Kein weiterer Schadenersatz für Mops Edda

Kein weiterer Schadenersatz für Mops Edda

Ein gefundenes Fressen für Deine Klausur

Mit dem Urteil des OLG Hamm (OLG Hamm, Urteil vom 21.10.2024 - 2 U 65/23) ging ein jahrelanger skurriler (Rechts-)Streit zu Ende. Im Zentrum des Ganzen steht Mops Edda, der jetzt sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag hat. Die Käuferin der Hündin streitet mit der Stadt Ahlen um Schadensersatzansprüche, die zukünftige Heilbehandlungskosten des erkrankten Tieres abdecken sollen. Besser hätte man sich einen Fall wohl nicht ausdenken können, schließlich trifft hier kaufrechtliches Gewährleistungsrecht, Zwangsvollstreckungsrecht und Staatshaftungsrecht aufeinander.

Was genau war geschehen?

Eine Polizeibeamtin erwarb 2018 einen Mops namens „Edda“ von der Stadt Ahlen in Nordrhein-Westfalen für 690 Euro. Die Stadt hatte zuvor die Hündin von einer Familie gepfändet. Sie stellte den Mops bei Ebay-Kleinanzeigen über den Account eines Mitarbeiters ein und beschrieb diesen dabei als „kerngesund“. Jedoch stellte sich kurze Zeit später heraus, dass Edda nach Aussage der Käuferin unter erheblichen Augenbeschwerden leide, deren Behandlungskosten sie von der Stadt erstattet verlangte. Die Käuferin zahlte bereits 19.000 Euro für die Behandlung des Tieres. Nach Weigerung der Stadt Ahlen verklagte sie diese beim Landgericht Münster auf die Zahlung einer fünfstelligen Schadensersatzsumme – aufgrund von angeblicher Täuschung im Rahmen des Kaufvertrages. „Wilma“, wie die Käuferin die Hündin umbenannt hat, benötigte nämlich täglich eine teure Salbe. Doch das Gericht wies nach gescheiterten Vergleichsverhandlungen die Klage größtenteils ab und sah nur einen Anspruch auf Zahlung von 226 Euro plus Zinsen für Impfkosten sowie einen Ersatz für mögliche Schäden in der Zukunft, die eine festgestellte Wimpernhaarerkrankung noch mit sich bringen könnte. Es sah nämlich als nicht bewiesen an, dass Edda nicht entwurmt gewesen sei und bereits vor dem Kauf erhebliche Augenerkrankungen gehabt hätte. Gegen dieses Urteil zog die Käuferin sodann vor das Oberlandesgericht Hamm.

Entscheidung des Gerichts

Im Zentrum stand ein tiermedizinisches Gutachten, das die Vorinstanz in Auftrag gegeben hatte, wonach Edda zum Zeitpunkt des Verkaufes nur die Wimpernhaarerkrankung gehabt hätte, aber gerade keine weiteren Erkrankungen vorgelegen hätten. Aufgrund dieses rechtsfehlerfreien Gutachtens habe nach Ansicht des OLG Hamm das LG Münster überzeugend dargelegt, dass der Schadensersatzanspruch im geforderten Maße nicht bestehe. Dieser sei gegen den Vollziehungsbeamten nicht gegeben, da der Beamte vom Haftungsprivileg des Art. 34 GG profitiere, wonach nur der Staat höchstpersönlich potenziell hafte, nicht aber der Beamte selber. Ein Rückgriff auf § 839 BGB sei nicht erforderlich, da mögliche Schäden über die aus dem Kaufvertrag resultierenden vertraglichen Ansprüche grundsätzlich ersetzbar seien. Ein in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen integrierter Haftungsausschluss halte den §§ 307 BGB nicht stand. Diese kaufvertraglichen Gewährleistungsansprüche würden aber letztlich immer daran scheitern, dass die Klägerin nicht habe nachweisen können, dass die weiteren geltend gemachten Erkrankungen bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs bestanden hätten. Ein neues Sachverständigengutachten erstellen zu lassen, lehnte das OLG Hamm mit Verweis auf § 412 I ZPO mangels Erforderlichkeit ab. Da es in der Tiermedizin keine breite Auffächerung nach Spezialbereichen wie in der Humanmedizin gebe, sei das Gutachten eine ausreichende Grundlage für eine Entscheidung. Unerheblich sei, dass der Gutachter nicht über eine spezielle Zusatzqualifikation für Augenerkrankungen verfüge, so das OLG Hamm. Damit bleibe es bei den in der Vorinstanz ermittelten Tatsachen. Das Verfahren fand damit ein Ende. Für das Prüfungsamt bleibt aber eine hervorragende Steilvorlage, diesen Fall prüfungsrelevant “auszuschlachten”.

