Laubrente für verschmutzten Pool?

Laubrente für verschmutzten Pool?

Das OLG Frankfurt zu den (hohen) Anforderungen des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch

Nachbarrechtliche Streitigkeiten wirken mitunter auf den ersten Blick etwas skurril, sind aber in der Praxis durchaus häufig anzutreffen. So ist es keine Seltenheit, dass vor Gericht über überhängende Wurzeln oder Notwege über das benachbarte Grundstück gestritten wird. So hat sich auch das OLG Frankfurt mit zwei Bäumen beschäftigt, deren Laub auf den benachbarten Pool fällt. Wer muss die Kosten für den erhöhten Reinigungsaufwand tragen?

Was war geschehen?

Die beiden Parteien sind die Eigentümer benachbarter Grundstücke. Nur ein paar Meter von der Grundstücksgrenze entfernt befinden sich auf der Seite des Beklagten zwei Eichenbäume, die bereits 90 Jahre alt sind. Die Klägerin erwarb ihr Grundstück 2016 und baute einen Pool nahe der Grundstücksgrenze, der regelmäßig stark durch herabfallende Blätter der beiden Eichen verschmutzt. Sie begehrte daher von der Beklagten eine monatlich im Voraus zu zahlende „Laubrente“ in Höhe von 277,62 Euro aufgrund der auf ihr Grundstück herunterfallenden Eicheln und Eichenblätter, da diese nicht nur die Nutzung des Pools, sondern auch des Gartens und der Wege auf dem Grundstück beeinträchtigen würden. Das Landgericht Wiesbaden gab dem Anspruch dem Grunde nach statt, wogegen sich die Beklagte mit der Berufung wehrte. Sah auch das Oberlandesgericht Frankfurt den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch gem. § 906 II 2 BGB als gegeben an?

Entscheidung des Gerichts

Das OLG Frankfurt holte ein Sachverständigengutachten ein und kam sodann zu der Entscheidung, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs nicht vorlägen. Zwar würden sich die streitgegenständlichen Eichen nach dem landesrechtlichen Nachbarrecht zu nah an der Grundstücksgrenze befinden, einen Ausgleichsanspruch gebe es aber trotzdem nicht. Nach der Auffassung des Gerichts müsse differenziert werden: Der Sachverständige habe überzeugend dargelegt, dass es sich bei dem Laub- und Fruchtabwurf in den Garten und auf die Wege des nachbarlichen Grundstücks bereits schon nicht um eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 II 1 BGB handele. Insbesondere sei die Nutzung des Gartens weiterhin möglich und auch wenn der Grenzabstand bei den Eichen eingehalten worden wäre, wäre es zum Laub beim Nachbarn gekommen.

Anders zu beurteilen hingegen sei die Rechtslage hinsichtlich des Pools, hier liege eine wesentliche Beeinträchtigung vor, denn es sei ein deutlich erhöhter Reinigungsaufwand erforderlich. Allerdings fehle es an der zweiten Voraussetzung, nämlich der Unzumutbarkeit. Das OLG entschied, die Laubbelastung überschreite noch nicht das Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung. Im Rahmen der Zumutbarkeit seien durch eine vorzunehmende Interessenabwägung alle Umstände zu berücksichtigen, die den nachbarlichen Konflikt verschärft hätten. Hier falle besonders ins Gewicht, dass die Klägerin sich bewusst dazu entschieden hätte, einen Pool - ohne Überdachung - in einem stark mit Laubbäumen bewachsenen Gebiet zu errichten. Damit sei die Beeinträchtigung zu erwarten gewesen und hinzukomme, dass sich nach dem Gutachten der Laub- und Fruchtabwurf noch in einem erträglichen Maße hielte. Folglich müsse der von der Klägerin selbst hervorgerufene erhöhte Reinigungsbedarf auch von ihr selbst allein getragen werden.

Prüfungsrelevanz

Zwar handelt es sich bei dem zivilrechtlichen Nachbarrecht, anders als im Baurecht, eher um einen „Klausur-Exoten“. Du solltest allerdings nicht davon ausgehen, dass nur ständig klassische Konstellationen geprüft werden, sondern ganz im Gegenteil suchen die Prüfungsämter ständig nach neuen, eher unüblichen Prüfungsthemen. Dies mag auf den ersten Blick beunruhigen, bringt aber auch Vorteile für Dich mit: Bei tendenziell exotischen Klausuren dürften die Prüfungsämter in der Regel kein Spezialwissen von Dir verlangen, wie hier etwa die Kenntnis konkreter Rechtsprechung zur Zumutbarkeit von nachbarlichen Beeinträchtigungen. Stattdessen achten Korrektoren und Korrektorinnen primär auf eine genaue Lektüre des Wortlauts der einschlägigen Normen und ein grundlegendes Systemverständnis des Rechtsgebiets. Kannst Du dann noch die jeweiligen Interessen der Nachbarn herausarbeiten und gegeneinander abwägen sowie Dein gefundenes Ergebnis mit der Ratio hinter der Norm begründen, dann sollte dies bereits den Großteil der Punkte bringen. Für die Vorbereitung des Nachbarrechts reicht es also bereits aus, den zugrunde liegenden Grundgedanken der §§ 906 ff. BGB zu verstehen und diese sich einmal in Ruhe durchzulesen. Wenn Du Dich dann noch mit der (doppelt) analogen Anwendung des § 906 II 2 BGB beschäftigt hast, sowie den Zusammenhang mit dem Unterlassungsanspruch aus § 1004 I 2 BGB (Stichwort: keine Duldungspflicht!) kennst, steht einer erfolgreichen Klausur im Sachenrecht nichts mehr im Wege.

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