OLG Frankfurt zu Sale & Lease Back

OLG Frankfurt zu Sale & Lease Back

Zulässige Praxis eines Pfandleihhauses oder doch ein wucherähnliches Geschäft?

Ein Auto zu leasen, ist mittlerweile gängige Praxis. Nicht ganz so verbreitet ist die Variante des sog. Sale & Lease Back. Diese Konstellation beschreibt den Fall, dass ein Gegenstand -oft ein Kfz- zunächst an den Leasinggeber verkauft und danach sofort wieder an den Verkäufer vermietet wird. Ursprünglich wurde diese Methode hauptsächlich von Unternehmen genutzt, um schnell Liquidität zu gewinnen. Im Laufe der Zeit entdeckten auch einige Pfandleihhäuser diese Geschäftspraxis für sich. Die Unternehmen adressierten dabei meist gezielt Personen in schwieriger finanzieller Situation und nutzten deren missliche Lage aus, um einen möglichst niedrigen Kaufpreis zu erzielen und nachher zusätzlich von hoher monatlicher Miete zu profitieren. Über einen derartigen Fall hatte jüngst auch das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main zu entscheiden. Dies hatte übrigens auch schon im letzten Jahr eine Klage gegen das Pfandleihhaus auf dem Tisch. Damals ging es auch schon um das fragwürdige Geschäftsmodell und eine verbotene Eigenmacht des Pfandleihauses. Was sagt das OLG Frankfurt nun in diesem Fall?

Was war passiert?

Die A GmbH (spätere Beklagte) führt deutschlandweit mehrere staatlich zugelassene Pfandleihhäuser und betreibt dort das oben geschilderte Geschäftsmodell. Nach Ende der Mietzeit werden die Autos zudem versteigert und der erzielte Erlös an die vorherigen Mieter ausbezahlt. Um für potenzielle Kunden attraktiv zu sein, wirbt die A mit einem unkomplizierten Verfahren ohne umfangreiche Kreditwürdigkeitsprüfung. Die B (spätere Klägerin) schloss Anfang 2020 mit der A sowohl einen Kaufvertrag als auch einen Mietvertrag hinsichtlich ihres Kraftfahrzeugs ab. Dieses hatte zu diesem Zeitpunkt einen Restwert von knapp 20.000 Euro, der Kaufpreis betrug allerdings lediglich um die 3000 Euro. Die monatliche Miete betrug ca. 300 Euro. Der Mietvertrag enthielt diverse Klauseln, u.a. dass die Vermieterin bei Zahlungsverzug berechtigt ist, das Fahrzeug sofort in Besitz zu nehmen sowie die genauen Versteigerungsmodalitäten nach Beendigung des Mietverhältnisses. Nach einiger Zeit konnte die B die monatlichen Raten nicht mehr aufbringen und geriet in Zahlungsverzug, woraufhin ihr der Mietvertrag durch die A gekündigt und die Abholung des Wagens angedroht wurde. Gegen diese Kündigung setzte sich die B gerichtlich zur Wehr. Sie verlangte die Rückgabe ihres Fahrzeugs und die Rückzahlung der bisher gezahlten Miete.

Rechtliche Einordnung

Im zugrunde liegenden Sachverhalt ist zunächst zwischen Kaufvertrag, Mietvertrag und Übereignung des Fahrzeugs zu trennen. Der Kaufvertrag ist der rechtliche Grund, der der Übereignung zugrunde liegt. Sofern dieser nichtig wäre, so könnte das Eigentum bereicherungsrechtlich kondiziert werden. Möglicherweise aber beträfe eine etwaige Nichtigkeit auch die dingliche Einigung, sodass die B immer Eigentümerin geblieben wäre.

Auch hinsichtlich der bereits gezahlten Miete käme bei der Nichtigkeit des Mietvertrags ein bereicherungsrechtlicher Anspruch in Betracht, war ja gerade dieser Vertrag der Rechtsgrund für die monatlichen Zahlungen.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt

Das Oberlandesgericht kommt in seiner Entscheidung zum Ergebnis, dass Kauf- und Mietvertrag nichtig sind, da sie jeweils gegen die guten Sitten nach § 138 I BGB verstoßen. Auch wenn es im Prozess nicht möglich war, den für § 138 II BGB erforderlichen Vorsatz sowohl hinsichtlich des Missverhältnisses als auch der Zwangslage bzw. die sonstige Schwäche des Vertragspartners festzustellen, liege nach Auffassung des Gerichts ein wucherähnliches Geschäft vor, das normativ an § 138 I BGB anzuknüpfen sei.

Hierunter fielen solche Rechtsgeschäfte, bei denen ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehe (nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs etwa das Doppelte) und zusätzlich ein weiterer Umstand hinzutrete, der das Geschäft als sittenwidrig erscheinen lasse. Typischerweise sei dies dann gegeben, wenn ein Vertragspartner seine wirtschaftliche Überlegenheit bewusst ausgenutzt oder sich jedenfalls leichtfertig der Tatsache verschlossen habe, dass sich der unterlegene Vertragspartner nur aufgrund dessen (in der Regel finanziell) ungünstiger Situation auf den Vertrag eingelassen habe. Maßgeblich sei der objektive Marktwert im Zeitpunkt des Vertragsschlusses.

Vorliegend überstieg der Restwert des Fahrzeugs (knapp 20.000 Euro) den zwischen A und B vereinbarten Kaufpreis (ca. 3000 Euro) um mehr als das Fünffache. Aufgrund dieses krassen Missverhältnisses könne nach Ansicht des Gerichts dann auch auf die verwerfliche Gesinnung als zusätzlichen Umstand geschlossen werden. Diese Vermutung beruhe letztlich auf der Erfahrung, dass typischerweise nicht ohne Not ein derart unwirtschaftliches Geschäft eingegangen wird.

Folglich sei der Kaufvertrag wegen Verstoßes gegen § 138 I BGB nichtig. Da zwischen den beiden von den Parteien abgeschlossenen Verträgen eine derart starke wirtschaftliche Einheit bestehe, schlage die Sittenwidrigkeit auch auf den Mietvertrag durch, sodass auch dieser als nichtig zu betrachten sei. Gleiches gilt nach Auffassung des Gerichts auch für das dingliche Rechtsgeschäft im Rahmen der Eigentumsübertragung. Sinn und Zweck des § 138 I BGB sei es, sittenwidrige Geschäfte in seiner Gänze zu verhindern, sodass auch die Übereignung, die den Vollzug des Kaufvertrags darstellt, nichtig sein müsse.

Im Ergebnis habe die B somit das Eigentum am Fahrzeug nie an A verloren. Die gezahlte Miete könne sie bereicherungsrechtlich von B zurückverlangen, da insofern kein Rechtsgrund für die Leistung bestehe.

Prüfungsrelevanz

Die Sittenwidrigkeit von Verträgen ist ein beliebter Aufhänger in bereicherungsrechtlichen Klausuren. Der hiesige Fall eines wucherähnlichen Geschäfts mag dabei besonders reizend für Klausurersteller sein, da es sich dabei eben gerade nicht um den klassischen Fall des § 138 II BGB handelt. Auch die Konstellation des Sale & Lease Back kann mit diversen rechtlichen Problemen ausgeschmückt und so in eine Klausur gut eingebaut werden, insbesondere weil Fragestellungen zum herkömmlichen Leasing wohl mittlerweile altbekannt sind. Prüfungsämter nutzen nur allzu gern aktuelle Entscheidungen als Grundlage für ihre Klausuren, sodass es sich auch schon deshalb lohnt, einen genaueren Blick auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts zu werfen.

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