Prüfungsrelevanz

Der Sachverhalt ist eher skurril, aber dennoch gut geeignet, typische Ansprüche wegen Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht, aus dem kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht, sowie den Amtshaftungsanspruch zu prüfen und gleichzeitig eine Brücke ins Zwangsvollstreckungsrecht zu schlagen. Der Amtshaftungsanspruch ist ein klassisches Beispiel dafür, wie eine Verzahnung zum öffentlichen Recht hergestellt werden kann. Daher solltest Du bei der Lösung solcher Fälle Deine “Ö-Rechts Brille” auf haben. Mach Dir dennoch bewusst, dass die Musik bei dem Prüfungspunkt “Verletzung einer Amtspflicht” wieder im Zivilrecht spielt. Beliebt in solchen Klausuren ist es, dass der Handelnde diese Pflicht durch das Unterlassen einer Verkehrssicherungspflichten verletzt hat. Hierbei handelt es sich um eine Standardkonstellation, die Dir auch oft bei einem Schadensersatzanspruch aus § 823 BGB begegnen kann. Die hierfür gelernten Grundsätze kannst Du auf Fälle wie diesen übertragen. Ziel solcher Klausuren dürfte sein, dass der/die Klausursteller:in Dich erst mal aufs Glatteis führen will. Gerade hier solltest Du ruhig bleiben und Dich Schritt für Schritt souverän an den Anspruchsvoraussetzungen entlang hangeln und auf alle im Sachverhalt angesprochenen Argumente eingehen.

Resümee

Der Fall, der es nicht nur bis in die New York Times geschafft hat und damit internationale Aufmerksamkeit erregte, sorgte auch für immense Gerichtskosten. Da Mops Edda aber als geliebte Familienhündin aufgrund von Steuerschulden direkt gepfändet wurde, wirft die Pfändung noch weitere Rechtsfragen im Bereich des Zwangsvollstreckungsrechts auf. So bestand auch nach damaligem Recht ein Pfändungsverbot für Tiere (§ 811c I ZPO, jetzt in § 811 I Nr. 8 ZPO). Ausnahmsweise war eine Pfändung allerdings zulässig, wenn die Unpfändbarkeit wegen des hohen Wertes des Tieres für den Gläubiger eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung des Tierschutzes und der berechtigten Interessen des Schuldners nicht zu rechtfertigen ist (eine entsprechende Regelung findest Du übrigens jetzt unter § 811 III ZPO). Hier könnte das Prüfungsamt den Sachverhalt um einige Argumente anreichern, um eine Abwägungsentscheidung in die eine oder andere Richtung zu lenken. Will sich der Schuldner dann gegen die Pfändung wehren, wäre die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) statthaft. Keine Sorge, die Frage könnte höchstens als Zusatzfrage in einer Klausur im Hauptstudium eine Rolle spielen. Einen Überblick über die Erinnerung findest Du bei uns auf der Lernplattform.

Neben der Frage des “Ob” war hier auch des “Wie” bemerkenswert. Anstatt wie grundsätzlich vorgesehen, die gepfändete Sache gemäß § 814 ZPO von einem Gerichtsvollzieher öffentlich versteigern zu lassen, hat hier ein Mitarbeiter Edda über seinen privaten Ebay-Account verkauft. Wichtig ist an dieser Stelle, dass Du die Normen rund um § 814 ZPO genau liest. Dabei stößt Du dann nämlich auf § 825 ZPO, wonach der Gerichtsvollzieher die Sache auch auf eine andere Art verwerten darf. Dazu zählt sowohl der freihändige Verkauf als auch eine Verwertung auf einer privaten Onlineplattform. Denke auch hier wieder an den Tierschutz, dem eine öffentliche Versteigerung wohl mehr widersprechen dürfte als einem freihändigen Verkauf.

Alles in allem ist der Fall wie aus einem Lehrbuch entsprungen und bietet dem Prüfungsamt einige Inspirationen und Anknüpfungspunkte, Dein Systemverständnis abzuprüfen. Als wäre das noch nicht genug, betrifft es auch noch des Menschen liebstes Haustier. Die Entscheidung solltest Du also unbedingt auf dem Schirm haben. Bei uns findest Du alles, um den Fall nachzuarbeiten. Registriere Dich unverbindlich und kostenlos bei Jura Online und arbeite alle relevanten Lerneinheiten nach.

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