BGH: Missbrauch der Vertretungsmacht bei einem Insichgeschäft und Bereicherungsausgleich im Dreiecksverhältnis

BGH: Missbrauch der Vertretungsmacht bei einem Insichgeschäft und Bereicherungsausgleich im Dreiecksverhältnis

A. Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Berechtigung einer Forderung der Klägerin (K). K ist eine GmbH & Co. KG, der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der C. GmbH & Co. KG (Schuldnerin = S). Geschäftsführer beider Komplementär-GmbHs war E.

Am 24. Januar 2013 schlossen K und S einen Darlehensvertrag über 27.122,82 Euro. Das Darlehen zahlte K auf Anweisung der S direkt an die M-GmbH (M) aus, um eine Verbindlichkeit der S zu tilgen.

Bei Abschluss des Darlehensvertrages wurden beide Vertragsparteien von E vertreten. Nach dem Gesellschaftsvertrag der S hätte E für dieses Insichgeschäft allerdings die Zustimmung der Gesellschafterversammlung gebraucht, die nicht vorlag. Im Außenverhältnis war die Komplementär-GmbH der S dagegen von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Die Befreiung war im Handelsregister eingetragen.

Im Insolvenzverfahren hat K eine Forderung über 27.122,82 Euro gegen S zur Insolvenztabelle angemeldet. Der Beklagte hat dieser Anmeldung widersprochen.

Daraufhin hat K Klage beim Landgericht Bremen erhoben und beantragt, die Forderung zur Insolvenztabelle festzustellen. Dabei hat sie die Auffassung vertreten, der Anspruch ergebe sich aus dem Darlehensvertrag, jedenfalls aber aus ungerechtfertigter Bereicherung.

Das Landgericht Bremen hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der K beim Oberlandesgericht Bremen blieb ebenfalls erfolglos. Das OLG war der Ansicht, dass der Darlehensvertrag unwirksam sei, da E seine Vertretungsmacht missbraucht habe. Das Insichgeschäft mit K sei ihm im Innenverhältnis zu S nicht erlaubt gewesen, was er auch gewusst habe. Wegen dieses Missbrauchs der Vertretungsmacht bestehe auch kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. Vielmehr müsse der bereicherungsrechtliche Ausgleich im Wege der Nichtleistungskondiktion gegenüber M erfolgen.

K hat hiergegen beim Bundesgerichtshof Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Der u.a. für das Insolvenzrecht zuständige IX. Zivilsenat hat daraufhin die Revision zugelassen.

B. Überblick

Die Entscheidung des BGH befasst sich mit klassische Examensproblemen.

I. Prozessuale Einkleidung

Zunächst soll aber die ungewöhnliche prozessuale Einkleidung des Falls näher betrachtet werden.

K meint, einen Zahlungsanspruch gegen S zu haben. Normalerweise hätte sie S entsprechend auf Zahlung verklagen und im Erfolgsfall aus dem Urteil vollstrecken können.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der S ging das jedoch nicht mehr. Gemäß § 87 InsO können die Gläubiger, die nun Insolvenzgläubiger genannt werden, ihre Forderungen nur noch nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger sind jetzt nicht mehr zulässig (§ 89 Abs. 1 InsO).

Vielmehr müssen alle Insolvenzgläubiger ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anmelden (§ 174 Abs. 1 Satz 1 InsO). Der Insolvenzverwalter nimmt alle angemeldeten Forderungen in die vorläufige Insolvenztabelle auf (§ 175 Abs. 1 Satz 1 InsO). Sodann findet vor dem Insolvenzgericht ein Prüfungstermin statt, in dem es um die Berechtigung der Forderungen geht. Hier kann insbesondere der Insolvenzverwalter Widerspruch gegen solche Forderungen erheben, die er für unberechtigt hält (§ 178 Abs. 1 InsO). Forderungen, denen nicht widersprochen wird, gelten als festgestellt. Diese Feststellung wirkt u.a. gegenüber dem Insolvenzverwalter wie ein rechtskräftiges Urteil. Der Insolvenzverwalter muss diese Forderungen deshalb bei der Verteilung der Insolvenzmasse (§§ 187 ff. InsO) berücksichtigen

Wird eine Forderung dagegen – wie im vorliegenden Fall – vom Insolvenzverwalter bestritten, gilt sie nicht als festgestellt. Vielmehr muss der Gläubiger die Feststellung gegenüber dem Insolvenzverwalter betreiben (§ 179 InsO), und zwar durch eine Klage (§ 180 Abs. 1 Satz 1 InsO). Hat er damit Erfolg, wird auf seinen Antrag die Insolvenztabelle berichtigt (§ 183 Abs. 2 InsO).

