Gefälschte Examenszeugnisse - kann dadurch ein Schaden für den Arbeitgeber entstehen?

Gefälschte Examenszeugnisse - kann dadurch ein Schaden für den Arbeitgeber entstehen?

Juristin nach Urkundenfälschung zu Bewährungsstrafe verurteilt

Ein Prädikatsexamen - davon träumt doch jede:r Jurist:in. Eine 44-jährige Volljuristin hat sich diesen Traum selbst erfüllt und ihre Examensergebnisse von “ausreichend” auf “vollbefriedigend” beschönigt. Blöd nur, wenn der Schwindel auffliegt. Das AG Berlin Tiergarten hat nun über ihr Schicksal entschieden.

Worum geht es?

Die Juristin hatte ihr Erstes und Zweites Staatsexamen in Baden-Württemberg mit nur mittelmäßigen Ergebnissen abgelegt. Dies spiegelte sich dann auch im Erfolg bei den anschließenden Bewerbungen für Jobs wider. Obwohl sie sich angeblich hundert Mal beworben hat, konnte sie keinen passenden Job finden.
Als Konsequenz dieser Niederlage entschied sie sich dazu, ihre Zeugnisse zu manipulieren. Statt der tatsächlich erreichten 5,43 Punkte im Ersten Staatsexamen vermerkte sie mithilfe eines Bildbearbeitungsprogramms 9,52 Punkte auf ihrem Zeugnis. Das Ergebnis ihres Zweiten Staatsexamens von 4,52 Punkten “zauberte” sie zu 9 Punkten. Auch den Notenschnitt ihres Abiturs hob sie von 3,2 zu 1,9 an.
Im Anschluss zeigte sich, dass die Notenergebnisse (leider) eine große Rolle spielen. Prompt erhielt sie Jobangebote in renommierten Großkanzleien. Zwischen Ende 2015 und 2020 habe sie in 3 verschiedenen Großkanzleien in Berlin und München gearbeitet, ohne dass der Schwindel aufflog. Sie habe “ein den vorgetäuschten Noten entsprechendes, weit überdurchschnittliches Brutto Gehalt ausbezahlt bekommen”, hieß es in der Anklage. Es soll ein Schaden von 640.000 € entstanden sein. Sie selbst ließ über ihren Anwalt verlauten, dass ihren Arbeitgebern kein Schaden entstanden sein soll. Sie habe immer gut gearbeitet und ihre Arbeitgeber seien mit ihr zufrieden gewesen.
Erst 2020 wies jemand ihren Arbeitgeber darauf hin, dass sie lediglich ein ausreichendes Examen gemacht habe. Die Juristin verlor ihren Job und ihre Zulassung als Anwältin.
Im vergangenen Jahr erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen gewerbsmäßigem Betrug, § 263 Abs. 3 StGB und Urkundenfälschung, § 267 Abs. 1 StGB.

Wie entschied das Gericht?

Das AG Berlin Tiergarten verurteilte die Juristin wegen Urkundenfälschung zu 9 Monaten Haft auf Bewährung. Eine Verurteilung wegen Betruges kam, anders als in ähnlich gelagerten Fällen, nicht zustande. Der für eine Strafbarkeit des Betruges erforderliche Vermögensschaden konnte nicht nachgewiesen werden.
Der hier vorliegende Anstellungsbetrug ist ein Unterfall des sog. Eingehungsbetrugs. Beim Eingehungsbetrug kann bereits im Abschluss eines Vertrages, unabhängig von dessen Abwicklung, ein vollendeter Betrug liegen. Dies wird mit der konkreten Vermögensgefährdung begründet. Ähnlich ist es beim Anstellungsbetrug: hier kann der Arbeitgeber schon dadurch einen Schaden erleiden, dass er kein Äquivalent zu seiner Leistung erhält. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer zukünftig nicht die vereinbarte Leistung zu erbringen vermag. Indiz dafür sind u.a. mangelnde fachliche Qualifikationen, wie auch ein fehlendes Prädikatsexamen. Diese Voraussetzungen sind hier eigentlich erfüllt - warum entschied sich das Gericht dennoch gegen einen Betrug?

Der vorsitzende Richter erklärte bereits in seinem Eröffnungsbeschluss, dass es problematisch sei, einen Betrug zu bejahen. Die Angeklagte habe ihre Probezeiten stets bestanden und gute Zeugnisse erhalten. Ohne die Denunziation des Zeugen wäre der Schwindel wahrscheinlich nie aufgefallen. Dieser wichtige Zeuge befand sich während des Prozesses allerdings im Ausland, sodass der vorsitzende Richter ins Strafbefehlsverfahren, §§ 407-412 StPO überging. Das Strafbefehlsverfahren ist ein summarisches Verfahren zur raschen Erledigung tatsächlich und rechtlich einfach gelagerter Fälle. Der Richter entscheidet schriftlich und ohne Hauptverhandlung, sodass diese besondere Verfahrensart sowohl kostengünstig, als auch “diskret” ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung können die Prozessbeteiligten binnen zwei Wochen Einspruch erlegen, § 410 Abs. 1 StPO. Dann würde die Hauptverhandlung nachgeholt werden.
Hätte sie mal lieber mit Jura Online gelernt.