Hollywood in Hamburg
Was nach einem konstruierten Hollywood Blockbuster klingt, ist in Hamburg Realität. Eine einst angesehene Schönheitschirurgin und ihr Ehemann, ein erfolgreicher Unternehmer aus Stuttgart, vergaßen offenbar jegliche soziale Kompetenz. Sie versuchten über das Darknet einen Auftragsmörder für den Ex-Freund der Ärztin zu engagieren, um nach dessen Tod das Sorgerecht der gemeinsamen Tochter zurückzuerlangen.
Worum geht es?
Die beiden Angeklagten hatten im Darknet 15.000 USD in Bitcoins für einen Auftragsmord an dem Ex-Partner der Angeklagten ausgerufen. Sie versprachen sich davon, dass die Angeklagte nach dem Tod des Kindesvaters das Sorgerecht zurückerhalte. Sie stritt seit Jahren um das Sorgerecht, das zu dem Zeitpunkt allein beim Vater des Kindes lag.
Offenbar wollte das Paar die Angelegenheit auf eigene Faust lösen. Es postete den Auftragsmord samt Foto und Adresse des Opfers auf einer Website im Darknet und entrichteten die vom Websitebetreiber geforderten 15.000 USD in Bitcoins auf ein Treuhandkonto des Websitebetreibers. Der Auftrag wurde trotz mehrfachen Nachfragens und dem Hinweis, es sei aufgrund von Kindesmissbrauchs dringend nicht ausgeführt.
Es stellte sich später heraus, dass es sich um eine von unbekannten Tätern betriebene Website handelt, die einzig den Betrug um die “Servicegebühr” von 15.000 USD zum Ziel hatte. Als der beabsichtigte Erfolg, der Tod des Ex-Freundes ausblieb, nahmen die beiden Angeklagten erneut Kontakt mit einem potenziellen Auftragsmörder über die Website im Darknet auf. Doch auch dieser Nutzer war Teil des Betrugssystems, sodass der Auftrag nicht ausgeführt wurde. Das FBI stieß letztlich auf den Mordaufruf und gab entsprechende Hinweise an die deutschen Behörden.
Rechtliche Bewertung
Allein die Anklage liest sich wie ein Fall aus dem Strafrecht AT Lehrbuch: gemeinschaftliche versuchte Anstiftung zum Mord in zwei Fällen. Die Verteidigung forderte einen Freispruch. Das Gericht folgte der Anklage und verurteilte die Angeklagte zu 5 Jahren und 6 Monaten und den Angeklagten zu 5 Jahren und 3 Monaten Haft.
Das Gericht ging also davon aus, dass die beiden Angeklagten bereits in das Versuchsstadium eingetreten waren. Davon zu unterscheiden sind die Vorbereitung und die bloße Absicht zur Begehung einer Straftat. Diese sind grundsätzlich mit Ausnahme des § 30 II StGB nicht strafbar.
Grundsätzlich beginnt ein strafrechtlich relevantes Verhalten erst mit dem Versuchsstadium der Tat im Sinne der §§ 22 ff. StGB. Danach ist der Versuch strafbar, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt, § 22 StGB.
Im vorliegenden Fall haben die beiden Angeklagten durch die Posts im Darknet unmittelbar angesetzt. Der Mord wurde zwar in beiden Fällen nicht ausgeführt, die beiden glaubten jedoch alles getan zu haben, was nach ihrer Vorstellung zur Vollendung der Tat notwendig sei, sodass es sich um einen beendeten Versuch in zwei Fällen handelt. Besonders interessant ist hier die Konstellation einer Beteiligung an einem versuchten Mord. Zum einen muss das Gericht zu der Überzeugung gelangt sein, dass die Tathandlungen der Angeklagten auch ihrem Ehemann und Angeklagten als Mittäter zugerechnet werden könenn und zum anderen ist auch die Frage nach dem Vorliegen eines Mordmerkmals des Angeklagten spannend.
Das Gericht hatte weder Zweifel an der Beteiligung des Angeklagten noch an seinem Motiv. Er habe sich des Ex-Partners seiner Frau entledigen wollen und in Ruhe ein Familienleben in Stuttgart führen wollen. Auch die Schuldfähigkeit der Angeklagten stand für das Gericht fest. Letztere hatte während des Prozesses auf eine psychische Erkrankung verwiesen und die Tat eingeräumt, mit der Behauptung, alleinige Täterin gewesen zu sein.
In der 95-minütigen Urteilsbegründung fand die vorsitzende Richterin allerdings deutliche Worte. Sie sagte, es handle sich um einen außergewöhnlichen Fall, schließlich seien beide Angeklagte beruflich sehr erfolgreich gewesen. Verbrechen kämen aber in allen Gesellschaftsschichten vor. Hier sei die Fallhöhe besonders hoch. Strafschärfend wertete das Gericht die Tatsache, dass die Angeklagte ihrer eigenen Tochter den Vater durch den Mord nehmen wollte.
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