Anästhesistin ohne Approbation

Anästhesistin ohne Approbation

Wenn der Patient nach der Narkose nicht mehr aufwacht

Viele Studiengänge sind anstrengend und herausfordernd. Jura und Medizin gelten dabei als Spitzenreiter. Da erscheint es wohl nur menschlich davon zu träumen, die Approbationsurkunde zu fälschen und den Traumjob ohne Studienstress ausüben zu dürfen. Die Angeklagte setzte dies tatsächlich in die Tat um und arbeitete Jahre lang als Anästhesistin. Doch ihre Fehler blieben nicht folgenlos, sondern nahmen teilweise sogar einen tödlichen Verlauf. Dieses Verhalten blieb nicht ungestraft.

Worum geht es?

Von März 2016 bis November 2017 arbeitete die Angeklagte in der Anästhesie und war als Narkoseärztin dadurch bei vielen Operationen im Einsatz. Tatsächlich war sie jedoch keine approbierte Ärztin, sondern hatte zwecks Anstellung eine gefälschte Approbationsurkunde vorgelegt. Bei den Operationen unterliefen ihr außerdem einige fachliche Fehler, welche teils ein tödliches Ende nahmen. Das Landgericht verurteilte sie unter anderem wegen Mordes in drei Fällen und versuchten Mordes in zehn Fällen. Hiergegen wandte sich die Verurteilte mit einer Revision an den BGH.

Rechtliche Einordnung in der Klausur

In Fällen wie diesem ist es besonders wichtig, alle Tatbestandsmerkmale in Ruhe und sortiert zu prüfen, sonst passieren schnell Flüchtigkeitsfehler. Bei Tötungsdelikten liegt aufgrund der Hemmschwellentheorie ein besonderes Augenmerk auf dem subjektiven Tatbestand. Führe Dir vor Augen: Jeder Mensch hat vor einer Tötung eine natürliche Hemmschwelle. Daher solltest Du, bevor Du insbesondere den Vorsatz hinsichtlich einer Tötung bejahst, alle Anhaltspunkte, die dafür und dagegen sprechen, gründlich gegeneinander abwiegen. Bedenke auch, dass es unterschiedliche Vorsatzformen gibt. Ein bedingter Tötungsvorsatz setzt voraus, dass der Täter den Tod als mögliche Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und zumindest billigend in Kauf nimmt (Wollenselement). Hierzu empfehlen wir Dir die entsprechenden Lerneinheiten zu wiederholen. Beachte auch den maßgeblichen Zeitpunkt für den Vorsatz. Dieser muss nämlich gemäß § 16 I 1 StGB bei Begehung der Tat, also zum Zeitpunkt der tatbestandlichen Ausführungshandlung vorliegen.

Entscheidung des Gerichts

Der BGH prüfte den Schuldspruch und hielt hinsichtlich des Tötungsvorsatzes fest, dass die Gefährlichkeit der Tathandlung als Indikator für das Wissens- und Wollenselement heranzuziehen sei. Dies habe das Landgericht richtig erkannt. Das Landgericht habe allerdings zum einen keine tatzeitbezogene Prüfung des Tötungsvorsatzes vorgenommen. Zum anderen habe sich das Gericht auch nicht mit den vorsatzkritischen Umständen, die sich aus dem Verhalten oder der Persönlichkeitsstruktur der Angeklagten ergaben, auseinandergesetzt. Die Feststellungen hinsichtlich des objektiven Geschehens wurden nicht aufgehoben. Die Feststellungen, die die subjektive Tatseite betreffen, hingegen schon. Die Sache wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Schwurgerichtskörper des Landgerichts zurückverwiesen.

Ausblick

Dieser Fall eignet sich besonders gut auch für die jüngeren Semester. Hier kannst Du Dein Wissen zu den Vorsatzformen unter Beweis stellen. Der Fall kann Dir aber genauso gut in der mündlichen Prüfung des zweiten Staatsexamens begegnen. Der Fall bietet hier nämlich genügend Anhaltspunkte, um auch den Instanzenzug und die Besetzung der Spruchkörper abzufragen.

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