Die wichtigsten Neuerungen zur GbR
Wer seine juristische Ausbildung mit einer Loseblattsammlung bestreitet, freut sich selten, wenn wieder einmal eine Ergänzungslieferung im Postkasten liegt. Nicht selten ärgert man sich über die unzähligen Stunden des Einsortierens von Änderungen, die so gar nichts mit dem Pflichtstoff der juristischen Staatsexamina zu tun haben. Das ist bei dem MoPeG, dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, zum Glück anders: die zentralen Änderungen betreffen im Wesentlichen die GbR und spielen sich dementsprechend in den §§ 705 ff. BGB ab.
1. Exkurs: Besonderheiten des Gesetzgebungsverfahrens
Doch bevor es um das Inhaltliche gehen soll, möchten wir Dich in aller Kürze auf die Besonderheiten im Gesetzgebungsverfahren hinweisen. Diese könnten nämlich in einer mündlichen Prüfung zum Öffentlichen Recht als Aufhänger für Fragen hinsichtlich der Art. 76 ff. GG benutzt werden.
Wenn man weiß, dass das MoPeG bereits 2021 verkündet wurde, jedoch erst zum 01.01.2024 in Kraft getreten ist, provoziert dies die Frage nach der Ursache für diese ungewöhnlich lang bemessene Übergangsphase. Ein wesentlicher Grund liegt darin, dass der Bundestag dieses Einspruchsgesetz erst in seiner allerletzten Sitzung der vergangenen Legislaturperiode beschlossen hat. Es musste also schnell gehen. Der Bundesrat wurde noch am selben Tag mit der Sache befasst. Da ein Einspruch das ganze Gesetzgebungsverfahren zu Fall gebracht hätte, entschied man sich für großzügige Fristen. Andernfalls hätte die Gefahr bestanden, dass sich der Bundesrat als Ländervertretung gegen das Gesetz ausspricht, weil die Länder für die Errichtung der neuen Gesellschaftsregister (hierzu unter 2 c.) zuständig sind und sich entsprechend ausreichend Zeit zur Umsetzung wünschten.
Zur Erinnerung: Nach dem Diskontinuitätsprinzip erledigt sich ein Gesetzgebungsverfahren, wenn das Gesetz nicht noch in der aktuellen Legislaturperiode verabschiedet wird. Dann hätte das gesamte Gesetzgebungsverfahren von Neuem beginnen müssen.
2. Relevante Änderungen zur GbR
Im Wesentlichen geht es bei der Modernisierung des Personengesellschaftsrechts um die Konsolidierung des Rechts der GbR. Dies meint die Anpassung des Gesetzes mit dem „gelebten“ Recht, also die Harmonisierung mit der Weiterentwicklung, die die GbR als Gesellschaftsform seit ihrer Entstehung u.a. durch die Rechtsprechung erfuhr. Bezüglich der Neuerungen, die sich aus dem MoPeG für die OHG und KG ergeben, wird hier nur am Rande auf die Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für freie Berufe nach § 107 I 2 HGB n.F. verwiesen.
a. Rechtsfähige und nicht rechtsfähige Gesellschaften
Seit Langem wird hinsichtlich der Rechtsfähigkeit der GbR danach differenziert, ob es sich um eine Innen- oder Außengesellschaft handelt. Die Abgrenzung erfolgt danach, ob eine Teilnahme am Rechtsverkehr von den Gesellschaftern gewollt ist, wobei das BGH-Urteil zur Rechtsfähigkeit der (Außen-)GbR aus dem Jahr 2001 eine zentrale Rolle spielt.
Mit der Novelle wird die Differenzierung zwischen der rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen GbR direkt in § 705 II BGB n.F. implementiert und mit Legaldefinitionen versehen. Eine entsprechende Vermutungsregel für das Vorliegen einer rechtsfähigen Gesellschaft rundet das Bild mit § 705 III BGB n.F. ab.
§ 705 Rechtsnatur der Gesellschaft
(1) Die Gesellschaft wird durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrags errichtet, in dem sich die Gesellschafter verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern.
(2) Die Gesellschaft kann entweder selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll (rechtsfähige Gesellschaft), oder sie kann den Gesellschaftern zur Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses untereinander dienen (nicht rechtsfähige Gesellschaft).