Eine solche Klage hat K vorliegend gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der S erhoben.

II. GmbH & Co. KG

K und S sind GmbH & Co. KGs. Die Einordnung dieser Gesellschaftsform bereitet in Klausuren oft unnötige Schwierigkeiten.

Die GmbH & Co. KG ist eine Kommanditgesellschaft, also eine Personenhandelsgesellschaft nach den §§ 161 ff. HGB.

Eine KG zeichnet sich durch unterschiedliche Beteiligungsformen aus:

  • Es gibt zum einen Gesellschafter, die für die Verbindlichkeiten der KG persönlich haften, also mit ihrem gesamten Privatvermögen. Sie werden Komplementäre genannt. Insoweit entspricht die Rechtslage derjenigen der offenen Handelsgesellschaft (OHG), weshalb nach § 161 Abs. 2 HGB auf die KG grundsätzlich die Vorschriften über die OHG (§§ 105 ff. HGB) angewendet werden. Die persönliche Haftung der OHG-Gesellschafter ergibt sich aus § 128 Satz 1 HGB.

  • Anders als bei der OHG gibt es bei der KG aber auch Gesellschafter, die nicht mit ihrem gesamten Privatvermögen, sondern nur mit dem Vermögen haften, mit dem sie sich an der KG beteiligen (§ 171 Abs. 1 Halbs. 1 HGB). Das sind die Kommanditisten (§ 161 Abs. 1 HGB). Ihre Beteiligung wird Einlage genannt. Hat ein Kommanditist seine Einlage erbracht, also beispielsweise in die Gesellschaft einen bestimmten Geldbetrag eingezahlt, haftet er gegenüber den Gläubigern der KG überhaupt nicht mehr (§ 171 Abs. 1 Halbs. 2 HGB).Die Kommanditisten sind grundsätzlich weder zur Geschäftsführung noch zur Vertretung der KG berechtigt (§§ 164 Satz 1, 170 HGB).

In der GmbH & Co. KG, die im Gesetz nicht speziell geregelt ist, besteht die Besonderheit, dass ihre einzige persönlich haftende Gesellschafterin eine GmbH ist. Die GmbH ist eine juristische Person, deren Gesellschafter aber gerade nicht persönlich haften (§ 13 Abs. 2 GmbHG). Die Gläubiger einer GmbH & Co. KG können grundsätzlich also nur auf das Vermögen der KG und über § 128 HGB auf das Vermögen der GmbH zugreifen. Eine persönliche Haftung natürlicher Personen besteht nicht.

Da die Kommanditisten von der Geschäftsführung und der Vertretung der KG ausgeschlossen sind, obliegt beides der GmbH, die dabei von ihrem Geschäftsführer vertreten wird (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG).

III. Insichgeschäft

Vertragsparteien des Darlehensvertrages, um den es vorliegend geht, sind K und S. Beide wurden von ihrem Geschäftsführer E vertreten, der den Vertrag letztlich mit sich selbst geschlossen hat Insichgeschäft. Das ist im Hinblick auf den damit regelmäßig verbundenen Interessenkonflikt grundsätzlich unzulässig (§ 181 Halbs. 1 Alt. 2 BGB). Verstößt der Vertreter gegen dieses Verbot, handelt er ohne Vertretungsmacht. Der Vertrag ist dann schwebend unwirksam, hängt also von der Genehmigung des Vertretenen ab (§ 177 Abs. 1 BGB). Wird sie verweigert, haftet der Vertreter auf Erfüllung oder Schadensersatz (§ 179 Abs. 1 BGB).

Etwas anderes gilt nach § 181 BGB nur dann, wenn

  • dem Vertreter das Insichgeschäft ausnahmsweise gestattet ist oder

  • das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

Vorliegend war E das Insichgeschäft von Seiten der S nicht gestattet. Dies wäre zwar im Gesellschaftsvertrag möglich gewesen (§§ 125 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB). Dort ist tatsächlich auch geregelt, dass die Komplementär-GmbH im Außenverhältnis Insichgeschäfte schließen kann; sie durfte das aber nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung tun. Solche Konstellationen, in denen das tatsächliche Können weiter geht als das rechtliche Dürfen, kommen in Praxis und Klausur häufig vor. Hier geht es regelmäßig darum, ob der Vertretene auch an die Willenserklärung desjenigen, der die Grenzen seines Dürfens überschreitet, gebunden ist.

