Verpfändet, vermietet, verwertet? AGB von Pfandleihaus auf dem Prüfstand

Verpfändet, vermietet, verwertet? AGB von Pfandleihaus auf dem Prüfstand

Verbotene Eigenmacht bei Selbstabholung eines vermieteten Fahrzeugs und anschließender Verwertung

Cash & Drive ist ein relativ neues Geschäftsmodell, bei dem der Kunde, ähnlich wie bei einem Pfandleihhaus, sein Fahrzeug an ein Unternehmen verpfändet. Der große Vorteil gegenüber einem klassischen Pfandleiher besteht allerdings darin, dass der Kunde das Fahrzeug gegen ein Entgelt weiterhin nutzen kann. Was passiert aber, wenn der Kunde nicht zahlt?

Das Geschäftsmodell

Die Beklagte betreibt bundesweit ein staatlich zugelassenes Pfandleihhaus. Sie wirbt damit, bei kurzfristigen Liquiditätsengpässen mit Bargeld auszuhelfen. Die Klägerin verkaufte der Beklagten einen neun Jahre alten Kleinwagen der Marke Hyundai für 1.500 Euro. Anschließend mietete die Klägerin ihren Wagen für ein monatliches Entgelt i.H.v. 148,50 Euro. Nach der Mietzeit sollte das Fahrzeug binnen 24 Stunden zurückgegeben werden. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten sahen vor, dass die Beklagte das Fahrzeug selbst in Besitz nehmen, es ohne Ankündigung sicherstellen und hierfür auch das befriedete Besitztum des Mieters zur Nachtzeit betreten dürfe.

Kundin wird zahlungsunfähig

Es kam, wie es kommen musste und die Klägerin konnte die monatliche Rate nicht mehr zahlen. Die Beklagte kündigte daraufhin das Mietverhältnis und verlangte Herausgabe des Fahrzeugs. Nachdem diese Aufforderung erfolglos blieb, holte die Beklagte das Fahrzeug gegen den Willen der Klägerin ab und versteigerte oder verkaufte es. Daraufhin erwirkte die Klägerin einen Titel auf Herausgabe des Autos. Die Zwangsvollstreckung aus diesem Titel war erfolglos, der Verbleib des Autos blieb ungeklärt. In der vorliegenden Klage fordert die Klägerin einen Wertersatz des verlorengegangenen Fahrzeugs i.H.v. 3.750 Euro sowie eine Nutzungsentschädigung für einen Zeitraum von fast zwei Jahren in i.Hv. etwa 17.000 Euro.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht gab der Klage teilweise statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von Wertersatz und Nutzungsersatz i.H.v. rund 8.700 Euro unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 50%. Auch die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte keinen Erfolg.

Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten wegen der Wegnahme des Fahrzeugs zu. Die Beklagte habe „verbotene Eigenmacht“ ausgeübt. Ob der Mietvertrag oder der Kaufvertrag überhaupt wirksam waren, könne damit offenbleiben. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Mietvertrag, die der Beklagten das hier auch umgesetzte Verfahren gestatteten, seien wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden unwirksam. §§ 858 ff. BGB sollen im Mietverhältnis oder auch im Verhältnis zwischen Eigentümer und Besitzer die Selbstexekution bzw. Selbstjustiz verhindern. Obwohl die Beklagte möglicherweise davon ausging, dass die von ihr veranlasste Sicherstellung und die damit verbundene verbotene Eigenmacht im Rahmen ihres Geschäftsmodells rechtmäßig seien, werde ihr dennoch fahrlässiges Handeln vorgeworfen. Sie hätte zumindest aufgrund der rechtlichen Bedenken, die verschiedene Gerichte gegen ihr Geschäftsmodell geäußert haben, erkennen müssen, dass dies möglicherweise problematisch ist und dass die Art und Weise der Sicherstellung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße.

Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin daher Anspruch auf Wertverlust des Fahrzeugs habe. Die Beklagte sei grundsätzlich dazu verpflichtet, für die gesamte Dauer, in der ihr das Fahrzeug vorenthalten worden sei, eine Nutzungsentschädigung zu zahlen. Allerdings habe die Klägerin gegen ihre Pflicht zur Schadensminderung verstoßen, indem sie fast zwei Jahre lang mit der Ersatzbeschaffung des Fahrzeugs gewartet habe. Normalerweise sei der Anspruch auf Nutzungsausfall, ähnlich wie der Anspruch auf Mietwagenkosten, auf die tatsächlich erforderliche Ausfallzeit beschränkt. In diesem Fall habe die Klägerin jedoch nicht darauf vertrauen können, dass sie das Fahrzeug zurückerhalten würde. Trotzdem habe sie erst neun Monate nach der Wegnahme des Fahrzeugs, nachdem sie eine Abrechnung erhalten habe und darüber informiert worden sei, dass das Fahrzeug verwertet worden sei, ihren Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugs geltend gemacht, wie das Gericht betonte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

(OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 26.05.2023 - 2 U 165/21)

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