Neuwertige Waren gleich neue Ware?

Neuwertige Waren gleich neue Ware?

AG München zu einer auf eBay bestellten Felge

In der Rechtswissenschaft kommt es nicht selten auf feinste Differenzierungen an, die auf den ersten Blick kleinlich wirken, dessen unterschiedliche Beurteilung am Ende aber den ganzen Fall entscheidet. So war es auch in dem vom AG München veröffentlichten Urteil zu einer auf eBay bestellten Felge, dessen Nichtlieferung letztlich zu Mehrkosten beim Käufer führte. Kann sich der Kläger diese Kosten vom Beklagten zurückholen? Dafür wird zentral maßgeblich sein, ob es sich bei der auf eBay bestellten Felge um eine neue oder neuwertige Sache handelt.

Was war geschehen?

Der Kläger erwarb vom gewerblichen Beklagten über eBay eine originale BMW-Felge für 199,11 Euro. Statt die Felge zu versenden, zahlte der Beklagte den Kaufpreis zurück. Dennoch setzte der Kläger eine – angemessene – Frist zur Lieferung der Felge. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist, wandte sich der Kläger an einen BMW Vertragshändler und erwarb dort eine neue Felge – allerdings kostete diese dort 154,26 Euro mehr. Diese Mehrkosten will der Kläger nun vom Beklagten erstattet bekommen. Wie beurteilt das Amtsgericht München den Fall?

Entscheidung des Gerichts

Das AG München wies die Klage ab. Das AG München zieht als denkbare Anspruchsgrundlage hier §§ 280 I, III, 281 BGB heran. Es geht also um einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung. Der Käufer ist in diesem Fall so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung (Übergabe und Übereignung der original BMW-Felge aus dem eBay-Angebot) gestanden hätte.

Weiter führt das AG München aus, dass der Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, III, 281 BGB wegen der Mehrkosten (Beschaffung einer Felge über einen BMW Vertragshändler) nur dann bestehen könne, wenn der nachträglich erworbene Gegenstand, hier also die nachträglich bestellte Felge, gleichwertig sei.

Jedoch könne aus Sicht des Gerichts nach Auswertung jeglicher Umstände diese Gleichwertigkeit gerade nicht angenommen werden. Entscheidend sei hier die Beschreibung der Felge auf eBay gewesen: So war diese zwar unter „Neu: Sonstige (siehe Artikelbeschreibung)“ eingestellt, allerdings hieß es in der Artikelzustandsbeschreibung „Ein Artikel in hervorragendem Zustand, wie neu und ohne Gebrauchsspuren.“. Auch sei aus der Artikelbeschreibung deutlich, dass die Felge zwar neu sei, allerdings aus einer Demontage stamme, mithin bereits einmal ein- und ausgebaut wurde. Demnach hätten sich die Parteien sich gerade nicht über eine neue, vollkommen unbenutzte Felge geeinigt. Nach Ansicht des Gerichts sei zudem ausschlaggebend, die Felge sei nicht in der Kategorie „Neu“ auf eBay eingestellt worden, sondern eben unter „Neu: Sonstige (siehe Artikelbeschreibung)“. Daraus schloss das AG München, dass dort neuwertige Waren gehandelt würden, aber es sich nicht um Neuwaren im engeren Sinne handele. Des Weiteren sei es für den durchschnittlichen eBay-Nutzer auch nicht überraschend, dass dort keine Neuwaren angeboten würden, da auf dieser Plattform gerade nach „Schnäppchen“ gesucht werde. Im Ergebnis läge damit zwar ein sog. Deckungskauf vor, aber eben kein – wie erforderlich – gleichwertiger.

Prüfungsrelevanz

Der Fall ist äußerst prüfungsrelevant. Der Ausgangsfall ist wie gemacht für eine Anfängerklausur im Schuldrecht AT, kann Dir aber auch in Examensklausuren begegnen. Auch ließe sich der Fall mühelos um Probleme beim Vertragsschluss im Internet, insbesondere auf eBay, erweitern. Falls Du hier noch Nachbesserungsbedarf hast, dann schau Dir gern die entsprechenden Exkurse bei uns auf der Plattform an.

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