IV. Bereicherungsausgleich im Drei-Personen-Verhältnis

Sollte der Darlehensvertrag unwirksam sein, weil E gegen das Verbot des Insichgeschäfts verstoßen hat, hätte K die Darlehenssumme ohne Rechtsgrund ausgezahlt. Ihr Rückzahlungsanspruch könnte sich dann nur aus dem Bereicherungsrecht ergeben. Weil sie aber nicht an S als ihre vermeintliche Vertragspartnerin ausgezahlt hat, sondern auf deren Anweisung direkt an M, würde sich die Frage stellen, an wen sie sich wenden müsste. Das OLG Bremen war der Auffassung, nur an M, nicht an S.

Um die Ausführungen des BGH zu diesem Punkt gut nachvollziehen zu können, veranschaulichen wir uns die Situation schon mal mit einer Skizze. Das kann auch für entsprechende Klausuren nur empfohlen werden.

C. Entscheidung

Der IX. Zivilsenat hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das OLG Bremen zurückverwiesen.

I. Anspruch aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB

Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass K gegen S einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens direkt aus dem Darlehensvertrag hat. Ein Missbrauch der Vertretungsmacht durch E lasse sich nämlich bislang nicht feststellen.

Dabei weist der BGH zunächst darauf hin, dass E den Darlehensvertrag als Vertreter der S mit Vertretungsmacht geschlossen habe. Die Beschränkung der Vertretungsmacht im Innenverhältnis sei unerheblich, da es nur auf das Außenverhältnis zu K ankomme, in dem der Komplementär-GmbH, die von E vertreten wurde, ein solches Insichgeschäft aber erlaubt war.

Sodann fasst der BGH die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht wie folgt zusammen:

„Handelt der Vertreter im Rahmen seiner Vertretungsmacht, führt dies grundsätzlich zu einer rechtsgeschäftlichen Bindung des Vertretenen. Das Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der Vollmacht hat grundsätzlich der Vertretene zu tragen. Die Missachtung von Regeln und Weisungen, die sich aus dem Innenverhältnis des Vertreters zum Vertretenen ergeben, wirkt sich erst dann im Außenverhältnis aus, wenn die Grenzen des rechtlich Tragbaren überschritten werden. Erst dann spricht man von einem Vollmachtsmissbrauch im Rechtssinne, der sich auf die Wirksamkeit des vom Vertreter geschlossenen Rechtsgeschäfts auswirkt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Vertreter und Geschäftsgegner bewusst zum Nachteil des Vertretenen zusammenwirken oder wenn der Missbrauch der Vertretungsmacht dem Geschäftsgegner bekannt ist oder wegen Evidenz des Missbrauchs ohne weitere Nachforschungen hätte bekannt sein müssen. Das Vertrauen des Geschäftsgegners auf den Bestand des Geschäfts ist nicht schutzwürdig, wenn er weiß oder wenn es sich ihm geradezu aufdrängen muss, dass der Vertreter seine Vertretungsmacht missbraucht. In einem solchen Fall des Missbrauchs der Vertretungsmacht kann der Geschäftsgegner aus dem formal durch die Vertretungsmacht gedeckten Geschäft keine vertraglichen Rechte oder Einwendungen herleiten. Von den Fällen der Kollusion abgesehen, muss das Geschäft grundsätzlich nicht notwendig nachteilig für den Vertretenen sein.“

Wende man diese Grundsätze konsequent auch auf das Insichgeschäft an, so der BGH weiter, wäre dieses stets unwirksam, da der Vertreter seine fehlende Vertretungsmacht für die eine Partei als Vertreter der anderen Partei zwangsläufig kenne (§ 166 Abs. 1 BGB). Dies würde jedoch der Wertentscheidung des Gesetzgebers in § 181 Halbs. 2 BGB widersprechen, wonach solche Rechtsgeschäfte, die ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestehen, stets erlaubt sind. Deshalb sei ein Rechtsgeschäft wegen Missbrauchs der Vertretungsmacht beim Insichgeschäft nur dann unwirksam, wenn es für den Vertretenen nachteilig ist.

