Gegenstand des Verfahrens war die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Strafverfahren wieder aufzunehmen ist, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) festgestellt hat.
Gründe
I. Sachverhalt
1. Vorhergehendes Strafverfahren und Besorgnis der Befangenheit
Der ehemalige Lebensgefährte (L) der Beschwerdeführerin (Bf) wurde vom Landgericht Darmstadt mit Urteil vom 11. Juli 2011 wegen gemeinschaftlichen Mordes am damaligen Ehemann der Bf zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Bei diesem Urteil wirkte ein Richter als Berichterstatter mit, der im späteren Strafverfahren gegen die Bf den Vorsitz führte. Der Vorsitzende Richter hatte dies im Verfahren gegen die Bf offenbart; die Kammer des Landgerichts sah darin keine Besorgnis der Befangenheit (Beschluss vom 11. Oktober 2013). Die Bf lehnte den Vorsitzenden Richter daraufhin wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Gericht habe im Urteil gegen L auch Feststellungen über die Tatbeteiligung der Bf getroffen und damit die strafrechtliche Verantwortlichkeit und Beweiswürdigung des Verhaltens der Bf vorweggenommen. Das Gericht habe im damaligen Verfahren ihre angebliche Tatbeteiligung an zahlreichen Stellen festgestellt. Der Bf habe sich aufdrängen müssen, dass sich der abgelehnte Richter als federführender Miturheber des Urteils auch ihr gegenüber vorab eine endgültige Meinung gebildet habe und ihr nicht mehr unbefangen gegenüberstehe.
Das Landgericht (LG) hat das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 18. Oktober 2013 zurückgewiesen. Außer der Vorbefassung seien keine Gründe für die Voreingenommenheit des Richters vorgetragen worden; die schriftlichen Urteilsgründe im Verfahren gegen L enthielten keine abträglichen Werturteile bezüglich der Bf. Die Feststellung der Verstrickung der Bf seien zur Bewertung des Tatbeitrages von L notwendig gewesen.
2. Verurteilung der Beschwerdeführerin
Die Bf wurde wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe (Urteil vom 9. April 2014) verurteilt. Hiergegen legte die Bf Revision ein und trug vor, das Verwerfen des Ablehnungsgesuches gegen den Vorsitzenden Richter stelle einen absoluten Revisionsgrund im Sinne des § 338 Nr. 3 StPO dar.
Der BGH verwarf die Revision mit Urteil vom 10. Februar 2016; die Vorbefassung des Vorsitzenden Richters sowie die Ausführungen der Mittäterschaft der Bf im Urteil gegen L seien nicht geeignet, die Besorgnis seiner Befangenheit zu begründen.
3. Erste Verfassungsbeschwerde
Die Bf erhob Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des LG vom 18. Oktober 2013, gegen das Urteil vom 9. April 2014 sowie gegen das Urteil des BGH. Sie rügte u.a. die Verletzung von Art. 101 I, 2 in Verbindung mit Art. 3 I GG bei der Zurückweisung des Befangenheitsantrages sowie Art. 101 I, 2 GG in Verbindung mit Art 20 III GG wegen der Missachtung der Rechtsprechung des EGMR.
Die 2. Kammer des Zweiten Senats hat mit Beschluss vom 11. Juli 2016 die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (2 BVR 1168/16 – ohne Begründung).
4. Individualbeschwerde zum EGMR
Die Bf erhob daraufhin Individualbeschwerde zum EGMR und rügte eine Verletzung des Art. 6 I EMRK (Recht auf faires Verfahren) durch die oben genannten Beschlüsse und Urteile.
Der EGMR stellt in seinem Urteil vom 16. Februar 2021 einen Konventionsverstoß fest. Es gäbe zwar keine Anzeichen für eine persönliche Voreingenommenheit des abgelehnten Richters; allerdings seien die Zweifel der Bf, dass der Richter des Urteils gegen L bereits zu einer vorgefassten Meinung über ihre Schuld gelangt sei, aufgrund objektiver Kriterien berechtigt. Das frühere Urteil (gegen L) enthalte bereits eine detaillierte Bewertung der Rolle der später angeklagten Bf und sah die zur Erfüllung eines Straftatbestandes erforderlichen Kriterien als erfüllt an. Dies könne zu dem objektiv gerechtfertigten Zweifel führen, dass das Gericht bereits zu Beginn des Verfahrens über die später angeklagte Bf eine vorgefasste Meinung habe. Dies sei hier der Fall, da im Urteil gegen L die die Bf betreffenden Feststellungen als Tatsachen mit entsprechender rechtlicher Einordnung dargestellt worden seien.
5. Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens
Die Bf stellte Ende Juli 2021 beim LG Kassel einen Antrag auf Wiederaufnahme ihres Strafverfahrens. Nach dem Urteil des EGMR seien die Voraussetzungen des § 359 Nr. 6 StPO erfüllt. Auch die Staatsanwaltschaft Kassel beantragte die Zulassung des Wiederaufnahmeantrages nach § 359 Nr. 6 StPO, § 338 Nr. 3 StPO sei analog anzuwenden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Konventionsverletzung beruhe.
Das LG Kassel war der Auffassung, dass § 338 Nr. 3 StPO nicht anwendbar sei; der Antrag sei ohne schlüssigen Vortrag zum Beruhen im Sinne des § 337 I StPO unzulässig. Der EGMR sei von einer tatsächlichen Unabhängigkeit des Vorsitzenden Richters ausgegangen, daher sei der Vortrag zum Beruhen auch nicht entbehrlich.
Die Bf ergänzte daraufhin ihr Vorbringen und trug vor, das erforderliche Beruhen ergäbe sich schon aus der Anwendung des § 338 Nr. 3 StPO. Der Konventionsverstoß bestehe darin, dass der abgelehnte Richter objektiv Anlass gegeben habe, er sei gegenüber der Bf befangen.
6. Ablehnung des Wiederaufnahmeverfahrens
Das LG Kassel verwarf den Wiederaufnahmeauftrag mit Beschluss vom 10. März 2022 als unzulässig. Die Ausführungen zu dem von § 359 Nr. 6 StPO vorausgesetzten Beruhen seien nicht schlüssig, die Norm des § 338 Nr. 3 StPO sei nicht anwendbar. § 359 Nr. 6 StPO sei so zu verstehen, dass auch bei einem Konventionsverstoß eine Einzelfallprüfung des Beruhens notwendig sei. Ein Kausalzusammenhang zwischen dem Konventionsverstoß und dem Urteil gegen die Bf sei nicht ersichtlich. In dem Verfahren gegen die Bf seien an 23 Verhandlungstagen umfangreiche Beweise erhoben worden (Zeugen, Sachverständige), auf das Urteil gegen L sei nicht Bezug genommen worden.
Gegen den Beschluss des LG Kassel erhob die Bf die sofortige Beschwerde. Das Urteil des EGMR sehe einen Konventionsverstoß allein darin, dass bei der Bf die berechtigte Befürchtung vorhanden sei, dass der abgelehnte Richter bereits zu einer vorgefassten Meinung über ihre Schuld gelangt sei.
Das OLG Frankfurt/Main verwarf in seinem Beschluss vom 8. Juli 2022 die Beschwerde als unbegründet, ein gesetzlicher Wiederaufnahmegrund sei nicht hinreichend geltend gemacht worden. Die Bf hätte darlegen müssen, dass sich der Konventionsverstoß auf die Verurteilung habe auswirken können.
7. Verfassungsbeschwerde (zweite)
Die Bf erhob am 26. August 2022 Verfassungsbeschwerde. Sie rügte die Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 103 I GG durch die Entscheidungen des LG vom März 2022 und des OLG vom Juli 2022 sowie die Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 19 IV GG (effektiver Rechtsschutz) und Art. 3 I GG (Willkürverbot) durch die o.g. Entscheidung des OLG.
Das LG habe ihren Antrag auf Wiederaufnahme als unzulässig erachtet, weil er nur unter Bezugnahme auf § 338 Nr. 3 StPO begründet worden sei; ihr Vortrag zum Beruhen des Urteils auf dem Konventionsverstoß sei vollständig übergangen worden. Die Forderung des OLG, dass sie darlegen müsse, dass sich der Konventionsvertstoß auf ihre Verurteilung ausgewirkt haben könne, verlange von der Bf Unmögliches. Die Bf habe keine tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten, den Inhalt von gerichtlichen Beratungen zu erfahren. Das OLG hätte erkennen müssen, dass die Bedingungen in seinem Beschluss für das Beruhen von der Bf nicht habe erfüllt werden können.
Der Generalbundesanwalt und das Hessische Ministerium der Justiz haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Der Generalbundesanwalt verneinte die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde.
II. Gründe
Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde (VB) angenommen, soweit sich diese gegen den Beschluss des OLG richtet (Durchsetzung des allgemeinen Justizgewährungsanspruches aus Art. 2 I in Verbindung mit Art. 20 III GG) (Rn 38).
1. Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde
Das BVerfG sieht die eingelegte Verfassungsbeschwerde als zulässig und hinreichend begründet an.
a) Grundrechtsverletzung
Die Grundrechtsverletzung muss durch die Bezeichnung des als verletzt gerügten Rechts und des die Verletzung enthaltenden Vorgangs substanziiert und schlüssig vorgetragen werden (Rn 41). Die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung muss weiterhin anhand der verfassungsrechtlichen Maßstäbe aufgezeigt werden, die das BVerfG diesbezüglich aufgestellt hat (vgl. BVerfGE 140,229,232). Es ist unerheblich, wenn die Verletzung des Justizgewährungsanspruches aus Art. 2 I, Art. 20 III GG auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes des Art. 19 IV GG abstellt. Beide Grundrechte weisen eine besondere Sachnähe zueinander aus und unterscheiden sich nicht in ihrem Kerngehalt (Rn 42). Die Kernfrage, wonach die Gerichte bei der Auslegung der §§ 366 I, 337 I StPO für Bf unerfüllbare Darlegungsanforderungen aufgestellt hatten, zeigt sie hinreichend auf (Rn 44).
b) Grundsatz der formellen und materiellen Subsidiarität
Der Grundsatz der formellen Subsidiarität (§ 90 II, 1 BVerfGG) verlangt, dass ein Bf alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um die Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (Rn 46).
Der Grundsatz der materiellen Subsidiarität erfordert von dem Bf auch die Nutzung der im fachgerichtlichen Verfahren gegebenen Möglichkeiten, um einen Grundrechtsverstoß zu vermeiden oder zu korrigieren. Dies bedeutet, den Sachverhalt vor den Fachgerichten so darzulegen, dass eine verfassungsrechtliche Prüfung möglich ist. Einen vorgezogenen Verfassungsgerichtsstreit muss ein Bf nicht führen. Die Bf hat beide Voraussetzungen erfüllt, indem sie die Anhörungsrüge erhoben und materiell vorgetragen hat, dass die Gerichte überhöhte Anforderungen an die Darlegung des Beruhenszusammenhanges gestellt hätten (Rn 49). Nach Ansicht des BVerfG war ein weiterer Wiederaufnahmeantrag -entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts- nicht nötig. Die Gerichte haben ihre Rechtsauffassung zu den Darlegungsanforderungen hinsichtlich des Beruhens hinreichend deutlich gemacht, sodass ein weiterer Wiederaufnahmeantrag keine zusätzlichen Erkenntnisse gebracht hätte (Rn 50).
2. Begründetheit der Verfassungsbeschwerde
Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde für offensichtlich begründet angesehen, da das OLG den allgemeinen Justizgewährungsanspruch aus Art. 2 I in Verbindung mit Art. 20 III GG der Bf verletzt habe (Rn 52).
a) Justizgewährungsanspruch
Im Wiederaufnahmeverfahren folgt das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus dem Justizgewährungsanspruch, der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit Art. 2 I GG ableitet. Dieser Anspruch gewährleistet nicht nur den Zugang zu den Gerichten und eine verbindliche Entscheidung durch den Richter, sondern verbietet es auch, bei der Auslegung verfahrensrechtlicher Vorschriften den Zugang zu den Instanzen von Voraussetzungen abhängig zu machen, die unerfüllbar oder unzumutbar sind (Rn 53). Dies hat das OLG bei dem Wiederaufnahmeantrag an die Darlegung des Beruhens gemäß § 359 Nr. 6 StPO getan.
b) Das Prinzip des Beruhens
Das OLG geht bei den Anforderungen an das Beruhen nach § 359 Nr. 6 StPO vom Wortlaut und den Gesetzesmaterialien aus. Danach sei der Konventionsverstoß für das Urteil kausal, wenn anzunehmen sei, dass das Urteil ohne die Gesetzesverletzung möglicherweise anders ausgefallen wäre. Eine Beruhensvermutung entsprechend § 338 Nr. 3 StPO genüge nicht. Es sei ein enger Maßstab anzulegen, d.h. die Feststellung des Beruhens müsse aufgezeigt werden (Rn 56).
