Schadensersatz aufgrund von absolutem Fixgeschäft?
Die Weihnachtsfeiertage sind kaum vorbei, da beschäftigen sie schon unsere Gerichte. Zugegeben, der hier besprochene Fall stammt noch aus 2023, aber auch 2024 dürfte die ein oder andere Weihnachtsfeier spontan ausgefallen sein. Doch wer trägt dann die Kosten für das vorbereitete Menü und die eingeplanten Getränke?
Was war geschehen?
Für die geplante Weihnachtsfeier am 08.12.2023 reservierte ein Unternehmen aus dem Landkreis München einen Tisch in einem schicken Münchener Restaurant. Die Parteien vereinbarten ein Menü für 15 Personen zu je 125 Euro zuzüglich Getränke. Daraufhin bereitete das Restaurant den Tisch sowie die Speisen vor. Jedoch erschien dann am Abend der geplanten Weihnachtsfeier niemand im Restaurant. Auch eine Absage im Vorfeld gab es nicht. Die Restaurantbetreiberin konnte den reservierten Tisch so spontan nicht mehr anderweitig vergeben und musste die bereits vorbereiteten Speisen unverwertet entsorgen. Die Kosten für das Menü und einen geschätzten erwarteten Getränkeumsatz verlangt die Betreiberin von dem Unternehmen erstattet. Das Unternehmen meint, es sei kein wirksamer Bewirtungsvertrag zustande gekommen und lehnt die Kostenübernahme ab. Dies will die Restaurantbetreiberin nicht akzeptieren und erhebt dementsprechend im weiteren Verlauf Klage in Höhe von 2.775 Euro brutto vor dem Amtsgericht München.
Entscheidung des Gerichts und rechtliche Einordnung
Das Amtsgericht München (Urteil vom 21.10.2024 - 191 C 19029/24) gab der Wirtin größtenteils recht und sprach ihr einen Anspruch auf Zahlung von 2.508,64 Euro netto zu. Das Vorbringen des Unternehmens, es sei schon kein Bewirtungsvertrag zustande gekommen, wischte das Gericht vom Tisch und berief sich dabei auf den E-Mail-Verkehr. In einer E-Mail vom 29.11.2023 schrieb das Unternehmen: „Wir möchten gern wie folgt die Reservierung bestätigen.“ Du siehst, das Prüfen eines wirksamen Vertragsschlusses ist in diesem Falle nicht weiter problematisch. Denkbar wäre aber, dass das Prüfungsamt den Vertrag zum Anlass nimmt und Ausführungen hören möchte, dass ein solcher Vertrag aus unterschiedlichen Bestandteilen verschiedenen Charakters (Mietvertrag, Kaufvertrag, Werkvertrag und Dienstvertrag) besteht. Dazu würdest Du dann aber Hinweise im Sachverhalt finden. In diesem Fall dürfte es in Deiner Klausur ausreichen, den Vertragsschluss zu bejahen. Für einen vertraglichen Schadenersatzanspruch nach § 280 I BGB bedarf es nämlich nur irgendeines Schuldverhältnisses.
Punktebringer des Falles ist die Erkenntnis, dass es sich bei der Leistungserbringung um ein absolutes Fixgeschäft handelt und welche Rechtsfolge es nach sich zieht. Dazu führt das Amtsgericht aus: Dieses absolute Fixgeschäft habe die Wirtin aufgrund des Nichterscheinens der Mitarbeiter zum vereinbarten Termin nicht erfüllen können und es könne auch nicht mehr nachgeholt werden, weshalb ein Fall der nachträglichen Unmöglichkeit nach § 275 BGB gegeben sei. Diese nachträgliche Unmöglichkeit habe laut Gericht das beklagte Unternehmen auch zu vertreten, denn es habe nicht plausibel darlegen können, warum die Weihnachtsfeier nicht dort gefeiert wurde.
Du solltest Dir merken, dass in einem solchen Falle eines Nichterscheinens im Restaurant ohne vorherige Absage durch den Reservierenden, der Wirtin oder dem Wirt ein Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 280 I, III, 283 S. 1 BGB zur Seite steht. Das sog. absolute Fixgeschäft liegt immer dann vor, wenn Unmöglichkeit, wie hier, durch Zeitablauf eingetreten ist und die vertraglich geschuldete Leistung nur zu diesem Zeitpunkt erbracht werden konnte. Das Lehrbuch-Beispiel davon ist die Hochzeitstorte, die am Tag der Hochzeit nicht geliefert wird. Nach der Feierlichkeit hat das Brautpaar keine Verwendung für die Torte mehr. Abzugrenzen ist das absolute von dem sog. relativen Fixgeschäft, normativ anzuknüpfen an § 323 II Nr. 2 BGB, bei welchem das Rechtsgeschäft nicht mit dem pünktlichen Erbringen der Leistung „steht und fällt“, sondern der Gläubiger auch mit der späteren Leistung noch etwas anfangen kann. Daher wird diesem dann lediglich ein erleichtertes Rücktrittsrecht zugestanden, indem auf das Fristsetzungserfordernis verzichtet wird.
Als prozessuales Schmankerl bietet der Fall noch den § 287 ZPO, der sich wunderbar als Zusatzfrage einbauen lässt. Nach § 287 ZPO darf das Gericht nämlich den Schaden schätzen. Hier sah es den Vortrag der Wirtin hinsichtlich der umsonst vorbereiteten Speisen und fehlenden Getränkeumsatz als plausibel an. Einzig die Umsatzsteuer sei nicht ersatzfähig, weil dieser Betrag ohnehin von der Klägerin an das Finanzamt abzuführen sei. Damit knüpfte das Gericht an die Regelung aus § 249 II 2 BGB an, wonach die Umsatzsteuer nur im Rahmen des Umfangs des Schadensersatzes geltend gemacht werden kann, wenn sie für den Gläubiger tatsächlich angefallen ist.
Prüfungsrelevanz
Das absolute Fixgeschäft gehört zu den zivilrechtlichen Problemfeldern aus dem Schuldrecht AT, die gern schon im Grundstudium Eingang in Deine Klausuren erhalten. Das Wichtigste ist, dass Du es als ein solches erkennst. Wenn Dir das gelingt, bist Du in der Prüfung der Rechtsfolge wieder in bekannten Fahrwassern unterwegs.
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