Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
A ist Eigentümer eines Hauses mit Flachdach. Am 01.06.2016 führt der Dachdeckern D Reparaturarbeiten beim dem Nachbarn des A durch. Bei der Gelegenheit bittet der A den D, dass er sich das Dach des A auch einmal ansehe und ggf. ein Angebot unterbreite.
Am 02.06.2016 übergibt der D dem A vor Ort ein Angebot zur Reparatur des Daches des A über 14.900 Euro. Eine irgendwie geartete Belehrung des A erfolgt dabei nicht. Dem A ist der Preis zwar etwas zu hoch, im Ergebnis erteilt er dem D aber den Auftrag.
Am 04.06.2016 teilt der D dem A mit, dass er sich noch einmal über den Preis Gedanken gemacht habe, und schlägt dem A folgende Gestaltung vor: A könne einen Teilbetrag i.H.v. 8.600 Euro überweisen und 5.300 Euro in bar zahlen. Ja, der A habe richtig gerechnet – er könne bei dieser Gestaltung 1.000 Euro sparen. Der A äußert zwar moralische Bedenken, lässt sich aber von der Ersparnis überzeugen.
Der D repariert wie vereinbart das Dach des A und repariert aus Gefälligkeit dabei auch eine Lampe an der Außenwand. A zahlt wie vereinbart den Werklohn.
Im November 2016 beauftragt der A den Malermeister H, Malerarbeiten an der Außenwand durchzuführen. Dabei erleidet der H einen Stromschlag, weil die Lampe von dem Gehilfen G des D nicht sachgemäß angebracht wurde. Der G war sonst immer sorgfältig. Die Heilbehandlungskosten belaufen sich bei H auf 1.200 Euro.
In Januar 2017 zeigen sich außerdem Mängel am reparierten Dach. A bittet den D, das Dach in Ordnung zu bringen. D weigert sich, überhaupt irgendwelche Arbeiten vorzunehmen. Sodann widerruft der A den Vertrag und erklärt zudem vorsorglich den Rücktritt vom Vertrag.
D ist der Auffassung, dass dem A kein Widerrufsrecht zustehe. Immerhin sei die Initiative zu dem Vertrag seinerzeit von A ausgegangen. Im Übrigen gebe es bei Bauarbeiten kein Widerrufsrecht.
Frage 1: Hat der A gegen D einen Anspruch auf Rückerstattung des gezahlten Werklohnes? Frage 2: Hat der H gegen D einen Anspruch auf Erstattung der Heilbehandlungskosten?
Unverbindliche Lösungsskizze
Frage 1: A gegen D auf Rückerstattung des gezahlten Werklohnes
A. §§ 355 III 1, 312b BGB
(Vertretbar wäre auch, , die Prüfung mit §§ 634 Nr. 3, 1. Fall, 323 I, 346 I BGB zu beginnen)
I. Anspruch entstanden
- Vertrag
-> Nur wenn zunächst ein Vertrag vorliegt, kann dieser widerrufen werden
-> Werkvertrag, § 631 BGB
a) Einigung, §§ 145 ff. BGB
-> Erfolg geschuldet (+)
b) Wirksamkeit
-> Verstoß gegen gesetzliches Verbot, § 134 BGB
aa) Gesetzesverstoß
-> § 1 II Nr. 2 SchwArbG
- Problem: Nachträgliche teilweise Ohne-Rechnung-Abrede
- aA: nur nachträgliche Abrede unwirksam; Arg.: isolierte Betrachtung
- hM: Vertrag insgesamt unwirksam; Arg: Sinn und Zweck des SchwArbG
bb) Rechtsfolge: Im Zweifel Nichtigkeit