Diese Auslegung hält das BVerfG für falsch, da Unerfüllbares und Unzumutbares verlangt werde, indem die Bf aufzeigen müsse, dass sich im Urteil Anhaltspunkte für eine Begründung der Besorgnis der Befangenheit fänden. Mit dieser Forderung verkenne das OLG, dass der vom Gerichtshof festgestellte Konventionsverstoß nicht darin liege, dass tatsächlich ein voreingenommener Richter an dem Verfahren und der Entscheidung gegen die Bf beteiligt war, sondern allein darin, dass ein Richter mitgewirkt hat, bezüglich dessen Unvoreingenommenheit bei objektiver Betrachtung aus Sicht der Bf gerechtfertigte Zweifel bestanden. Bereits in der Einflussnahme dieses Richters im Verfahren wirke sich der Konventionsverstoß aus; ein Niederschlag in der Entscheidung bedürfe es gerade nicht (Rn 64).
c) Der Grundsatz des gesetzlichen Richters gemäß Artikel 101 I, 2 GG
Das BVerfG führt aus, dass bei der richterlichen Entscheidungsfindung die Funktion des Tatrichters darin bestehe, sich einen eigenen Gesamteindruck von der angeklagten Tat zu verschaffen. Dies betreffe nicht nur die Entscheidungsfindung nach der Hauptverhandlung, sondern umfasse auch Verfahrensentscheidungen im Lauf der Verhandlung. Daher sichere Artikel 101 I, 2 GG den Grundsatz des gesetzlichen Richters zur Sicherung der Rechtsstaatlichkeit. Somit solle der Gefahr der Manipulation durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der Richter vorgebeugt und die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt werden (Rn 66). Damit werde auch im Einzelfall die Neutralität und die Distanz des zur Entscheidung berufenen Richters gewahrt. Eine Pflicht der Bf, darzulegen, dass nach der Hauptverhandlung auch ein anderes Ergebnis rational begründbar wäre, unterstelle, dass die fehlerhafte Besetzung des Gerichts unschädlich sein könne. Dies wäre mit dem Grundsatz des gesetzlichen Richters unvereinbar (Rn 67). Darüber hinaus sind nach Ansicht des BVerfG die Anforderungen des OLG auch sachlich nicht gerechtfertigt.
Grundsätzlich ist die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens wegen der Bedeutung der Rechtskraft nur unter engen Voraussetzungen möglich. Dies dürfe jedoch nicht dazu führen, dass Fälle, in denen ein Verstoß gegen die EMRK festgestellt worden sei, von einer Wiederaufnahme gemäß § 359 Nr. 6 StPO ausgeschlossen sind. Das Beruhenserfordernis schließt die Wiederaufnahme in den Fällen aus, in denen sich ein Konventionsverstoß nicht ausgewirkt hat. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass anerkannte Konstellationen einer Verletzung der EMRK von vornherein ausgeschlossen sind. Es führe sonst zu einem Wertungswiderspruch zu dem Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 I, 2 GG, wonach bei Verletzungen wesentlicher Verfahrensvorschriften ein Strafurteil aufzuheben ist, sofern die Möglichkeit besteht, dass der Verfahrensverstoß den Inhalt des Urteils beeinflusst hat. Dies ist dann der Fall, wenn das Gericht ohne den Verfahrensfehler anders besetzt gewesen wäre (Rn 72). Eine Verletzung nach Artikel 6 I EMRK wegen objektiv gerechtfertigter Zweifel an der Unparteilichkeit des Gerichts führt zu einer fehlerhaften Besetzung und widerspricht damit den rechtssprachlichen Anforderungen nach Art. 101 I, 2 GG. Dies ist bei der Auslegung und Anwendung des § 359 Nr. 6 StPO stets zu berücksichtigen (Rn 74).
Das BVerfG hat deshalb den Beschluss des OLG vom 8. Juli 2022, der die sofortige Beschwerde zurückwies, aufgehoben und die Sache an das OLG zurückverwiesen (§ 93c II in Verbindung mit § 95 II BVerfGG).
Anmerkungen
Der Beschluss des BVerfG in dem oben dargestellten Verfahren umfasst im Wesentlichen zwei Kernpunkte:
Die Befangenheit eines Richters hängt nicht davon ab, ob dieser aufgrund einer Vorgeschichte tatsächlich befangen oder persönlich voreingenommen ist. Es genügt, dass bei objektiver Betrachtung berechtigte Zweifel oder Befürchtungen bei einer Partei (bei einem Angeklagten) bestehen, dass das Gericht zu dem Tatvorwurf und Tatablauf eine vorgefasste Meinung habe.
Ein- aufgrund fehlerhafter Ablehnung eines Befangenheitsantrages- unrichtig zusammengesetztes Gericht stellt einen Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters nach Art. 101 I, 2 GG dar und ist gleichzeitig ein schwerwiegender Verfahrensverstoß, der zu einer Aufhebung des so ergangenen Urteils führen muss. Eine fehlerhafte Besetzung des Gerichts ist nie unschädlich. Dies ist bei der Auslegung des § 359 Nr. 6 StPO zu berücksichtigen, ohne dass weitere Anforderungen an das Beruhen des Urteils zu stellen sind.
(BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Dezember 2023, 2 BvR 1699/22)
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