Ob der Darlehensvertrag und seine Erfüllung für K nachteilig waren, konnte der BGH auf der Grundlage des bislang festgestellten Sachverhalts nicht feststellen. Eigene Feststellung durfte er als Revisionsgericht hierzu nicht treffen (§ 563 ZPO).

II. Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB

Sodann unterstellt der BGH die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages und prüft den Bereicherungsanspruch der K.

1. Vorrang der Leistungskondiktion

Dabei weist er zunächst auf den grundsätzlichen Vorrang der Leistungskondiktion vor der Nichtleistungskondiktion hin, der vor allem den Leistungsbegriff in den Mittelpunkt stelle. Auch hierzu findet sich in dem Urteil eine prägnante Zusammenfassung:

„Unter einer Leistung im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ist die bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen. Wer Leistender und wer Empfänger einer Leistung ist, richtet sich in erster Linie nach dem Zweck der Zuwendung. Maßgeblich ist grundsätzlich der Zweck, welchen die Beteiligten im Zeitpunkt der Zuwendung mit dieser nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Stimmen die Vorstellungen der Beteiligten nicht überein, ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine objektive Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers geboten. Es kommt darauf an, wie eine vernünftige Person in der Lage des Empfängers die Zuwendung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste und durfte.“

2. Rückabwicklung innerhalb der fehlerhaften Leistungsbeziehung

Im Anschluss kommt der Senat auf das vorliegende Drei-Personen-Verhältnis zu sprechen und leitet seine Ausführungen mit dem mittlerweile legendären Grundsatz der BGH-Rechtsprechung ein:

„Bei der bereicherungsrechtlichen Behandlung von Vorgängen, an denen mehr als zwei Personen beteiligt sind, verbietet sich nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung jede schematische Lösung. Vielmehr sind für die sachgerechte bereicherungsrechtliche Abwicklung stets die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen, zu denen insbesondere Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes und der Risikoverteilung zählen.“

Trotzdem lässt sich als Ausgangspunkt der Betrachtung festhalten, dass die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung grundsätzlich im Rahmen der jeweils fehlerhaften Leistungsbeziehungen zu erfolgen hat.

Leistungsbeziehungen liegen zwischen M und S sowie zwischen K und S vor. Aus Sicht der M erfolgte die Zahlung zur Erfüllung einer Verbindlichkeit der S (in solvendi causa), während zwischen M und der zahlenden K keine Rechtsbeziehungen bestanden. Die Zahlung stellte deshalb eine Leistung der S und nicht der K dar. Aus Sicht der S hat K mit der Zahlung an M den Anspruch der S auf Auszahlung des Darlehensbetrages erfüllt (§§ 488 Abs. 1 Satz 1, 362 Abs. 2, 185 Abs. 1 BGB). S hat zwar dadurch diesen Betrag nicht unmittelbar erlangt, ist aber von ihrer Verbindlichkeit gegenüber M befreit worden (§ 267 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Bei Unwirksamkeit des Darlehensvertrages wäre nur die Leistungsbeziehung zwischen K und S im Deckungsverhältnis fehlerhaft, während das Valutaverhältnis zwischen M und S keinen Fehler aufweist, da M einen entsprechenden Zahlungsanspruch hatte.

3. Fehlerhafte Anweisung

Der BGH hatte zu klären, ob der Vorrang der Leistungskondiktion vorliegend ausnahmsweise zu durchbrechen wäre - also K einen Direktanspruch gegen M als Nichtleistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB hätte -, wenn E seine Vertretungsmacht nach den zuvor aufgestellten Grundsätzen missbraucht hätte. Nach Auffassung des Senats wäre dann auch die Anweisung an K, den Darlehensbetrag an M auszuzahlen, unwirksam.

In den sog. Anweisungsfällen sei nach der Rechtsprechung des BGH zu unterscheiden:

Im Anwendungsbereich des § 675u BGB führe jeder Fehler der Anweisung dazu, dass der Zahlungsdienstleister den Zahlungsbetrag im Wege der Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB) vom Zahlungsempfänger herausverlangen könne.

In allen anderen Fällen sei aufgrund einer wertenden Betrachtung unter Berücksichtigung einer Veranlasser- und Rechtsscheinhaftung zu entscheiden.

