Ab wann ist eine Pferdepension ein landwirtschaftlicher Betrieb?
Pferde beschäftigen nicht nur immer wieder Zivilgerichte, auch bei Verwaltungsgerichten spielen sie gelegentlich eine Rolle. In diesem Fall hatten die Mindener Richter darüber zu entscheiden, ob eine Gütersloher Unternehmerin ihre Pferderanch im Außenbereich errichten durfte. Dagegen wehrte sich der Bund für Natur und Umweltschutz (BUND). Die Frage stand im Raum, ab wann eine Pferdepension ein landwirtschaftlicher Betrieb ist.
Umweltstreit um “Riding Ranch”: VG Minden entscheidet im einstweiligen Rechtsschutz
Das VG Minden hat nun nach einem mehrjährigen Rechtsstreit ein Urteil gefällt. Der BUND NRW, eine anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigung, hatte gegen den Bau der Reitsportanlage und Pferdepension “Riding Ranch” geklagt. Beklagte war die Stadt Bielefeld, die der Beigeladenen am 2. Juli 2021 eine Baugenehmigung für ihr Vorhaben erteilt hatte. Diese erlaubte es ihr, die Pferdepension auf einem Grundstück zu errichten, das im Außenbereich und in einem Landschaftsschutzgebiet liegt. Zudem befreite sie die Bauherrin von dem Verbot, im Landschaftsschutzgebiet bauliche Anlagen zu errichten.
Nach Auffassung des Klägers handelt es sich bei dem Vorhaben nicht um einen im Außenbereich zulässigen landwirtschaftlichen Betrieb, sondern um eine nicht privilegierte Reitsportanlage. Bereits im September 2021 begehrte sie daher vorläufigen Rechtsschutz gem. § 80a VwGO gegen die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung. Damals gab das VG Minden dem Antrag der Naturschutzvereinigung statt und ordnete im Dezember 2021 die aufschiebende Wirkung seiner Anfechtungsklage an.
Die Entscheidung in der Hauptsache
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts ist die von der Stadt Bielefeld erteilte Baugenehmigung rechtswidrig, da ein solches Vorhaben im Außenbereich unzulässig sei. Grundsätzlich ist das Bauen im Außenbereich zu unterbinden und soll der Landwirtschaft vorbehalten werden. Der § 35 BauGB regelt, in welchen Fällen eine Bebauung ausnahmsweise möglich ist. Dabei wird zwischen privilegierten (§ 35 I BauGB) und sonstigen (§ 35 II BauGB) Vorhaben differenziert. Privilegiert ist beispielsweise die Landwirtschaft. Die Richter sahen in der Reitsportanlage keinen landwirtschaftlichen Betrieb gem. § 35 I Nr. 1 BauGB. Bereits die Entstehungsgeschichte des Vorhabens, das stark auf Reitsport ausgerichtet war, spräche dagegen. Zudem mangele es an einer Gewinnerzielungsmöglichkeit und Gewinnerzielungsabsicht der Beigeladenen. Diese sei nötig, um den landwirtschaftlichen Betrieb auf Dauer lebensfähig zu erhalten. Das Gericht forderte aufgrund der potenziellen Gefahr der Umwandlung von Pferdepensionsbetrieben in gewerbliche Reiterhöfe Maßnahmen zur Verhinderung von Missbrauch. Um diesem Problem entgegenzuwirken, verlangt die obergerichtliche Rechtsprechung, dass landwirtschaftliche Betriebe ernsthaft und langfristig betrieben werden müssen. Das bedeutet, dass der Betrieb aus der Perspektive eines vernünftigen Landwirts in der Lage sein sollte, Gewinne zu erzielen, und dass es dem Betriebsinhaber auch darauf ankommt, Gewinne zu erwirtschaften. Die Kammer konnte nach der mündlichen Verhandlung nicht feststellen, dass die von der Beigeladenen vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnungen korrekte Ansätze aufwiesen. Darüber hinaus ergab sich ein auffälliges Missverhältnis zwischen der beträchtlichen Investitionssumme und den möglicherweise minimalen Gewinnen, die durch das Vorhaben erzielt werden könnten. Die Beweggründe der Beigeladenen für die Errichtung des Betriebs scheinen nicht darauf ausgerichtet zu sein, Gewinne zu erzielen, was die Kammer zu dem Schluss führt, dass es sich insgesamt eher um eine kostspielige “Liebhaberei” handelt und nicht um eine ernsthafte und langfristige landwirtschaftliche Tätigkeit.
Demnach sei das Vorhaben der Beigeladenen als sonstiges Vorhaben i.S.d. § 35 II BauGB zu klassifizieren und als solches unzulässig, weil es jedenfalls öffentliche Belange nach § 35 II i.V.m. III Nr. 5 und Nr. 3 BauGB und damit umweltbezogene Rechtsvorschriften beeinträchtigt. Der klagende BUND NRW könne sich als Umweltschutzorganisation auf den Schutz der umweltbezogenen Belange berufen.
Im Ergebnis sei die Baugenehmigung sowie die Ausnahme vom Verbot, bauliche Anlagen in dem Landschaftsschutzgebiet zu errichten, aufzuheben und die schon teilweise errichtete “Riding Ranch” darf nicht weitergebaut werden.
Du möchtest weiterlesen?
Dieser Beitrag steht exklusiv Kunden von Jura Online zur Verfügung.
Paket auswählen