Sachverhalt beruht auf einem Gedächtnisprotokoll
Diese Examensklausur behandelt insbesondere mietrechtliche Probleme. Doch auch die Bürgschaft und die Aufrechnung spielen hier eine Rolle.
A. Sachverhalt
Max (M) beginnt zum Wintersemester 2016/17 sein Maschinenbaustudium an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg und schließt daher zum 01. Oktober 2016 mit Vinzent (V) einen unbefristeten Mietvertrag über eine Zwei-Zimmer-Wohnung in der Regensburger Innenstadt zu einer monatlichen Kaltmiete von 800,- € ab. Vinzent legt Max hierfür noch vor dem Einzug einen aus dem Jahr 1990 stammenden Mietvertragsvordruck vor, den er damals vom Vermieterverein beschafft hat und seitdem für seine Mietverträge verwendet. Vinzent hält es zwar für möglich, dass sich die Anforderungen an zulässige Vertragsklauseln im Mietrecht seitdem geändert haben, allerdings geht er davon aus, dass jedenfalls die Klauseln des Vertragsformulars zulässig sind, und sieht daher davon ab, sich bei dem Vermieterverein nach einem aktuellen Formular zu erkundigen. Nachdem Vinzent den Vordruck mit den entsprechenden Daten ausgefüllt hat, wird dieser von beiden unterzeichnet. In dem Vertragsformular heißt es unter anderem:
“6. Schönheitsreparaturen6.1. (…)6.2. Bei seinem Auszug hat der Mieter die Wohnung fachgerecht renoviert, insbesondere in neutralen, deckenden und hellen Farben gestrichen oder tapeziert zurückzugeben.”
Als Sicherheit für Ansprüche aus dem Mietverhältnis fordert Vinzent eine selbstschuldnerische Bürgschaft von Max’ wohlhabendem Bekannten Bernhard (B) bis zu einer Höhe von 2.400,- €, die dieser noch Anfang Oktober 2016 bereitwillig gegenüber Vinzent durch eigenhändig unterzeichnetes Schreiben abgibt. Nachdem die Wände bereits seit einigen Jahren nicht mehr gestrichen oder tapeziert wurden, streicht Max bei seinem Einzug die gesamte Wohnung.
Als Max am 1. Juli 2019 ausgelassen seinen Bachelorabschluss feiert, stößt er beim Heben eines vollen Bierkastens aufgrund eines Versehens derart ungünstig gegen den in der Küche befindlichen und mit der Wand fest verbundenen Durchlauferhitzer, dass dieser fortan nicht mehr funktionsfähig ist und in der Wohnung kein warmes Wasser mehr zur Verfügung steht. Max wendet sich noch am selben Tag an Vinzent und fordert ihn auf, den Durchlauferhitzer umgehend zu reparieren. Vinzent erwidert, er sei für die Reparatur nicht zuständig, da Max den Durchlauferhitzer selbst beschädigt habe. Vielmehr sei ihm Max zum Ausgleich des entstandenen Schadens von500,- € verpflichtet. Nach einigem Hin und Her sieht Max seine Verantwortlichkeit ein und zahlt an Vinzent am 1. August 2019 die geforderten 500,- €. Vom 10. August bis September 2019 befindet sich Max sodann im Urlaub in Costa Rica. Am Abflugtag begibt er sich auf dem Weg zum Flughafen zu Vinzent und wirft diesem einen Briefumschlag mit seinem Zweitschlüssel und folgender Notiz in den Briefkasten:
“Ich bin bis zum 9. September 2019 im Urlaub, spätestens dann hätte ich gernewieder warmes Wasser!”
