Sachverhalt beruht auf einem Gedächtnisprotokoll
Eine anspruchsvolle Klausur, für die fundierte Sachenrechtskenntnisse erforderlich sind. Außerdem geht es durch das BGB AT sowie das Handels- und Gesellschaftsrecht.
Fall 1:
K ist Schreiner und stellt Holzmöbel her. Für die Herstellung seiner Möbel kauft er von dem Waldeigentümer V 500 Kubikmeter Holz zu einem Preis von 20.000 €. V übergibt dem K das Holz sofort, jedoch unter Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung durch K. V und K vereinbaren eine Individualvereinbarung mit folgendem Inhalt:
“Eine Be- und Weiterverarbeitung des von dem Vorbehaltsverkäufer (V) gelieferten und in seinem Eigentum stehenden Holzes durch den Vorbehaltskäufer (K) wird für V vorgenommen, so dass V als Hersteller gilt und spätestens mit der Weiterverarbeitung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften Eigentum an dem hergestellten Produkt erwirbt.”
K fertigt in der Folgezeit aufwändige Schaukelstühle aus dem von V gekauften Holz, welche einen Wert von insgesamt 80.000 € haben. Bevor K das Holz gänzlich bezahlt hat, muss er ein Darlehen bei dem Privatmann L aufnehmen. Zur Sicherung des Darlehens übereignet K dem L die aus dem Holz des V gefertigten Schaukelstühle. Sie einigen sich darauf, dass diese auf dem Gelände des K verbleiben. Später kündigt L das Darlehen gegenüber K wirksam und fristgemäß.
Frage 1: Wer ist Eigentümer der Schaukelstühle? Fragen der Übersicherung sind außer Acht zu lassen.
Fall 2:
A ist eingetragener Kaufmann. Er produziert und vertreibt Berufskleidung für verschiedene Branchen. Sein gewerbliches Unternehmen erfordert nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. A arbeitet mit der selbständigen Modedesignerin M zusammen, welche für den A die Schnittentwicklung und die Kollektionsgestaltung übernimmt. Am 10.12.2019 schließt A einen Kaufvertrag mit Z über einen Computer zu einem Preis von 1.000 €. Diesen will A für seinen Betrieb nutzen. Z liefert den Computer am 18.12.2019 ordnungsgemäß an A. Den Kaufpreis zahlt A nicht.
Zu Beginn der Corona-Pandemie entwirft M Mund-Nasen-Bedeckungen. Im Frühjahr 2020 beginnt A mit der Produktion. Zunächst verkaufen sich die Masken besonders gut. Mehrere große Unternehmen erbitten von A in diesem Zuge Angebote über die Lieferung größerer Mengen von Masken. Die Interessenten teilen nach Zusendung der Angebote mit, dass sie die angebotenen Vertragsbedingungen zunächst überprüfen wollen.
Aufgrund der Corona-Pandemie und der guten Auftragslage geht A von zukünftig weiter steigenden Absätzen aus. Aus diesem Grund bietet er M einen Eintritt in sein Geschäft durch Beteiligung als persönlich haftende Gesellschafterin mit einer Bareinlage in Höhe von 200.000 € an. M soll in der neu zu gründenden Gesellschaft im Innenverhältnis zu einem Drittel am Gewinn und Verlusten des Unternehmens beteiligt werden. A will sein bisheriges Handelsgeschäft als Sacheinlage einbringen. Als A und M verhandeln, teilt er der M wahrheitswidrig mit, dass mehrere Großkunden Masken bereits vertraglich bindend bestellt hätten. Entsprechend dem Angebot des A formulierte ein Notar die notariell beurkundete “Aufnahmevereinbarung”, welche durch A und M am 02.05.2020 unterschrieben wurde. M zahlt die Einlage in Höhe von 200.000 €. Des Weiteren wird die Gesellschaft ordnungsgemäß im Handelsregister des zuständigen Amtsgerichts am 15.05.2020 eingetragen. Zunächst laufen die Geschäfte weiterhin gut. A kauft am 02.06.2020 im Namen der neu gegründeten Gesellschaft eine Produktionsmaschine zum Preis von 120.000 € bei X. Diese wird ordnungsgemäß geliefert und in Betrieb genommen. Dies geschah ohne Mitwirkung der M.
Ab September 2020 verschlechtern sich die Geschäfte des A jedoch enorm. Die erhofften Bestellungen von Großkunden, welche A gegenüber M bei den Aufnahmeverhandlungen wahrheitswidrig behauptet hat, bleiben zudem aus.
M beauftragt einen Rechtsanwalt, um bei den Angebotsadressaten Erkundigungen bzgl. der vermeintlichen Großbestellungen einzuholen. Am 20.09.2020 wird M die wahre Sachlage bekannt. Sie erklärt gegenüber A am 15.10.2020 die Anfechtung der “Aufnahmevereinbarung”. Sie sei arglistig getäuscht worden. M hätte die “Aufnahmevereinbarung” nicht geschlossen, wenn sie gewusst hätte, dass keine Bestellungen durch Großkunden vorlagen.
Frage 2: Hat X gegen M einen Anspruch auf Zahlung des noch offenen Kaufpreises für die Produktionsmaschine in Höhe von 120.000 €?
Frage 3: Hat Z gegen M einen Anspruch auf Zahlung des noch offenen Kaufpreises für den Computer in Höhe von 1.000 €?
Fall 3:
E und F sind Gesellschafter einer wirksamen OHG. Intern vereinbart ist zwischen E und F, dass E zu einem Drittel am Gewinn und Verlust der OHG beteiligt sein soll. Die OHG schuldet der G eine Kaufpreisforderung in Höhe von 3.000 €. E möchte bei der OHG Regress nehmen; dieser stehen jedoch keine Mittel dafür zur Verfügung. E ist der Meinung, dass er sich bei seinem Mitgesellschafter F schadlos halten könne.
Frage 4: Hat E gegen F einen Anspruch auf Zahlung von 3.000 € oder jedenfalls 2.000 €?
Bearbeitervermerk:
Schadensersatzansprüche aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB, Ansprüche aus GoA, unerlaubter Handlung und Bereicherungsrecht sind nicht zu prüfen.
Schaue Dir hier die (prüfungs-) relevanten Lerninhalte zu dieser Klausur an:
- Anfechtung, §§ 142 I, 119 ff. BGB
- Arglistige Täuschung, § 123 I 1. Fall BGB
- Eigentumserwerb an beweglichen Sachen
- Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen
- § 929 S. 1 BGB
- Eigentumsvorbehalt - Anwartschaftsrecht
- “Anwartschaftsrecht als wesensgleiches Minus zum Vollrecht”
- “Anwartschaftsrecht als dingliche Erwerbsposition”
- Prüfungsschema: Wichtige Vorschriften über Handelsgeschäfte, §§ 343 ff. HGB
- Eintritt in das Geschäft eines Einzelkaufmanns, § 28 HGB
- OHG, §§ 105 ff. HGB
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- Anfechtung, §§ 142 I, 119 ff. BGB
- Arglistige Täuschung, § 123 I 1. Fall BGB
- Eigentumserwerb an beweglichen Sachen
- Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen
- § 929 S. 1 BGB
- Eigentumsvorbehalt - Anwartschaftsrecht
- “Anwartschaftsrecht als wesensgleiches Minus zum Vollrecht”
- “Anwartschaftsrecht als dingliche Erwerbsposition”
- Wichtige Vorschriften über Handelsgeschäfte, §§ 343 ff. HGB (Überblick)
- Eintritt in das Geschäft eines Einzelkaufmanns, § 28 HGB
- OHG, §§ 105 ff. HGB