Deine elementarsten Rechte erhältst Du durchs Altern
In unserem Studium lernen wir bereits im ersten Semester, welche juristischen Rechte und Pflichten mit unseren verschiedenen Altersstufen eintreten. Schnell wird uns allen klar, dass dieses Wissen zwar zum Standardwissen eines Juristen und einer Juristin gehört, uns aber nicht das Examen bestehen lässt. Es kommt, wie es kommt, und unser Gehirn speichert dies nicht im allzeit abrufbaren Jurawissen ab. Aber jeder weiß: sich hierbei zu blamieren, ist ein „No Go“ für jeden angehenden Juristen und für jede angehende Juristin.
Vor der Zeugung
Bereits vor Deiner Zeugung stehen Dir Rechte zu. Zwar nur Erbschaftsansprüche, aber immerhin schon mal etwas. Unser Rechtsstaat sieht vor, dass Du bereits vor Deiner Zeugung als Erbe oder Erbin eingesetzt werden kannst. Gesetzlich ist dies in § 2101 BGB geregelt:
(1) Ist eine zur Zeit des Erbfalls noch nicht gezeugte Person als Erbe eingesetzt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie als Nacherbe eingesetzt ist.
Ziel ist natürlich der umfassende Schutz Eures Familienvermögens. Diese Vorschrift ist für die Praxis von daher gar nicht so irrelevant.
Von Deiner Zeugung bis zur Geburt
Dein wichtigstes Recht, nämlich Dein Recht auf Leben, steht Dir nach der 12. Schwangerschaftswoche zu. Denn dann ist eine Abtreibung gemäß § 218 I StGB strafbar. Mit Deiner Zeugung erlangst Du zusätzlich auch schon Deine Erbfähigkeit gemäß § 1923 II BGB:
(2) Wer zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits gezeugt war, gilt als vor dem Erbfall geboren.
Deine Geburt
Art. 6 GG sieht vor, dass Du durch Deine Geburt Anspruch auf Pflege und Erziehung sowie auf persönlichen Umgang mit beiden Eltern gemäß § 1684 BGB erhältst.
Erstes bis sechstes Lebensjahr
Ab dem ersten Lebensjahr verleiht Dir der Gesetzgeber einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz gemäß § 24 VIII SBG VIII.
Ab dem sechsten Lebensjahr beginnt dann Dein Ernst des Lebens und Du musst in die Schule gehen. Dieses Bildungsprivileg ist in Art. 7 I GG i.V. mit dem jeweiligen Landesschulgesetz geregelt. Verletzen Deine Eltern ihre Fürsorge- und Erziehungspflichten und lassen Dich die Schule schwänzen, können sie sich sogar gemäß § 171 StGB strafbar machen.
Für Dich viel spannender und relevanter ist, dass das Jugendschutzgesetz Dir nun erlaubt, ohne Deine Erziehungsberechtigten bis 20 Uhr ins Kino zu gehen (§ 6 I und IV JÖSCHG). Voraussetzung ist allerdings, dass Du einen anderen Aufpasser dabei hast und die Filme auch für Dich freigegeben sind.
Siebtes Lebensjahr
Mit dem siebten Lebensjahr kommt der erste große Einschnitt in Deinem juristischen Dasein. Warst Du bis vor Beginn Deines siebten Lebensjahres noch schuldunfähig und konntest anstellen, was Du wolltest, bist Du nun beschränkt deliktsfähig gemäß § 828 II BGB. Schätzt der Richter oder die Richterin dich als einsichtsfähig ein, bist Du ab sofort auch für den Mist, den Du gebaut hast, verantwortlich.
Außerdem bist Du nun auch beschränkt geschäftsfähig und kannst alleine rechtswirksam Verträge des alltäglichen Lebens schließen. Voraussetzung ist jedoch, dass entweder
Deine Eltern es ausdrücklich erlaubt haben, gemäß § 107 BGB oder
Deine Eltern das Geschäft nachträglich genehmigt haben gemäß § 108 I BGB oder
Du Dein Taschengeld verwendest, mit dem Du machen darfst, was Du willst gemäß § 110 BGB.
Achtes bis 15. Lebensjahr
Mit Deinem 12. Lebensjahr kannst Du nicht mehr gegen Deinen Willen in einem anderen Bekenntnis erzogen werden gemäß § 5 RelKErzG.
Beginnt nun Dein 13. Lebensjahr, kannst Du Dir mit Zeitungsaustragen, Babysitten, Rasenmähen oder Nachhilfe Dein erstes eigenes Geld verdienen. Ab sofort darfst Du also einer bezahlten Tätigkeit nachgehen.
