Unerwartete Zusatzkosten bei Pauschalreisen
Bei Pauschalreisen treffen Reisende oft auf unvorhergesehene Umstände und zusätzliche Kosten, die ihre Reisepläne durchkreuzen und zu Unzufriedenheit führen können. Der Bundesgerichtshof hat sich in einem aktuellen Urteil mit der Auslegung und Anwendung von Art. 4 Abs. 3 der FluggastrechteVO (EU-Fluggastrechte-Verordnung (EG) Nr. 261/2004) befasst. In der Rechtssache ging es um einen Streit zwischen einem Fluggast und einer Fluggesellschaft über den Anspruch auf Entschädigung nach der FluggastrechteVO. Hat der Passagier sein Recht bekommen oder ist er auf dem Boden der Tatsachen gelandet?
Worum geht es?
Der Fluggast buchte zuvor eine Pauschalreise in die Türkei mit Flügen von München nach Antalya und zurück, die von der beklagten Fluggesellschaft durchgeführt werden sollten. Der Fluggast trat jedoch den Hinflug nicht an, da er bereits zuvor in die Türkei geflogen war. Bei dem Versuch, den Rückflug anzutreten, verlangte die beklagte Fluggesellschaft eine zusätzliche Zahlung, bevor sie den Fluggast an Bord gehen ließ. Der Fluggast kam dieser Forderung nach und wurde wie geplant befördert. Nun stützte der Kläger sich jedoch nicht auf vertragliche Ansprüche, wie etwa § 651i II BGB i.V.m. § 326 BGB. Danach kann der Gläubiger, der einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung hat, verlangen, wirtschaftlich so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn der Schuldner den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte. Der Kläger verlangte im vorliegenden Fall von der beklagten Fluggesellschaft eine Entschädigung aus Art. 4 Abs. 3 der FluggastrechteVO.
Die Vorinstanz entschied zugunsten des Klägers und verurteilte die beklagte Fluggesellschaft zur Zahlung einer Entschädigung von 400,00 Euro. Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung jedoch auf, woraufhin der Kläger Revision beim Bundesgerichtshof einlegte.
Entscheidung des Gerichts
Der Bundesgerichtshof wies die Revision des Klägers zurück und bestätigte das Urteil des Berufungsgerichts. Das Gericht prüfte die Auslegung von Artikel 4 Absatz 3 der FluggastrechteVO, in dem es um die Entschädigung bei Nichtbeförderung geht. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen des Artikels 4 Absatz 3 der Verordnung in diesem Fall nicht erfüllt waren, da der Fluggast mit dem vorgesehenen Flug befördert wurde. Das Gericht betonte, dass eine Situation der Nichtbeförderung im Sinne der FluggastrechteVO voraussetzt, dass der Fluggast tatsächlich nicht mit dem vorgesehenen Flug befördert wird. Das Gericht bestätigt, dass die Verweigerung der Beförderung, verbunden mit der Forderung nach einer zusätzlichen Zahlung, Unannehmlichkeiten und Schwierigkeiten verursachen kann. Diese Umstände unterscheiden sich jedoch von den Unannehmlichkeiten, die durch Nichtbeförderung, Flugannullierungen oder erhebliche Verspätungen entstehen. Darüber hinaus verwies das Gericht auf die einschlägigen Bestimmungen der FluggastrechteVO, insbesondere auf Artikel 7 Absatz 1 Nummer 2, der eine Entschädigung vorsieht, wenn ein Fluggast aufgrund von Nichtbeförderung oder Flugannullierungen später als geplant an seinem Endziel ankommt. Diese Bestimmungen bestätigen, dass die Entschädigung davon abhängt, dass der Fluggast nicht wie ursprünglich vorgesehen befördert wird. Das Gericht stellte auch fest, dass es nicht notwendig ist, den EuGH gemäß Artikel 267 AEUV anzurufen, um eine Vorabentscheidung zu ersuchen. Der EuGH hat bereits festgestellt, dass eine Entschädigung nicht gerechtfertigt ist, wenn ein Fluggast sein Endziel wie geplant erreicht.
Das BGH-Urteil befasst sich zwar in erster Linie mit der Verweigerung von Ausgleichsleistungen für Fluggäste, die trotz des Zuschlags ihren Flug antreten, nicht aber mit der Rechtfertigung des Zuschlags selbst. In Fällen, in denen der Zuschlag als ungerechtfertigt angesehen wird, kann der Fluggast Gründe haben, eine Erstattung der zusätzlichen Gebühr zu verlangen.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs schafft nicht nur Klarheit bezüglich der Rechte der Fluggäste, es liefert auch wichtige Erkenntnisse über die Auslegung der FluggastrechteVO. Das Gericht hat klargestellt, dass eine Entschädigung bei Nichtbeförderung nur dann in Betracht kommt, wenn ein Fluggast nicht wie vorgesehen befördert wird. Für den Kläger war es wohl eher an der Zeit, die Turbulenzen hinter sich zu lassen und den nächsten Sommerurlaub umsichtiger zu planen.
(BGH, Urteil vom 25.04.2023 - X ZR 25/22)
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