Ein Direktanspruch gegen den Leistungsempfänger komme in Betracht, wenn

  • eine Anweisung fehlt, auch wenn der Empfänger dies nicht wusste.Hier habe der Angewiesene (wegen §§ 362 Abs. 2, 185 BGB) lediglich erfolglos versucht, eine Leistung an den Anweisenden zu erbringen. Der Zuwendungsempfänger ist daher in sonstiger Weise auf Kosten des Angewiesenen bereichert.

  • der Anweisende geschäftsunfähig war.Der Geschäftsunfähige habe die Anweisung zwar veranlasst; gemäß den Wertungen der §§ 104, 105 BGB gehe sein Schutz demjenigen des Zuwendungsempfängers jedoch vor.

  • die Anweisung von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht erteilt worden sei. Der Vertretene habe nicht den Anschein erweckt, die in seinem Namen handelnde Person sei vertretungsberechtigt. Damit habe er keine Ursache für den Anschein gesetzt, die Zahlung sei seine Leistung.

Kein Direktanspruch bestehe dagegen, wenn der Anweisende die Anweisung mit veranlasst und gegenüber dem Zuwendungsempfänger den zurechenbaren Rechtsschein einer Leistung gesetzt habe. Anderes gelte nur dann, wenn der Zuwendungsempfänger gewusst habe, dass die Anweisung widerrufen worden war oder einen geringeren Betrag betraf.

4. Veranlassung der Anweisung durch S

Vorliegend wäre die Anweisung zwar von E als Vertreter ohne Vertretungsmacht erteilt worden, so dass nach dem zuvor Gesagten ein Direktanspruch der K gegen M und kein Anspruch gegen S bestünde, S habe jedoch die Anweisung mit veranlasst. Sie habe ihre Komplementärin mit einer nach außen unbegrenzten Vollmacht ausgestattet und trage deshalb grundsätzlich auch das Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der Vollmacht. M habe diese internen Beschränkungen der Vertretungsmacht nicht gekannt und auch nicht kennen müssen. Ihr Schutz verdiene Vorrang vor dem der S. Eine Rückabwicklung habe daher im Verhältnis zwischen S und K zu erfolgen, in welchem der von S zurechenbar veranlasste Fehler aufgetreten sei.

D. Prüfungsrelevanz

Diese Entscheidung des BGH zeigt einmal mehr, wie lohnend die Lektüre höchstrichterlicher Rechtsprechung für die Examensvorbereitung ist. Kurz und bündig stellt der BGH etliche klausurrelevante Probleme dar, die an dieser Stelle noch einmal zusammengefasst werden sollen.

  • Ein Missbrauch der Vertretungsmacht führt erst dann zur Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts, das der Vertreter für den Vertretenen abgeschlossen hat, wenn Vertreter und Geschäftsgegner bewusst zum Nachteil des Vertretenen zusammenwirken oder wenn der Missbrauch der Vertretungsmacht dem Geschäftsgegner bekannt ist bzw. wegen Evidenz des Missbrauchs ohne weitere Nachforschungen hätte bekannt sein müssen.

  • Ein Insichgeschäft nach § 181 BGB ist nur dann wegen des Missbrauchs der Vertretungsmacht unwirksam, wenn es für den Vertretenen nachteilig ist.

  • In einem bereicherungsrechtlichen Mehrpersonenverhältnis findet die Rückabwicklung grundsätzlich nur innerhalb der fehlerhaften Leistungsbeziehungen als Leistungskondiktion statt. Ob eine Leistung vorliegt, bestimmt sich aus der Sicht des Empfängers. Die Nichtleistungskondiktion ist demgegenüber subsidiär.

  • Wurde die Leistung aufgrund einer fehlerhaften Anweisung des Schuldners von einem Dritten an den Gläubiger erbracht, besteht grundsätzlich kein Direktanspruch des Dritten gegen den Gläubiger, wenn der Schuldner die Anweisung mit veranlasst und damit gegenüber dem Gläubiger den zurechenbaren Rechtsschein einer Leistung gesetzt hat. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Gläubiger wusste, dass die Anweisung widerrufen worden war oder einen geringeren Betrag betraf.

  • Erfolgte die Anweisung unter Missbrauch der Vertretungsmacht, hat der Schuldner grundsätzlich keine Ursache für den Anschein gesetzt, die Zahlung sei seine Leistung. Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Vertretungsmacht nach außen unbeschränkt war und der Gläubiger keine Kenntnis von der Beschränkung im Innenverhältnis hatte.

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