OLG Frankfurt: „#DubistEinMann” als zulässige Meinungsäußerung
Die zunehmende Bedeutung von Social Media geht nicht spurlos an den Gerichten vorbei. Immer häufiger müssen die Richterinnen und Richter das Userverhalten in den sozialen Netzwerken rechtlich einordnen. Ob der Kommentar „#DubistEinMann” eine zulässige Meinungsäußerung darstellt oder ob hier ein Unterlassungsanspruch greift, musste erst kürzlich das OLG Frankfurt entscheiden.
Worum geht es?
Die Klägerin ist Journalistin und als Transfrau in den sozialen Netzwerken tätig. Auf einer Social Media Plattform schrieb sie einen Beitrag, in welchem sie dazu aufforderte, den Deutschen Frauenrat gegen Kommentare von “#TERF #TERFs” (“Trans-Exclusionary Radical Feminism”, “Trans-ausschließender Radikalfeminismus”) zu unterstützen. Die Beklagte sah diesen Beitrag und verfasste den Kommentar „times changed! #DubistEinMann” und fügte einen lachenden Smiley bei. Die Journalistin klagte daraufhin im Eilverfahren auf Unterlassung.
Rechtliche Einordnung in der Klausur
Beim Stichwort Unterlassungsanspruch denken die meisten sofort an § 1004 BGB. Aber Achtung: Dieser schützt das Eigentum. Hier greift daher der sogenannte quasinegatorische Unterlassungsanspruch, denn hier sind die Rechte aus § 823 I BGB, Art. 2 I, Art. 1 I GG betroffen. Der Begriff klingt zunächst abschreckend, der dahinter stehende Inhalt ist jedoch leicht zu verstehen. § 1004 BGB wird analog angewendet, sodass sich der Unterlassungsanspruch nicht nur auf das Eigentum erstrecken kann, sondern auch auf die Rechtsgüter aus § 823 I BGB. Die Analogie muss in der Klausur hergeleitet werden. Daher solltest Du Dir die Analogievoraussetzungen unbedingt anschauen und wiederholen.
Entscheidung des Gerichts
Das Gericht sieht hier keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts, weil der Gesamtkontext der Äußerung entscheidend sei. Der Hashtag sei nicht der Hauptkommentar, sondern die Äußerung „times changed!“. Die Beklagte habe damit zum Ausdruck bringen wollen, dass das Thema gesellschaftspolitisch nicht mehr aktuell sei. Es liege auch keine Schmähkritik vor, denn der Hashtag sei verallgemeinernd und spräche die Klägerin nicht direkt an. Eine unzulässige Diffamierung sei hier nicht gegeben. Eine Herabwürdigung abseits der sachlichen Debatte sei hier nicht erkennbar. Schlussendlich genieße der Schutz der Meinungsfreiheit Vorrang gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin.
Ausblick
Dieser Sachverhalt ist sehr modern und behandelt doch die Basics. Erkennt der Prüfling, dass § 1004 BGB hier nicht direkt einschlägig ist und kennt er die Analogievoraussetzungen, ist der Fall gut zu lösen. Leite Dir den Anspruch in der Klausur sauber her und geh strukturiert vor. Der Fall wirkt zunächst exotisch, wenn man jedoch genauer hinsieht, ist er das nicht. Dieser Fall bietet Dir eine gute Chance, dem Prüfer/ der Prüferin zu beweisen, dass Du über den Tellerrand hinausschauen kannst.
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