(3) Ist der Gegenstand der Gesellschaft der Betrieb eines Unternehmens unter gemeinschaftlichem Namen, so wird vermutet, dass die Gesellschaft nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnimmt.
Im Ergebnis bleiben bisherige Innengesellschaften auch fortan nicht rechtsfähige Gesellschaften und Außengesellschaften behalten ihre Rechtsfähigkeit. Der Vorteil für die Klausur besteht nunmehr darin, dass die Abgrenzung nicht mehr im „luftleeren Raum“ stattfindet, sondern eine Anknüpfung an die auch weiterhin heranzuziehenden Kriterien direkt an der Norm des § 705 BGB n.F. zu erfolgen hat.
b. Ausscheiden eines Gesellschafters
Bisher sah der Gesetzgeber eine Auflösung der Gesellschaft beispielsweise bei dem Tod eines Gesellschafters als Regelfall nach § 727 I BGB vor, wenn im Gesellschaftsvertrag nicht eine Fortführung der GbR für diesen Fall vereinbart wurde.
Da wohl die meisten Gesellschafter eben diese Fortführung vereinbart haben, taucht der gesetzlich vorgesehene Regelfall in der Praxis selten auf. Hierauf hat der Gesetzgeber reagiert und seine Vorschriften der Praxis angepasst: Fortan sieht das Gesetz die Fortführung der GbR vor, soweit mindestens zwei Gesellschafter in der GbR verbleiben. Abweichend davon kann eine Auflösung wiederum gesellschaftsvertraglich vereinbart werden.
Hierfür spricht auch, dass sich die GbR im Laufe der Zeit von einer Gesellschaftsform für bloße Gelegenheitsgeschäfte fortentwickelt hat und diese wie die OHG und KG für dauerhafte unternehmerische Tätigkeit genutzt wird. Die Angleichung erfolgte durch die Umwandlung der Auflösungsgründe der GbR zu Ausscheidungsgründen des einzelnen Gesellschafters, die in § 723 BGB n.F. Niederschlag gefunden hat.
c. Einführung eines Gesellschaftsregisters
Um die Transparenz hinsichtlich der Gesellschafter und ihrer Vertretungsbefugnisse zu erhöhen und eine entsprechende Publizitätslücke zu schließen, entschied sich der Gesetzgeber dafür, den Ländern die Führung eines Gesellschaftsregisters nach einer Gesellschaftsregisterverordnung aufzugeben.
Im Wesentlichen soll dieses Register wie das Handelsregister geführt werden, vgl. § 707b Nr. 2 BGB n. F..
§ 707b Entsprechend anwendbare Vorschriften des Handelsgesetzbuchs
Folgende Vorschriften des Handelsgesetzbuchs sind auf eingetragene Gesellschaften entsprechend anzuwenden:
auf die Auswahl und den Schutz des Namens der Gesellschaft: die §§ 18, 21 bis 24, 30 und 37,
auf die registerrechtliche Behandlung der Gesellschaft und die Führung des Gesellschaftsregisters: die §§ 8, 8a Absatz 1, § 9 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 bis Absatz 6, die §§ 10 bis 12, 13h, 14, 16 und 32 und
auf die registerrechtliche Behandlung der Zweigniederlassung einer Gesellschaft: die §§ 13 und § 13d mit der Maßgabe, dass eine Verpflichtung zur Anmeldung der Zweigniederlassung nicht besteht.
Entsprechend müssen Anmeldungen zur Eintragung neben dem Namen, dem Sitz und der Anschrift der Gesellschaft auch die Namen ihrer Gesellschafter sowie deren (Einzel-) Vertretungsbefugnisse enthalten, § 707 II BGB n.F..
§ 707 Anmeldung zum Gesellschaftsregister
(1) Die Gesellschafter können die Gesellschaft bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat, zur Eintragung in das Gesellschaftsregister anmelden.
(2) Die Anmeldung muss enthalten:
folgende Angaben zur Gesellschaft:
a) den Namen,
b) den Sitz und
c) die Anschrift, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union;
folgende Angaben zu jedem Gesellschafter:
a) wenn der Gesellschafter eine natürliche Person ist: dessen Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort;
b) wenn der Gesellschafter eine juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft ist: deren Firma oder Namen, Rechtsform, Sitz und, soweit gesetzlich vorgesehen, zuständiges Register und Registernummer;
die Angabe der Vertretungsbefugnis der Gesellschafter;
die Versicherung, dass die Gesellschaft nicht bereits im Handels- oder im Partnerschaftsregister eingetragen ist.
