Auf die Unterschrift kommt es an
Eine Unterschrift kann weitgehende Folgen haben und Unterschrift ist auch nicht gleich Unterschrift. Besonders im folgenden Fall zeigt sich, dass eine Unterschrift, vor allem durch einen Rechtsanwalt, keine bloße Formalität darstellt, sondern weitreichende Folgen haben kann.
Worum geht es?
Die Klägerin möchte gegen ein Amtsgerichtsurteil vorgehen und legt mithilfe eines Rechtsanwaltes form- und fristgerecht Berufung ein. Auf dem die Berufung begründenden Schriftsatz ist auf dem Briefkopf der Name des Rechtsanwaltes sowie der Name eines weiteren Rechtsanwaltes zu lesen. Kurz vor dem Fristablauf unterschreibt ein weiterer, dritter Anwalt, der im Briefkopf nicht benannt ist, die Begründung. Darunter ist der maschinelle Zusatz “Z. “Rechtsanwalt” zu lesen. Der Schriftsatz geht am letzten Tag der Frist bei dem Berufungsgericht ein.
Das Gericht ließ das nicht gelten
Das Landgericht verwarf die Berufung jedoch. Es war der Auffassung, die Berufung sei unzulässig. Die Begründung der Berufung sei nicht in der gesetzlichen Form erfolgt, da derjenige Rechtsanwalt hätte unterschreiben müssen, der auch die Klägerin vertrete. Der Unterschrift sei kein Vermerk hinzugefügt worden, der darauf schließen lasse, dass der Unterzeichner in Vertretung für den Anwalt der Klägerin handele. So sei es nicht erkennbar, ob der Unterzeichner auch für den Inhalt der Rechtsmittelbegründung Verantwortung übernehmen wollte. Durch die Unterschrift ohne Hinweiskürzel trete der unterzeichnenden Rechtsanwalt als bloßer Erklärungsbote auf.
Was sagt der BGH?
Der BGH sah das anders. Durch seine Unterschrift habe der unterzeichnende Rechtsanwalt die Verantwortung für die Berufungsbegründung übernommen. Der BGH weist darauf hin, dass grundsätzlich eine Vermutung dafür bestehe, dass der Unterzeichner für den Inhalt des Unterzeichneten stehe und für diesen Verantwortung übernehme. Ein zusätzliches Kürzel sei nicht erforderlich.
Wieso ist die Unterschrift so wichtig?
Nun mag sich der ein oder andere fragen, wieso der Unterschrift ein solcher Wert zugeschrieben wird. Die Unterschrift unter Schriftsätzen eines Verfahrens verfolgt hauptsächlich zwei wichtige Zwecke: Zu beachten ist zunächst, dass es sich bei den Verfahren vor dem Landgericht um Verfahren mit Anwaltszwang handelt, die Schriftsätze stellen schriftliche Prozesshandlungen dar. Dem Gericht und den Beteiligten muss der Urheber der Schriftsätze klar sein, denn er übernimmt Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes. Außerdem signalisiert die Unterschrift, dass das Schriftstück dem Gericht ganz bewusst zugeleitet wurde und nicht etwa irgendein unabgestimmter Entwurf ist.
Dieser Fall macht deutlich, dass der mit der Unterschrift die volle Verantwortung für den Schreiben, welches unterzeichnet wird, übernommen wird. Davon sind zwei Ausnahmen anerkannt. Zum einen, wenn der Unterzeichner sich eindeutig von dem Schriftsatz distanziert, etwa durch einen Zusatz vor der Unterschrift. Die andere Ausnahme soll gelten, wenn unzweifelhaft feststeht, dass der Anwalt das Schreiben ohne Prüfung des Inhalts unterschrieben hat.
Gerade in der anwaltlichen Praxis ist diesbezüglich also besondere Vorsicht geboten.
(BGH, Urteil vom 20.12.2022 - VI ZR 279/21)
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