Teil 1:
- Prüfungsreihenfolge der Anspruchsgrundlagen
- Eigentumserwerb an unbeweglichen Sachen
- Beschränkt dingliche Rechte
- Stellvertretung
- Erwerb an beweglichen Sachen, Abhandenkommen
- Berechtigung
- Erfüllungsgehilfe, Vertretenmüssen
- Bereicherungsrechtliche Ansprüche
- § 1004 BGB
- § 823 BGB
- Rechtsgutsverletzung
Der 20-jährige Paul Pöhler lebt in dem bayerischen Dorf Hirschbach. Seine Eltern und Großeltern betreiben einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, den Paul später einmal übernehmen soll. Pauls Eltern haben ihm daher bereits Anfang 2021 das ihnen gehörende Waldgrundstück “56/1” übertragen. Ebenso hat damals Pauls Großvater Otto Pöhler (0) ihm sein Waldgrundstück “58/3” übertragen, sich allerdings den Nießbrauch vorbehalten, um das Grundstück weiterhin selbst zu nutzen und zu bewirtschaften.
Mitte 2022 bietet sich für Paul die Gelegenheit, das unmittelbar zwischen den beiden Flächen gelegene Waldgrundstück “57/2” des Waldemar Weber (W) zu erwerben. Im notariellen Kaufvertrag vom 11. Juli 2022 vereinbaren Paul und Waldemar, dass “Besitz, Nutzen und Lasten mit dem Ablauf des Tags der Beurkundung dieses Vertrags auf Paul übergehen”. Außerdem wird in der Vertragsurkunde bereits die Auflassung des Grundstücks an Paul erklärt.
Paul beginnt bereits am nächsten Tag, auf den drei Waldgrundstücken zu arbeiten und dort Bäume zu fällen. Hinsichtlich des Grundstücks “58/3” hat Otto seinem Enkel Paul kurz zuvor erlaubt, einmalig die Bäume für ihn - Otto - zu schlagen. Die in den beiden folgenden Wochen geschlagenen, jeweils fünf Meter langen Stämme aus dem Grundstück “56/1” lagert Paul auf einem mit “A” markierten Stapel, die aus dem Grundstück “57/2” auf einem Stapel “B” und die aus dem Grundstück “58/3” auf einem Stapel “C” am Rand der jeweiligen Grundstücke neben dem Forstweg, der sie erschließt.
Am 1. August 2022 wird Paul als Eigentümer des Grundstücks “57/2” in das Grundbuch eingetragen. Am 10. August 2022 stellt Paul fest, dass die drei Stapel Holz nicht mehr da sind. Noch am selben Tag startet er auf der Seite “Hirschbach- Crew” eines sozialen Netzwerks im Internet, auf der die meisten seiner Freundinnen und Freunde aus dem Dorf aktiv sind, einen Aufruf, sich zu melden, wenn jemand in den letzten Tagen die Abfuhr von Holz beobachtet hat. Schon nach kurzer Zeit teilt ihm Lydia Lauer (L) mit, dass sie einen Transporter des Holzhändlers Hugo Huber (H) in dem Bereich, in dem Paul sein Holz gelagert hatte, voll beladen gesehen hat. Paul wendet sich sofort an Hugo und hält ihm den Sachverhalt vor. Dieser erklärt ihm nach einer Recherche zutreffend, dass sein neu eingestellter Fahrer Fritz Fuhrmann (F), der sich in dem Wald noch nicht gut auskennt, am 8. August 2022 aus Versehen die Holzstapel des Paul aufgeladen hat anstelle von Stapeln von einem anderen, nahe gelegenen Waldgrundstück, die Hugo vom Eigentümer dieses Waldgrundstücks gekauft hatte. Hugo teilt zudem mit, dass er das Holz am 9. August 2022 - dem objektiven Wert entsprechend - für 300,- € pro Stapel, insgesamt also für 900,- €, an den Holzgroßhändler Gustav Grosser (G) veräußert und in diesem Rahmen auch übergeben hat.