Mit dem 14. Lebensjahr erhältst Du dann Deine Religionsmündigkeit und kannst gegen den Willen Deiner Eltern Deine Religion wechseln (§ 5 RelKErzG). Ab jetzt solltest Du auch schauen, dass Du auf dem Boden der Rechtsordnung bleibst, denn Du bist nun bedingt strafmündig gemäß § 3 JGG. Wenn der Richter oder die Richterin der Überzeugung ist, dass Du reif genug bist, das Unrecht Deiner Tat einzusehen, kannst Du nach dem Jugendstrafrecht belangt werden. Außerdem steht Dir ein eigenes Entscheidungsrecht bei Namensänderung und Deiner eigenen Adoption zu.
Das wahrscheinlich Wichtigste für Einige: Ab sofort darfst Du bis 22 Uhr draußen bleiben.
16. Lebensjahr
Der Gesetzgeber hält Dich mit Deinem 16. Lebensjahr für beschränkt ehemündig gemäß § 1303 II BGB. Mit Zustimmung des Familiengerichts darfst Du nun eine volljährige Person heiraten. § 2229 BGB verleiht Dir Deine Testierfähigkeit. Von nun an kannst Du Dein Testament anfertigen.
Last but not least: Endlich darfst Du offiziell bis 24 Uhr draußen bleiben, bist aber auch zum Beisichführen Deines Personalausweises verpflichtet.
17. Lebensjahr
Bis zur Volljährigkeit musst Du noch ein Jahr warten, aber ab sofort kannst Du mit Deinem Führerschein loslegen. Gemäß § 10 FeV kannst Du bei der Teilnahme eines begleiteten Fahrers nun die Straßen “unsicher” machen.
18. Lebensjahr
Endlich darfst Du auch ohne Begleitperson Auto fahren. Nun hast Du auch Deine Geschäfts- und Deliktsfähigkeit erreicht.
Darüber hinaus steht Dir jetzt auch in allen Bundesländern sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht zu unseren Bundes- und Landtagswahlen zu.
Strafrechtlich bist Du nun ein Heranwachsender. Je nach Deiner Einsichtsfähigkeit wirst Du nach dem JGG oder StGB bestraft.
21. Lebensjahr
Ab sofort bist du voll strafmündig. Deine Strafbarkeit richtet sich jetzt nach dem StGB.
25. Lebensjahr
Die Möglichkeit, als Schöffe oder Schöffin eingesetzt zu werden, steht Dir ab Deinem 25. Lebensjahr gemäß § 33 GVG offen.
27. Lebensjahr
Wer eine beamtenrechtliche Laufbahn anstrebt, kann nun zum Beamten auf Lebenszeit ernannt werden.
30. bis 40. Lebensjahr
Deiner Karriere als Verfassungsrichter oder Verfassungsrichterin steht ab Deinem 40. Lebensjahr nichts mehr im Wege (§ 3 BVerfGG). Möchtest Du aber eher einen repräsentativen Beruf, kannst Du Dich auch für das Amt des Bundespräsidenten zur Wahl stellen lassen (§ 54 GG).
50. bis 60. Lebensjahr
Bekommst Du den Eindruck, dass Du zu viel in Deinem Leben verpasst hast, kannst Du mit 55 Jahren in Altersteilzeit gehen und noch einmal die Welt erkunden. Mit 58 Jahren kannst Du Frührente beantragen.
Tod
Durch Dein sogenanntes postmortales Persönlichkeitsrecht erhältst Du auch nach Deinem Tod Schutz Deiner Persönlichkeit. Du selbst kannst dieses Recht natürlich nicht mehr geltend machen, aber Deine Erben sind berechtigt, dieses Recht für Dich geltend zu machen.
Hast Du zu Lebzeiten geistiges Eigentum entwickelt, wird dieses über unsere Urheberrechte bis 70 Jahre nach Deinem Tod geschützt.
Resümee
Natürlich sind die genannten Rechte und Pflichten nicht abschließend aufgezählt und es gibt noch viele andere Rechte und Pflichten. Es sind aber Rechte, die nicht nur für Dein gesellschaftliches und privates Leben relevant sind, sondern auch für Deine mündliche Prüfung spannend sein können. Für Prüfer und Prüferinnen eignet sich dies als guter Einstieg in viele relevante Examensthemen wie z.B. Minderjährigkeit, Rechtsgeschäftslehre, Erbrecht, Grundrechte und Staatsorganisationsrecht, um einige Themenbereiche zu nennen.
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