Kann die Rennvergangenheit eines Pferdes einen Mangel darstellen?
Pferde-Fälle sind absolute Klassiker im Mängelgewährleistungsrecht und daher sehr examensrelevant. Der Fall, der kürzlich vom Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg entschieden wurde, ist daher besonders spannend. Geklagt hatte die Käuferin eines Freizeitpferdes. Sie hält die Vergangenheit als Rennpferd ihres erworbenen Pferdes für einen Mangel. Das Gericht musste entscheiden, ob sie den Vertrag rückabwickeln kann.
Die Klägerin aus dem Ammerland erwarb das Pferd Canaletto (Name geändert) in der Nähe von Leer. Laut Kaufvertrag (§ 433 BGB) wurde das Pferd nur als Freizeitpferd genutzt und hatte weder eine Dressur- noch eine Springausbildung. Nach Übergabe stellte sich heraus, dass das Pferd in der Vergangenheit als Rennpferd eingesetzt wurde.
Daraufhin erklärte die Käuferin, dass sie vom Vertrag zurücktreten wolle. Hilfsweise erklärte sie die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Die Verkäuferin wies jegliche Vorwürfe von sich, sodass die Käuferin Klage vor dem Landgericht (LG) Oldenburg erhob.
LG und OLG weisen die Klage ab
Das LG wies ihre Klage zurück. Die Rennpferdvergangenheit von Canaletto stelle per se keinen Mangel im Sinne des § 434 BGB dar. Der Vorwurf der arglistigen Täuschung wurde ebenfalls abgewiesen. Das OLG Oldenburg kam nun in der Berufung zum gleichen Ergebnis.
Rennvergangenheit ist kein Mangel
Nach Ansicht der Klägerin sei es entscheidend, ob das Pferd in der Vergangenheit lediglich als Freizeitpferd genutzt wurde oder ob es durch die Teilnahme an Rennen einen höheren “Verschleiß” aufweist. Das Urteil eines Sachverständigen kam allerdings zu einem anderen Ergebnis: die “Abnutzungserscheinungen” des Pferdes seien nicht auf seine Vergangenheit als Rennpferd zurückzuführen, sondern auf das Alter, Art und Qualität der Haltung von Canaletto. Bei einem elf Jahre alten Pferd sei ohnehin mit degenerativen Gelenkerkrankungen, unter denen Canaletto litt, zu rechnen.
Die Auslegung des Vertrages führte zu keiner anderen Schlussfolgerung. Die Parteien hatten in der Beschaffenheitsvereinbarung ausgemacht, dass das Pferd nur freizeitmäßig geritten wurde und keine Dressur- oder Springausbildung hat. Da diese Klausel aber unter der Vertragsklausel befand, die die Haftung des Verkäufers beschränken sollte, sei es nach Ansicht des Gerichts “wenig naheliegend, dass die Parteien übereinstimmend gerade an dieser Stelle im Vertrag eine vereinbarte Beschaffenheit, aus der die Klägerin Gewährleistungsansprüche herleiten kann, dokumentieren wollten”. Es könne in anderen Worten nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien durch diese Klausel vereinbart hätten, dass Canaletto schon immer nur als Freizeitpferd genutzt wurde.
Im Übrigen wandte bereits das LG Oldenburg ein, dass die Ansprüche der Klägerin möglicherweise gem. § 442 BGB ausgeschlossen sein könnten. Danach sind die Mängelgewährleistungsrechte des Käufers ausgeschlossen, wenn er den Mangel bei Vertragsschluss kannte. Die Käuferin trug selbst vor, dass die Rennvergangenheit des Pferdes im Identifikationsdokument für Pferde dem Equidenpass vermerkt war.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Du möchtest weiterlesen?
Dieser Beitrag steht exklusiv Kunden von Jura Online zur Verfügung.
Paket auswählen