Die Analogie
Aufbau der Prüfung - Analogie
Bei der Analogie geht es darum, dass der Anwendungsbereich einer Norm auf einen Fall, der an sich nicht vom Wortlaut erfasst wird, ausgedehnt wird. Beispiel: Fortsetzungsfeststellungsklage, § 113 I 4 VwGO analog. Beispiel1: A wird Adressat einer Abrissverfügung und erhebt Anfechtungsklage gegen die Abrissverfügung. Während des laufenden Prozesses nimmt die Behörde die Abrissverfügung zurück oder reißt das Haus des A ab. Dieser Fall beschreibt die Fortsetzungsfeststellungsklage in direkter Anwendung, also wenn ein Verwaltungsakt sich nach Klageerhebung erledigt hat. A möchte die Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsaktes feststellen lassen. Beispiel2: A wird Adressat einer Abrissverfügung und nach drei Tagen wird sein Haus abgerissen, bevor er Anfechtungsklage erheben kann. Nun möchte A feststellen lassen, dass die Abrissverfügung, die sich durch den Abriss erledigt hat, rechtswidrig war. Problematisch ist, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage in direkter Anwendung diesen Fall nicht erfasst (Wortlaut). In Betracht kommt damit eine Analogie.
Eine Analogie setzt eine Regelungslücke, die Planwidrigkeit der Regelungslücke und die Vergleichbarkeit der Interessenlage voraus.
I. Regelungslücke
Regelungslücke meint, dass der zu lösende Fall nicht von einer gesetzlichen Regelung erfasst sein darf. Dies bedeutet umgekehrt, dass vorher gesetzliche Regelungen zu prüfen sind. Bevor man vorschnell auf eine Analogie geht und behauptet, dass der Gesetzgeber etwas übersehen hat, muss geprüft werden, ob der Gesetzgeber den Fall nicht erfasst hat. Beispiel2: A wird Adressat einer Abrissverfügung und nach drei Tagen reißt die Behörde sein Haus ab. Nun möchte A feststellen lassen, dass die Abrissverfügung nicht in Ordnung war. Tendenziell würde man bei der Prüfung der Klage beim Punkt „Statthafte Klageart“ zunächst andere gesetzlich geregelte Klagearten durchprüfen, wenn sie ernsthaft in Betracht kommen. Die Anfechtungsklage setzt aber voraus, dass sich der Verwaltungsakt nicht erledigt haben darf. Durch den Abriss ist jedoch Erledigung eingetreten. Die Fortsetzungsfeststellungsklage in direkter Anwendung erfasst Fälle der Erledigung nach Klageerhebung. Im Ergebnis scheidet auch die Feststellungsklage aus. Damit ist das Beispiel nicht gesetzlich geregelt.
II. Planwidrigkeit
Ferner muss geprüft werden, ob der Gesetzgeber den Fall absichtlich nicht geregelt hat oder es aus Versehen geschehen ist. Damit tun sich viele schwer. Jedoch geht es nicht darum, in den „Kopf des historischen Gesetzgebers hineinzuschauen“. Vielmehr muss man auslegen (Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck), ob der Gesetzgeber den Fall absichtlich nicht geregelt hat. Beispiel2: Fortsetzungsfeststellungsklage, § 113 I 4 VwGO analog (Erledigung des Verwaltungsaktes vor Klageerhebung). Gäbe es keine Regelung, also keine Klageart, dann gäbe es keinen Rechtsweg. Dies verstieße gegen Art. 20 III GG (Rechtsstaatsprinzip) und Art. 19 IV GG (effektiver Rechtsschutz/Rechtsweggarantie). Es ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Gesetzgeber diese verfassungswidrige Lücke aufgrund der Bindung des Gesetzgebers an die Verfassung nicht absichtlich, sondern versehentlich aufgetan hat. Gibt es keine besonderen Anhaltspunkte für ein absichtliches Vorgehen des Gesetzgebers gegen die Verfassung, ist im Zweifel von der Planwidrigkeit der Lücke auszugehen.
III. Vergleichbarkeit der Interessenlage
Schließlich muss die Interessenlage vergleichbar sein. Dies ist der eigentliche Grund für den Impuls zur Analogiebildung. Bei einem komplett anderen Fall würde man nicht daran denken, eine Vorschrift analog anzuwenden. Dies ist dann konkret zu klären. Beispiel1: Bei Erledigung eines Verwaltungsaktes ist zu prüfen, ob der Fall der Erledigung vor Klageerhebung mit dem Fall der Erledigung nach Klageerhebung vergleichbar ist. Konkret: A wird Adressat einer Abrissverfügung, legt Widerspruch ein und erhebt Anfechtungsklage. Der Verwaltungsakt erledigt sich dann durch Abriss oder Rücknahme. Beispiel2: A wird Adressat einer Abrissverfügung. Das Haus des A wird nach drei Tagen abgerissen, bevor er Klage erheben kann. Dann dürfte es keinen Unterschied machen, wann Erledigung eingetreten ist. Häufig hängt es vom Zufall oder von Umständen ab, die nicht in der Sphäre des A liegen, ob die Behörde zufällig vor oder nach Klageerhebung abreißt bzw. vor oder nach Klageerhebung den Verwaltungsakt zurücknimmt. Hat A ein Interesse daran, die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes feststellen zu lassen, um eine Wiederholung zu verhindern oder Amtshaftungsansprüche geltend zu machen, macht es qualitativ keinen Unterschied, ob der Erledigungsfall vor oder nach Klageerhebung eingetreten ist. Damit ist die Interessenlage vergleichbar und somit die Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung die statthafte Klageart.