpumpe
BGH zu räuberischem Diebstahl und schwerer räuberischer Erpressung
Vermögensdelikte mit Nötigungsbezug sind absolute Dauerbrenner vor Gericht und damit – Du ahnst es vielleicht schon – auch in den strafrechtlichen Klausuren. Auch in diesen beiden Entscheidungen musste sich der BGH mit dem Raub befassen und hatte dabei eine eher selten anzutreffende (aber dafür nicht weniger prüfungsrelevante) Abgrenzungsfrage von Raub und räuberischer Erpressung zu klären.
Da sich die Gerichte zur Abgrenzung der §§ 252, 255 StGB und § 249 StGB häufig ausschweigen und die Themen zumeist nur in der universitären Ausbildung behandelt werden, solltest Du diese beiden höchstrichterlichen Entscheidungen unbedingt im Blick haben. Die seltenen Fundstücke aus dem Jahr 2023 haben wir hier für Dich zusammengetragen: BGH zu räuberischem Diebstahl und schwerer räuberischer Erpressung
BGH zur Erforderlichkeit einer Notwehrhandlung beim Schusswaffengebrauch
Die mögliche Rechtfertigung des Täters nach § 32 StGB, der in Notwehr gehandelt hat, ist rechtlich wie tatsächlich an einige Voraussetzungen geknüpft, deren Vorliegen sorgfältig geprüft werden müssen. Kann sich das Strafgericht nicht mit hinreichender Sicherheit davon überzeugen, ob eine Notwehrlage tatsächlich vorgelegen hat und/oder die Notwehrhandlung erforderlich gewesen ist, gilt der Grundsatz „in dubio pro reo“.
In dieser spannenden Entscheidung des BGH geht es um eine zeitlich verzögerte Abgabe von Schüssen. Dabei hatte das Gericht die Frage zu diskutieren, ob der zweite Schuss (die Strafbarkeit des Schützen unterstellt) nicht zur Annahme einer natürlichen Handlungseinheit bzw. nur einer Tat im Rechtssinne führt. Wie der BGH den Fall entschieden hat, erfährst Du in dieser Urteilsbesprechung: BGH zur Erforderlichkeit einer Notwehrhandlung beim Schusswaffengebrauch
BGH zu Aussetzung mit Todesfolge und zu Totschlag durch Unterlassen
Dieser Fall zeigt eindrucksvoll, wie tragisch eine „Sauftour“ unter Freunden enden kann. Vier Freunde bzw. Bekannte gingen zusammen feiern – nach reichlichem Alkohol- und auch Drogenkonsum kehrte einer von ihnen aber nicht nach Hause zurück, sondern ertrank in einem Hochwasserkanal. Der BGH hatte sich hier mit der Frage zu befassen, inwieweit sich die anderen drei Freunde wegen Aussetzung und unterlassener Hilfeleistung strafbar gemacht haben. Eine praxisnahe Entscheidung zur Frage nach der Garantenstellung unter Freunden, die sich zudem sehr gut für eine strafrechtliche Prüfung eignet:
BGH zu Aussetzung mit Todesfolge und zu Totschlag durch Unterlassen - Teil 1
BGH zu Aussetzung mit Todesfolge und zu Totschlag durch Unterlassen - Teil 2
BGH zur Frage: versuchter schwerer oder vollendeter Wohnungseinbruchsdiebstahl?
Bei diesem spannenden Fall musste der BGH die Begriffe „Wohnung“ (§ 244 I Nr. 3 StGB) und „dauerhaft genutzte Privatwohnung“ (§ 244 IV StGB) einmal genauer erörtern – das Problem lag hier insbesondere darin, dass der bisherige Bewohner verstorben war. Während die „Privatwohnung“ dadurch ihre Eigenschaft verliert, bleiben die dem Aufenthalt von Menschen dienenden Räume auch in diesem Fall aber eine „Wohnung“. Relevant ist die Frage beim Straftatbestand des untauglichen Versuchs und beim konkurrenzrechtlichen Verhältnis zwischen dem (vollendeten) Wohnungseinbruchsdiebstahl und dem versuchten schweren Wohnungseinbruchsdiebstahl.
Die lehrreichen Ausführungen des BGH haben wir hier für Dich prüfungsrelevant zusammengefasst: versuchter schwerer oder vollendeter Wohnungseinbruchsdiebstahl
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