Hier: (+); Arg.: Sinn und Zweck
*(vertretbar wäre an dieser Stelle auch, aus klausurtaktischen Gründen die Frage der Wirksamkeit des Vertrages dahinstehen zu lassen, um dann auf weitere im Sachverhalt angelegte Probleme beim Widerruf eingehen zu können. Die weitere Prüfung sähe dann wie folgt aus:
- Widerrufsrecht
a) Persönlicher Anwendungsbereich
- A = Verbraucher, § 13 BGB (+)
- D = Unternehmer, § 14 BGB (+)
b) Sachlicher Anwendungsbereich
Hier: §§ 312g, 312b I Nr. 1 BGB
3. Widerrufserklärung
a) Form, § 355 I BGB (+)
b) Frist, §§ 355 II, 356 BGB
Hier: Keine Belehrung nach EGBGB; Frist erlischt frühestens nach 1 Jahr und 14 Tagen, § 356 III 2 BGB
4. Kein Ausschluss
a) § 312 BGB
-> Bau eines Gebäudes oder erhebliche Umbaumaßnahmen, § 312 II Nr. 3 BGB (-);
Arg.: nur Reparaturarbeiten am Dach (andere Subsumtion vertretbar)
b) § 312g II Nr. 11 GG
-> Aufforderung des Verbrauchers an den Unternehmer, ihn wegen dringender Reparatur- bzw. Instandhaltungsarbeiten aufzusuchen (+);
Arg.: Arbeiten am Dach wohl dringend (andere Subsumtion aufgrund der wenigen Angaben vertretbar).
5. Ergebnis: (-)
II. Ergebnis: (-)*
B. §§ 634 Nr. 3 1. Fall, 636, 323, 346 BGB
I. Anspruch entstanden
- Wirksamer Werkvertrag
(-); s.o. - Ergebnis: (-)
II. Ergebnis: (-)
C. § 812 I 1 1. Fall BGB
I. Etwas erlangt
- Bzgl. Bargeld: Besitz und Eigentum an den Geldscheinen
- Bzgl. Überweisung: Auszahlungsanspruch gegen die eigene Bank
II. Durch Leistung (+)
III. Ohne Rechtsgrund
Hier: Werkvertrag nichtig (s.o.)
IV. Rechtsfolge: Herausgabe
-> Wertersatz, § 818 II BGB (+)
V. Kein Ausschluss
- § 814 BGB
(-); Arg.: wohl keine positive Kenntnis von Nichtigkeit bei A (andere Subsumtion vertretbar) - § 817 S. 2 BGB
Hier: beiderseitiger Verstoß gegen das SchwArbG
- Problem: Korrektur über § 242 BGB
- aA: (+); Arg: Billigkeit
- hM: (-); Arg.: Sinn und Zweck des SchwArbG
VI. Ergebnis (-)
D. § 817 S. 1 BGB
(-); Arg: § 817 S. 2 BGB (s.o.)
Frage 2: H gegen D auf Ersatz der Heilbehandlungskosten
A. § 280 I BGB
I. Schuldverhältnis
- H-D (-)
- A-D
- Bzgl. Dach: (-)
- Bzgl. Lampe: Gefälligkeitsvertrag; Arg.: gewerblicher Kontext; Risiken (andere Subsumtion – reine Gefälligkeit – vertretbar)
3. Einbeziehung des H (VSD)
(-); Arg.: keine Leistungsnähe des H, zumindest aber kein Einbeziehungsinteresse des A
4. Ergebnis: (-)
II. Ergebnis: (-)
B. § 823 I, II BGB
(-); Arg.: kein Verschulden des A, insbesondere auch keine Zurechnung gem. § 278 BGB
C. § 831 BGB
I. Verrichtungsgehilfe
(+); Arg.: G weisungsgebunden
II. Unerlaubte Handlung des G
Hier: § 823 I BGB und § 823 II BGB, § 229 StGB durch G; auf ein Verschulden des G kommt es nicht an.
III. In Ausführung (+)
IV. Verschulden des D
-> Vermutet; aber: Exkulpation („immer zuverlässig“)
V. Ergebnis: (-)
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