BGH urteilt zu den Voraussetzungen der Verwendung eines Werkzeugs
Die Kriterien für die Einordnung eines Gegenstands als gefährliches Werkzeug im Sinne der §§ 244 und 250 StGB gehören zu den umstrittensten Problemen des Strafrechts. Dabei stellen sich Fragen nach der Beschaffenheit, aber auch danach, wie das Werkzeug verwendet wird. Muss es beispielsweise bewegt werden, oder reicht es aus, wenn es schlicht präsent in der Hand des Täters ist? Der Bundesgerichtshof nahm dazu in einem spannenden Fall Stellung.
Der Tathergang im Imbiss
Der Angeklagte betrat mit einem Bekannten nachts einen Imbiss, um dort Spielautomaten aufzubrechen. Zu diesem Zwecke führte der Angeklagte einen Schraubenzieher bei sich. In dem Imbiss befand sich zu diesem Zeitpunkt ein Angestellter, der mit Reinigungsarbeiten beschäftigt war. Nach einem gemeinsamen Tatplan mit seinem Bekannten trat der Angeklagte in bedrohlicher Weise nah an den Angestellten heran und forderte ihn auf, ihm den Kassenbestand auszuhändigen. Dabei hielt er den Schraubenzieher unbewegt in seiner Hand. Der Angestellte händigte ihm daraufhin, wie gewollt, 150 Euro in kleinen Scheinen aus der Kasse aus.
Anschließend hebelte er einen Spielautomaten auf und entnahm die Geldkasse. Dieser Vorgang löste einen Alarm aus, sodass die Polizei auf ihn aufmerksam wurde. Nach einem Gerangel mit der Polizei versuchte der Beschuldigte zu entkommen und wurde dabei von einer Schusswaffe getroffen. Die Beute musste er zurücklassen.
Die Wertung des LG
Das Landgericht stufte die Tat als schwere räuberische Erpressung (§§ 253 I, 255, 250 I Nr. 1b StGB) in Tateinheit (§ 52 StGB) mit versuchtem Diebstahl (§§ 242, 22, 23 StGB) ein. Nach Ansicht des LG führte der Angeklagte den Schraubenzieher lediglich bei sich und verwendete ihn nicht. Außerdem soll es sich bei dem Schraubenzieher nicht um ein gefährliches Werkzeug gehandelt haben. Der Angeklagte habe weder Hieb- noch Stichbewegungen in Richtung des Angestellten ausgeführt, noch verbal ihm angedroht, den Schraubenzieher gegen ihn einzusetzen. Dabei habe er den Schraubenzieher nicht als Waffenersatz eingesetzt. Gegen diese Entscheidung legte die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel der Revision ein.
Revision vor dem BGH
Die Karlsruher Richter des Bundesgerichtshof (BGH) konnten der Argumentation des Landgerichts nicht folgen. Sie waren der Meinung, dass der Angeklagte in beiden Geschehensabläufen ein Qualifikationsmerkmal erfüllte. Die Qualifikation des § 250 II Nr. 1 Alt. 2 StGB umfasse jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels. Der Schraubenzieher sei ein gefährliches Werkzeug im Sinne der Vorschrift. Durch seine Drohung habe der Angeklagte das gefährliche Werkzeug verwendet und somit eine schwere räuberische Erpressung nach § 255, § 250 II Nr. 1 Alt. 2 StGB begangen. Es würde genügen, dass der Angeklagte dem Angestellten verbal gedroht hätte und er diese Drohung dadurch unterstrich, dass er den Schraubenzieher sichtbar in der Hand hielt. Hieb- oder Stichbewegungen seien, entgegen der Ansicht des Landgerichts, nicht notwendig.
Ähnliches würde auch für den zweiten Handlungsstrang gelten: durch das Aufhebeln mit dem Schraubenzieher und das gleichzeitige Präsentieren des Werkzeugs habe der Angeklagte einen Diebstahl mit Waffen im Sinne des § 244 I Nr. 1a StGB begangen. Die Tatsache, dass der Schraubenzieher bei der Entwendung aus dem Automaten lediglich als Aufbruchswerkzeug verwendet wurde, widerspricht dieser Einschätzung nicht.
(BGH, Urteil vom 20.06.2023 - 5 StR 67/23)
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