Vinzent, der sich in akuter Geldnot befindet, nutzt die Zahlung von Max indes nicht für die Reparatur, sondern tilgt damit anderweitige Verbindlichkeiten. Nachdem der Durchlauferhitzer auch nach Max’ Urlaubsrückkehr noch nicht repariert worden ist, beauftragt Max selbst einen Handwerker für angemessene 500,- € und lässt den Defekt am frühen Morgen des 16. September 2019 durch diesen beseitigen. Weil er nach seinem bestandenen Masterabschluss ab August 2021 ein Praktikum bei einem Münchener Autobauer antreten möchte, kündigt Max den Mietvertrag durch eigenhändig unterzeichnetes Schreiben vom 6. Mai 2021 zum 31. Juli 2021. Das Schreiben geht Vinzent noch am 6. Mai 2021 zu. Vor seinem Auszug Ende Juli 2021 streicht Max entsprechend dem Mietvertrag Wände und Decken erneut, obwohl dies aufgrund des nach wie vor guten Zustands des ersten Anstrichs und fehlender Gebrauchserscheinungen noch nicht erforderlich gewesen wäre. Für die notwendige Farbe wendet er 100,- € auf.
Als Max am 31. Juli 2021 auszieht und die Wohnung an Vinzent übergibt, weist Vinzent Max darauf hin, dass Max dennoch die Miete für August 2021 in Höhe von 800,- € zu zahlen habe. Außerdem fordert Vinzent Max auf, noch den Rest der von Max nur anteilig entrichteten Miete für Juli bis September 2019 zu bezahlen, die Max wegen des Ausfalls des Durchlauferhitzers für Juli und August jeweils um 50% und für September um 25% gekürzt hatte, insgesamt also 1.000,- €. Die von Max vorgenommene Kürzung sei bereits dem Grunde nach unzulässig gewesen. Zumindest für die Zeit von Max’ Urlaub in Costa Rica komme eine Reduzierung aber nicht in Betracht, da Max die Wohnung in dieser Zeit ja ohnehin nicht genutzt habe. Max bestreitet gegenüber Vinzent jede Zahlungspflicht. Im Übrigen habe ihm ein Freund, der Jura studiere, im Nachhinein erzählt, dass er trotz der entsprechenden Passage im Mietvertrag nicht zum Streichen beim Auszug verpflichtet gewesen sei und daher die 100, - € ersetzt verlangen könne; diesen Anspruch “verrechne” er daher “vorsorglich” mit etwaigen Ansprüchen von Vinzent.
Nachdem Max weiterhin nicht zahlt, wendet sich Vinzent Anfang März 2022 an Bernhard und verlangt von diesem die Begleichung der ausstehenden Miete in Höhe von 1.800, - € (jeweils 400,- € für Juli und August sowie 200, - € für September 2019 und 800,- € für August 2021). Bernhard entgegnet, Vinzent müsse sich zuerst an Max halten.
Zudem habe Max etwaige Ansprüche des Vinzent bereits mit seinem Ersatzanspruch wegen der Streicharbeiten verrechnet. Aber auch wegen der Kosten für die Reparatur des Durchlauferhitzers stünden Max immer noch Ansprüche gegen Vinzent zu, auf die sich Bernhard nun berufe. Diese Ansprüche stammten zwar schon aus dem Jahr 2019, hierauf komme es jedoch für die Inanspruchnahme von ihm, Bernhard, nicht an. Vinzent hingegen bestreitet alle Gegenansprüche; diese seien, was er gegenüber Max erst kürzlich geltend gemacht habe, jedenfalls mittlerweile hinfällig geworden. Bernhard wiederum entgegnet, dies müsse doch dann erst recht für die Ansprüche des Vinzent gelten.
B. Aufgabe
In einem Gutachten, das - gegebenenfalls hilfsgutachtlich - auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen eingeht, ist zu prüfen, ob Vinzent von Bernhard Zahlung von 1.800,- € verlangen kann.
Hinweis: Es ist zu unterstellen, dass der prozentuale Umfang der Kürzung der Miete angemessen ist.
Schaue Dir hier die (prüfungs-) relevanten Lerninhalte zu dieser Klausur an, wie etwa:
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