61.000 Euro Rückzahlungsbetrag für ursprünglich 9.200 Euro Studienförderung?

61.000 Euro Rückzahlungsbetrag für ursprünglich 9.200 Euro Studienförderung?

Ein Förderungsvertrag als Vertrag sui generis

Eine vielversprechende Fördervereinbarung entpuppte sich als rechtliches Labyrinth für eine Studentin. Im Jahr 2008 unterschrieb sie einen Vertrag, der ihr monatliche Zahlungen sowie eine Einmalzahlung zusicherte. Doch als die Rückzahlung der Förderung anstand, sah die junge Frau sich plötzlich einer horrenden Zahlungsverpflichtung ausgesetzt. Die Geförderte hält den Vertrag für einen Darlehensvertrag und außerdem für sittenwidrig. Nachdem das Landgericht Frankfurt am Main ihre Klage abwies, gab die Klägerin nicht auf und legte Berufung ein. Interessant ist hier nicht nur die Entscheidung des Gerichts, sondern auch dessen Ausführungen zur Einordnung der Vertragsart.

Hintergründe des Falls

Im Jahr 2008 schloss die Studentin eine Vereinbarung zur Finanzierung ihres Studiums an einer privaten Sprachhochschule ab. Inhalt der Vereinbarung war eine monatliche Zahlung in Höhe von 200 Euro über einen Zeitraum von 36 Monaten sowie die Zahlung eines Einmalbetrages in Höhe von 2.000 Euro. Insgesamt erhielt die Studentin eine Summe in Höhe von 9.200 Euro. Sie verpflichtete sich, die Beträge ab dem Jahr 2012 zurückzuzahlen. Dafür sollte sie 84 Monate lang Zahlungen in Höhe von 8,70 % des 12. Teils ihrer zukünftigen Bruttoeinkünfte aus ihrer Erwerbstätigkeit leisten. Die Höchstgrenze für die Berechnung dieser Zahlungen lag bei 8.100 Euro, wobei sich diese Höchstgrenze nach Ablauf des ersten Jahres jedes Jahr um 10 % erhöhen sollte. Im Falle von Arbeitslosigkeit entfalle laut der Vereinbarung die Zahlungspflicht. Zunächst kam die Geförderte ihrer Rückzahlungsverpflichtung noch nach. Später stellte sie ihre Zahlungen ein, da sie den Vertrag für sittenwidrig hielt. Die Rückzahlungsbedingungen würden dazu führen, dass sie über 61.000 Euro zurückzahlen müsse, obwohl sie nur 9.200 Euro erhalten habe. Daher erhob sie Klage auf Rückzahlung der bereits geleisteten Beträge. Die Klägerin blieb in erster Instanz vor dem Landgericht Frankfurt am Main erfolglos, woraufhin die sie Berufung einlegte.

Die Entscheidung der Berufungsinstanz

Auch vor dem Oberlandesgericht hatte die Studentin keinen Erfolg. Das OLG Frankfurt bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Das Gericht führte aus, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Beträge habe. Interessant ist hier insbesondere die Einordnung der Förderungsvereinbarung als Vertrag sui generis. Das Gericht stellt klar, dass die Vereinbarung zur Förderung gerade nicht als Darlehens- oder Verbraucherdarlehensvertrag gemäß §§ 488, 491 ff. BGB anzusehen sei. Vielmehr handele es sich um einen Vertrag sui generis, also einen Vertrag eigener Art. Die vertragsgemäße Leistung der Beklagten, die darin bestehe, die Förderung zu gewähren, stelle eine vertragsprägende Leistung dar, die deutlich über die bloße Gebrauchsüberlassung des ausgezahlten Geldbetrags hinausginge, wie es typisch für einen Darlehensvertrag sei.

Auch sei die Fördervereinbarung nicht nach § 138 I BGB sittenwidrig. Eine Sittenwidrigkeit käme nur aufgrund eines besonders groben oder auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung in Betracht. Obwohl die Beklagte bis zur vertraglich festgelegten Höchstgrenze die Möglichkeit habe, das Vielfache des ausgezahlten Förderbetrags zurückzuerhalten, trage sie auch das Risiko eines vollständigen Verlustes im Falle der Arbeitslosigkeit der Studentin. Darüber hinaus habe die Beklagte neben der finanziellen Unterstützung auch ein umfangreiches Förderprogramm in Form von Seminaren, Online-Trainings oder Coachinggesprächen angeboten, das bei der Gesamtbewertung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung zu berücksichtigen sei.