Von Gustav erfährt Paul, dass dieser das gesamte Holz wiederum am 12. August 2022 für 400,- € pro Stapel, insgesamt also für 1.200,- €, an die Sägewerksbetreiberin Susanne Seeger (S) veräußert hat. Diese hat es nach Erhalt von Gustav sogleich zu Bauholz und Spanplatten verarbeitet.
Paul verlangt nun von Gustav Zahlung in Höhe von 800,- € wegen des Holzes der Stapel “A” (Grundstück “56/1”) und “B” (Grundstück “57/2”). Ferner erklärt er, dass er auch im Namen seines Großvaters Otto Rechte geltend mache und Gustav daher wegen des Holzes des Stapels “C” (Grundstück “58/3”) zudem 400,- € an Otto zahlen müsse. Gustav wendet ein, dass es das Holz als solches gar nicht mehr gebe und er - was zutrifft - Ausgaben für den Ankauf in Höhe von insgesamt 900.- € und Ausgaben für den Transport zu Susanne in Höhe von 50,- € pro Stapel, insgesamt also in Höhe von 150,- €, gehabt habe.
Einige Tage später erzählt Paul seinem Großvater Otto von dem Geschehen. Dieser erklärt gegenüber Paul daraufhin, dass Paul alles richtig gemacht und ganz in seinem - Ottos - Sinn gehandelt habe.
Teil II:
Kurze Zeit nach dem Gespräch mit Hugo hat Paul folgenden Beitrag verfasst und auf der Seite “Hirschbach-Crew” unter seinem Aufruf vom 10. August 2022 eingestellt: “Holzdiebstahl aufgeklärt! Dank Eurer raschen Mithilfe konnte der Holzhändler Hugo Huber überführt werden. Es soll sich um eine Verwechslung gehandelt haben - wer’s glaubt… ;-)”.
Hugo verlangt von Paul, diesen Beitrag zu löschen. Der Beitrag sei grob unwahr und außerdem geschäftsschädigend, da gegenüber potentiellen Geschäftspartnern der Eindruck erweckt werde, dass Hugo das Holz für seinen Handel nicht auf legale Weise erwerbe. Paul entfernt daraufhin zwar den Beitrag, erwidert aber, dass in einem freien Land wie der Bundesrepublik Deutschland doch die Meinungsfreiheit gelte. Hugo befürchtet deshalb, dass Paul erneut entsprechende Äußerungen tätigen könnte, was er unbedingt verhindern möchte.
Vermerk für die Bearbeitung:
Beide Teile der Aufgabe sind zu bearbeiten. In einem Gutachten, das - gegebenen- falls hilfsgutachtlich - auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen eingeht, sind in der vorgegebenen Reihenfolge folgende Fragen zu beantworten:
Zu Teil 1:
Kann Paul Pöhler von Gustav Grosser Zahlung von 800,- € verlangen?
Kann Otto Pöhler von Gustav Grosser Zahlung von 400,- € verlangen?
Hinweise zu Teil 1:
Es ist davon auszugehen, dass alle Grundstücksübertragungen wirksam erfolgt sind. Ferner ist zu unterstellen, dass das Holz der einzelnen Stapel bis zum Zeitpunkt der Verarbeitung durch Susanne Seeger unvermengt vorhanden war.
Zu Teil II:
Kann Hugo Huber von Paul Pöhler Unterlassung künftiger entsprechender Äußerungen verlangen?
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- Prüfungsreihenfolge der Anspruchsgrundlagen
- Eigentumserwerb an unbeweglichen Sachen, §§ 873, 925 BGB
- Beschränkt dingliche Rechte, §§ 1018 ff. BGB
- Stellvertretung, §§ 164 ff. BGB
- §§ 929 S. 1, 932 BGB
- Vertretenmüssen, §§ 276-278 BGB
- Bereicherungsrechtliche Anspruchsgrundlagen
- § 1004 BGB
- Rechtsgutsverletzung, § 823 I BGB