(3) Wird der Name der im Gesellschaftsregister eingetragenen Gesellschaft geändert, der Sitz an einen anderen Ort verlegt oder die Anschrift geändert oder ändert sich die Vertretungsbefugnis eines Gesellschafters, ist dies zur Eintragung in das Gesellschaftsregister anzumelden. Ist die Gesellschaft im Gesellschaftsregister eingetragen, so sind auch das Ausscheiden eines Gesellschafters und der Eintritt eines neuen Gesellschafters zur Eintragung in das Gesellschaftsregister anzumelden.
(4) Anmeldungen sind vorbehaltlich der Sätze 2 und 3 von sämtlichen Gesellschaftern zu bewirken. Scheidet ein Gesellschafter durch Tod aus, kann die Anmeldung ohne Mitwirkung der Erben erfolgen, sofern einer solchen Mitwirkung besondere Hindernisse entgegenstehen. Ändert sich nur die Anschrift der Gesellschaft, ist die Anmeldung von der Gesellschaft zu bewirken.
Die Angaben zu den Gesellschaftern erzeugt Transparenz: Wo die Vertretungsbefugnis früher teilweise noch unter Vorlage des Gesellschaftsvertrages nachgewiesen wurde, steht dem nun der Registereintrag mit seiner beträchtlichen Beweiskraft gegenüber. Da der § 707a III 1 BGB n.F. auf den § 15 HGB verweist, greifen zudem die Publizitätsgrundsätze des Handelsregisters.
§ 707a Inhalt und Wirkungen der Eintragung im Gesellschaftsregister
(1) Die Eintragung im Gesellschaftsregister hat die in § 707 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 genannten Angaben zu enthalten. Eine Gesellschaft soll als Gesellschafter nur eingetragen werden, wenn sie im Gesellschaftsregister eingetragen ist.
(2) Mit der Eintragung ist die Gesellschaft verpflichtet, als Namenszusatz die Bezeichnungen „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ zu führen. Wenn in einer eingetragenen Gesellschaft keine natürliche Person als Gesellschafter haftet, muss der Name eine Bezeichnung enthalten, welche die Haftungsbeschränkung kennzeichnet.
(3) Die Eintragung bewirkt, dass § 15 des Handelsgesetzbuchs mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden ist, dass das Fehlen der Kaufmannseigenschaft nicht an der Publizität des Gesellschaftsregisters teilnimmt. Die Eintragung lässt die Pflicht, die Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§ 106 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs), unberührt.
(4) Nach Eintragung der Gesellschaft findet die Löschung der Gesellschaft nur nach den allgemeinen Vorschriften statt.
Eine ausdrückliche Eintragungspflicht ergibt sich nach den Neuerungen des MoPeG für die rechtsfähige GbR nicht. Allerdings folgt ein faktischer Eintragungszwang jedenfalls daraus, dass eine GbR beispielsweise als Eigentümerin eines Grundstücks andernfalls nicht ins Grundbuch eingetragen werden kann. Mit der Eintragung hat die GbR entsprechend § 707a II BGB n.F. verpflichtend die Bezeichnung „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“, abgekürzt auch „eGbR“ zu führen.
Da die Namen der Gesellschafter wegen § 707 II BGB n.F. nunmehr im Gesellschaftsregister aufzufinden sind, müssen Eintragungen im Grundbuch diese Information nicht mehr enthalten. Wenn Gesellschafter ausscheiden bzw. neue hinzutreten, bedarf es also in Zukunft keiner Änderung der einzelnen Grundbucheintragungen mehr, sondern nur einer Anpassung des Gesellschaftsregisters. Die Konzentration der wesentlichen Informationen schafft damit zusätzlich eine gewisse Arbeitserleichterung.
3. Fazit
Die aufgezeigten Änderungen lassen sich in praktisch jede Klausurkonstellation einbetten, sodass es verwundern dürfte, wenn die Prüfungsämter das Thema nicht in der Zukunft aufgreifen würden. Nicht umsonst wird das MoPeG teilweise bereits als „Jahrhundertreform“ angepriesen.
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