Zur Frage, welche Folgen eine unüberlegte Unterschrift haben kann
Liebe und Vernunft fallen manchmal weit auseinander. Dieser Fall zeigt, wie eine romantische Bindung zu einer rechtlichen Verpflichtung führen kann, deren Tragweite wohlüberlegt sein sollte. Das Oberlandesgericht musste nun entscheiden, ob einer jungen Frau die rosarote Brille aus jungen Jahren zum Verhängnis wurde.
Die selbstlose Entscheidung: Eine Unterschrift mit weitreichenden Folgen
Der Fall beginnt zunächst sehr romantisch. Eine Anfang 20-jährige Frau aus dem Kreis Osnabrück half ihrem damaligen Freund dabei, alte Kredite umzuschichten und ein neues Auto zu kaufen. Dafür unterschrieb sie neben ihrem Freund einen Darlehensvertrag (§ 488 BGB) über 90.000 Euro. Die monatliche Rate betrug knapp über 1.000 Euro - ein Betrag, der in keinem angemessenen Verhältnis zu ihrem eigenen Einkommen stand. Bei Vertragsschluss arbeitete die junge Frau als Bäckereiverkäuferin und verdiente monatlich 1.300 Euro netto.
Klage vor dem LG: Die Konfrontation mit der Realität
Zwei Jahre später kündigte die Bank den Darlehensvertrag, weil der mittlerweile Ex-Freund der Beklagten die monatlichen Raten nicht mehr bediente. Daraufhin nahm die Bank die Beklagte in Anspruch und verlangte vor dem Landgericht Osnabrück den noch ausstehenden Betrag in Höhe von 50.000 Euro. Zu Recht, entschied das LG und verurteilte sie zur Zahlung.
Diese Entscheidung wollte sie nicht auf sich sitzen lassen und zog vor das Oberlandesgericht Osnabrück.
OLG: Abgrenzung zwischen Darlehensnehmer und Mithaftendem
Dieses entschied nun zugunsten der Beklagten und wies die Klage der Bank ab. Die Beklagte habe durch ihre Unterschrift nur eine Mithaftung übernommen und sei keine echte Darlehensnehmerin. Das OLG ist der Auffassung, dass das entscheidende Kriterium für die Abgrenzung zwischen einem echten Darlehensnehmer und einem Mithaftenden das Eigeninteresse an dem Darlehen sei. Wenn die unterzeichnende Person kein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Kreditaufnahme verfolge, sei sie lediglich als Mithaftende anzusehen. Es handele sich daher um eine einseitig belastende Vertragsabrede. Eine solche Abrede mit der Bank sei zwar theoretisch möglich, jedoch könnte sie bei offensichtlicher und gravierender finanzieller Überforderung, wie es in diesem Fall der jungen Frau vorliege, als sittenwidrig und damit nichtig angesehen werden.
Das OLG stellte fest, dass die Bank bei Vertragsschluss sowohl über die emotionale Bindung der Beklagten zu ihrem damaligen Freund als auch über ihre “beengten finanziellen Verhältnisse” Bescheid gewusst hätte. Die Bank als Geldgeber hätte also erkannt, dass die Haftung die Beklagte in eine finanzielle Schieflage bringen könnte. Es widerspreche dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, wenn Banken eine solche Situation ausnutzen würden.
Den Vorwurf der Sittenwidrigkeit konnte die Bank laut Gericht nicht widerlegen. Auch der Umstand, dass die junge Frau bei Vertragsschluss nichts von der möglichen prekären finanziellen Belastung ahnte und irrtümlich glaubte, es ginge nur um 7.500 Euro für das Auto, spreche nicht gegen eine Sittenwidrigkeit.
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