Ist ein Verkäufer an einen Vertrag auch dann gebunden, wenn der verkaufte Gegenstand nur noch teurer als geplant lieferbar ist?

Ist ein Verkäufer an einen Vertrag auch dann gebunden, wenn der verkaufte Gegenstand nur noch teurer als geplant lieferbar ist?

LG Köln zu Rolex-Verkauf

Veräußert ein Uhrenhändler eine teure Armbanduhr an einen Kunden, so ist er auch dann noch an den einmal geschlossenen Vertrag gebunden, wenn die verkaufte Rolex nur noch teurer als geplant lieferbar ist - das hat das Landgericht Köln jüngst entschieden. Der Kunde müsse allerdings seiner Schadensminderungspflicht nachkommen und nach günstigeren Angeboten Ausschau halten.

Worum geht’s?

Der Käufer und spätere Kläger in dem streitgegenständlichen Verfahren bestellte über die Website der beklagten Uhrenhändlerin in Köln eine neue Rolex “Submariner Date 116610 LV” zu einem Preis von rund 16.000 €. Das Unternehmen bestätigte zunächst den Kauf der Luxusuhr - fünf Tage später informierte es den Kläger darüber, dass es zu Lieferverzögerungen aufgrund der allgemeinen Marktlage und der Corona-Situation komme. In einer weiteren E-Mail kündigte die Uhrenhändlerin dann plötzlich an, dass Rolex die Uhr aus dem Sortiment genommen habe. Schlussendlich stornierte sie die Bestellung unter Hinweis auf ihre AGB. Dort heißt es auszugsweise:

“2.2.2 C behält sich zudem das Recht vor, vom Vertrag zurückzutreten, wenn die Ware ohne schuldhaftes Zutun von C von einem sorgfältig ausgewählten und zuverlässigen Zulieferer nicht vorrätig ist (Vorbehalt der Selbstbelieferung).
In einem solchen Fall verpflichtet sich C dazu, den Kunden unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit der Ware zu informieren und ggf. geleistete Zahlungen unverzüglich zurückzuerstatten.”

Am selben Tag, an dem sie die Bestellung stornierte, bot die Händlerin dieselbe Uhr sodann auf ihrer Website zu einem erhöhten Preis von rund 22.000 € an.

Der Kläger bestellte die Uhr erneut über die Website der Beklagten - zu dem inzwischen höheren Kaufpreis. Außerdem forderte er die Differenz in Höhe von 6.000 € von der Beklagten als Schadensersatz. Die Uhrenhändlerin lehnte diese Forderung ab, weshalb der Käufer die Schadensersatzforderung vor dem Landgericht Köln geltend machte.

Die Beklagte trug im Verfahren vor, sie habe ihr Möglichstes getan, um die Uhr zum vereinbarten Preis zu beschaffen. Die von dem Kläger bestellte Uhr sei vor dem Eingang der Finanzierungsbestätigung von einem anderen Kunden gekauft worden. Jedenfalls habe der Kläger gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, weil die gleiche Uhr im Internet für Preise zwischen 18.750 € und 19.900 € angeboten worden sei.

LG Köln: Verkäuferin war verpflichtet, gekaufte Rolex zu vereinbartem Preis zu liefern

Das Landgericht Köln entschied nun, dass die Beklagte dem Kläger 2.760 € für die Mehrkosten aus dem Deckungsgeschäft zahlen muss. Im Übrigen hat die Kammer die Klage abgewiesen (Urt. v. 30.11.2021, Az. 5 O 140/21).

Der Kläger habe gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten aus dem Deckungsgeschäft gemäß §§ 280 I, III, 281 I, II BGB.

Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, dem Kläger die gekaufte Rolex als fällige Leistung zu dem vereinbarten Preis zu liefern. Dem sei sie pflichtwidrig nicht nachgekommen, weshalb sie gem. § 281 I 1 BGB hafte. Sie sei gemäß § 433 I 1 BGB zur Lieferung verpflichtet. 

Sie sei auch nicht aufgrund des erklärten Rücktritts von der Leistung befreit. Mangels Rücktrittsrechts der Uhrenhändlerin sei die Rücktrittserklärung vielmehr unwirksam. Ein Rücktrittsrecht ergebe sich auch nicht aus den eigenen AGB der Beklagten. Die Uhr sei nämlich nicht „nicht vorrätig“ gewesen - wie es im Wortlaut der AGB heißt. Immerhin habe die Beklagte die Rolex auf ihrer Website zu einem höheren Preis erneut angeboten. Dass die Uhr für sie teurer zu beschaffen gewesen sei, sei nach ihren eigenen AGB unerheblich. Mögliche Zweifel bei der Auslegung der Klausel gingen dabei nach § 305c II BGB zu ihren Lasten als Verwender.

Keine Stückschuld, sondern Gattungsschuld

Das LG Köln war außerdem der Ansicht, dass es sich bei der vom Kläger bestellten Uhr auch nicht um ein individualisiertes Exemplar - also um eine Stückschuld - gehandelt habe. Eine Stückschuld hätte zur Folge gehabt, dass die Beklagte die Lieferung wegen Unmöglichkeit hätte verweigern können. Dabei könne dahinstehen, ob sie sich nicht ohnehin dadurch schadenersatzpflichtig gemacht habe, dass ein anderer Kunde die bereits vom Kläger bestellte Uhr zwischenzeitlich noch über die Website habe kaufen können.

Allerdings müsse sich der Käufer bemühen, den Schaden so gering wie möglich zu halten, so die 5. Zivilkammer. Gegen diese sogenannte Schadensminderungspflicht gem. § 254 II 1 BGB habe der Kläger vorliegend verstoßen.

Nach dem LG Köln sei der Kläger siner Schadensminderungspflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen, als er bei der Beklagten die Uhr schlicht zum höheren Preis bestellt habe. 

“Dem Kläger hätte es aber oblegen, von mehreren möglichen Deckungsgeschäften bei Vergleichbarkeit der Angebote und Gleichwertigkeit der Uhren das günstigste zu wählen. Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat diesbezüglich vier günstigere Alternativangebote aufgelistet”,

heißt es in dem Urteil.

Die Beklagte habe unter anderem ein Angebot eines deutschen Händlers mit Echtheitsgarantie sowie Originalpapieren zum Preis von 18.750 € vorgelegt, welches der Kläger aus Schadensminderungsgesichtspunkten hätte annehmen müssen. 

“Sein Anspruch beläuft sich damit lediglich auf 18.750 € ./. 15.990 € = 2.760 €.”

Die Entscheidung ist nun rechtskräftig.