OLG Brandenburg zum Ausschluss des Widerrufsrechts
Die Umsetzung der Verbraucherrichtlinie brachte viele Vorteile und Erleichterungen für Verbraucher mit sich – ganz vorneweg das Widerrufsrecht der §§ 312 ff. BGB. Danach können Verbraucher über das Internet bestellte Waren grundsätzlich innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe und Vorliegen eines Grundes zurückschicken. Doch wie wir alle wissen, kein Grundsatz ohne Ausnahme: Im Widerrufsrecht sind Ausschlussgründe geregelt. Einer davon geriet kürzlich ins Visier des OLG Brandenburg.
Was war geschehen?
Der Kläger bestellte ein Apple MacBook Pro über eBay für 7.049 Euro. Dabei wählte er unter anderem aus, welchen Speicher, Prozessor und welche Farbe dieses haben sollte. Nach Erhalt des Laptops schickte er dieses Ende Januar 2021 fristgerecht wieder zurück und widerrief per E-Mail den Kaufvertrag gegenüber der Beklagten. Sodann verlangte er die Rückabwicklung des Kaufvertrages, was die Beklagte verweigerte. Dies führte zum Rechtsstreit am LG Potsdam, welches die Klage abwies. Als Begründung führte das Gericht an, es bestehe kein Widerrufsrecht, da dieses aufgrund einer individuellen Konfiguration ausgeschlossen sei. Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung ein. Was sagt nun das Oberlandesgericht Brandenburg?
Entscheidung des Gerichts
Das OLG Brandenburg hat dem Kläger den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 355 III, 357 I BGB zugesprochen. Der Kläger habe hier grundsätzlich ein Widerrufsrecht gemäß §§ 312c I, 312g I BGB und ein möglicher Ausschlussgrund aus § 312g II Nr. 1 BGB läge nicht vor. Denn nach Auffassung des Gerichts läge in dem ausgewählten MacBook Pro gerade keine Ware vor, die erst individualisiert und dann hergestellt wurde, sondern genau das Umgekehrte sei der Fall: Den Laptop gäbe es bereits vorproduziert mit verschiedenen Ausstattungsvarianten, unter denen der Käufer dann die Wahl habe. Da die Auswahlmöglichkeiten für den Käufer beschränkt seien, bestehe gerade auch kein hohes Absatzrisiko für den Verkäufer, dessen Vermeidung Sinn und Zweck hinter diesem Ausschlussgrund sei. Grundsätzlich seien die Ausschlussgründe eng auszulegen, da es sich bei den Normen um die Umsetzung der EU-Richtlinie über die Rechte der Verbraucher handele. Selbst wenn es sich bei der teuersten Kombinationsmöglichkeit des Laptops um einen „Ladenhüter“ handele, falle dieses Risiko bei Produkten, die in Serie, aber mit Kombinationsmöglichkeiten, produziert würden, dem Verkäufer zu.
Prüfungsrelevanz
Beim Widerrufsrecht handelt es sich neben Rücktritt und Anfechtung um einen Dauerbrenner in Klausuren aus dem Schuldrecht BT und im Examen (zuletzt Bestandteil der ersten Examensklausur in Bayern im März). Neben Problemen rund um die Frist und die formgerechte Ausübung des Widerrufsrechts bieten sich hier die Ausschlussgründe als Argumentationsgrundlage an. In diesem Fall spielt auch die Widerklage eine Rolle. Diese bietet sich als prozessualer Einstieg an, weshalb Du Dir die Grundzüge zur Widerklage noch einmal vor Augen führen solltest.
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