Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte sich mit einem kuriosen, aber examensrelevanten Fall zu befassen: Ein Mann forderte die Herausgabe dreier Katzen vom Tierheim, obwohl er kaum etwas über die Tiere sagen konnte – weder ihre Namen noch Details zum Kauf. Die Tiere wurden jedoch bei einer Mitbewohnerin sichergestellt, gegen die ein behördliches Tierhalteverbot vorlag. Dieser Fall liefert den Prüfungsämtern idealen Prüfungsstoff, Dir eine schöne Klausur im Sachenrecht zu basteln.
Der Fall im Überblick: Katzenstreit im Miet(z)haus
Im März 2022 nahm das Landratsamt Nürnberger Land drei Katzen aus einem Wohnhaus in amtliche Obhut. Die Katzen lebten bis zu ihrer Inobhutnahme in einem Wohnhaus, dessen Erdgeschoss von dem A bewohnt wurde. Im 1. Obergeschoss wohnte die B, gegen die eine behördliche Verfügung ergangen war, die ihr die Haltung von Katzen ausdrücklich verbot. Die Tiere befanden sich bei der Inobhutnahme im Stockwerk der B. Neben den Tieren selbst fanden die Beamten dort auch Futternäpfe, Katzentoiletten, Transportboxen, Medikamente sowie Rechnungen vom Tierarzt, also einige Hinweise auf eine aktive Tierhaltung.
Kurz darauf meldete sich der A, der im selben Haus lebt, und gab an, die Katzen gehörten eigentlich ihm. Zu den Umständen des Erwerbs der Tiere und vor allem zu deren Namen und dem Gesundheitszustand der Katzen konnte der A allerdings nur sehr grobe und spärliche Angaben machen. Er verlangte dennoch die Herausgabe vom Tierheim, in das sie zwischenzeitlich gebracht worden waren, und reichte Klage auf Herausgabe gem. § 985 BGB der Katzen beim zuständigen Amtsgericht ein. Nachdem er vor dem Amtsgericht scheiterte, zog er vor das Landgericht und legte Berufung ein.
LG Nürnberg-Fürth: Weder Eigentum noch Besitz nachgewiesen
Auch das später befasste LG Nürnberg-Fürth (Beschluss v. 27.05.2025 – 15 S 107/25) äußerte in einem Hinweisbeschluss Bedenken zu den Erfolgsaussichten der Berufung des A, woraufhin dieser sein Rechtsmittel zurücknahm. Nach den Ausführungen des LG Nürnberg Fürth konnte der A weder sein Eigentum noch seinen Besitz an den Katzen hinreichend geltend machen.
Zur Erinnerung für Dich
Du musst Eigentum und Besitz unbedingt voneinander unterscheiden. Eigentum ist die rechtliche Stellung, die es einer Person erlaubt, mit einer Sache zu verfahren, z. B. sie zu verkaufen oder zu belasten (§ 903 BGB). Besitz dagegen bedeutet, dass jemand tatsächlich die Herrschaft über eine Sache hat (§ 854 BGB). Und da es hier um ein Tier geht, vergiss nicht: Tiere sind laut § 90a S. 3 BGB zwar keine Sachen, werden aber rechtlich wie Sachen behandelt.
Im vorliegenden Fall konnte A weder Eigentum noch Besitz überzeugend darlegen. Der Nachweis des Eigentums kann auf verschiedene Weise erbracht werden. § 929 BGB ist hier die maßgebliche Norm und gibt vor, was bewiesen werden muss: nämlich die tatsächlichen Erwerbsvoraussetzungen. A konnte hier weder konkret vortragen, wie und wann die Übergabe der Katzen erfolgte, noch konnte er die Kaufdokumente vorlegen.
A hätte sein Eigentum aber auch durch Besitz der Katzen gemäß § 854 BGB nachweisen können. Warum ist der Besitz für die Eigentümerstellung des A eigentlich so relevant? § 854 BGB beschreibt zwar nur die tatsächliche Sachherrschaft. Entscheidend ist aber § 1006 I 1 BGB. Hier hat der Gesetzgeber eine Vermutung in das Gesetz aufgenommen, dass der Eigenbesitzer auch Eigentümer ist.
Was ist eine gesetzliche Vermutung?
Gesetzliche Vermutungen haben eine überragende Bedeutung bei der Beweisprüfung und spielen daher auch im zweiten Examen eine wichtige Rolle: Eine Vermutung besteht stets aus Tatbestand und Rechtsfolge. Im Falle des § 1006 BGB ist der Tatbestand der Besitz. Rechtsfolge ist die Vermutung des Eigentums. Hinsichtlich einer Vermutung bestehen für den Gegner verschiedene Abwehrmöglichkeiten. Zum einen kann er sich gegen den Tatbestand wenden, indem er diesen bestreitet. Zum anderen kann er auf Rechtsfolgenseite die Vermutung widerlegen, also das Gegenteil beweisen, vgl. § 292 ZPO.
Diese Vermutung konnte A nicht für sich in Anspruch nehmen: Die Katzen wurden im Wohnbereich der B gefunden, nicht bei A. Hinzu kam, dass er weder wusste, wie die Katzen heißen, noch über deren Gesundheitszustand oder Herkunft konkrete Angaben machen konnte. Die Aussagen des A waren vage, lückenhaft und wurden durch die Umstände vor Ort – nämlich die komplette Versorgungseinrichtung im Wohnbereich der B – klar widerlegt. Damit konnte sich A nicht auf den Besitz und damit die Eigentumsvermutung berufen.
Eigentumsverlust durch behördlichen Verkauf
Selbst wenn A ursprünglich Eigentümer der Tiere gewesen wäre, hätte er im Herausgabeprozess keinen Erfolg gehabt. Denn das Landratsamt hat die Tiere inzwischen auf Grundlage des Tierschutzgesetzes verkauft. Mit einer solchen behördlichen Veräußerungsanordnung geht die rechtliche Verfügungsbefugnis auf die Behörde über und diese kann die Tiere nach § 16a I Nr. 2 TierschG veräußern. Der bisherige Eigentümer muss diese Maßnahme dulden. Die Duldungspflicht des ursprünglichen Eigentümers ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung selbst sowie aus den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts und des Tierschutzrechts. Merke Dir: Der neue Eigentümer erlangt übrigens sein Eigentum kraft Hoheitsakt.
Klausurtipp
Die enge Verzahnung vom Sachenrecht und Tierschutz hat der Gesetzgeber übrigens auch in § 903 2 BGB ausdrücklich angeordnet: Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.
Märchenerzähler-Stil und wie Du die Eigentümerstellung juristisch prüfst
Der Fall eignet sich hervorragend für Klausuren in beiden Examen und lässt sich problemlos in eine Klausur zum Sachenrecht integrieren. Wichtig bei solchen Klausuren ist der sogenannte „Märchenerzähler-Stil“: Du beginnst bei der ersten Eigentumslage in der Chronologie des Falls und prüfst dann Schritt für Schritt alle weiteren Eigentumsübertragungen. Dabei solltest Du gesetzliche Vermutungen wie z.B. § 1006 I 1 BGB nicht aus dem Blick verlieren!
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