K erwirbt im Juli 2010 von dem Pferdehändler V eine Schimmelstute als Reitpferd. In § 2 des Kaufvertrages ist das Alter der Stute mit vier Jahren angegeben, was der Angabe im Pferdepass entspricht, wonach das Pferd am 20.4.2006 geboren sei. Nach § 5 des Kaufvertrages steht dieser unter der aufschiebenden Bedingung der erfolgreichen Durchführung einer Ankaufsuntersuchung durch die Tierarztpraxis T GbR.
V beauftragt daraufhin die T GbR unter Beifügung des Pferdepasses mit der Durchführung der klinischen Ankaufsuntersuchung, welche von deren Gesellschafter G durchgeführt wird. G untersucht das Gebiss der Stute. Dabei hätte ihm auffallen können und müssen, dass das Pferd noch ein vollständiges Milchgebiss hat und daher Zweifel an den Altersangaben im Pferdepass bestehen.
In den AGB der T GbR finden sich u.a. folgende Klauseln:
„1. Der Umfang der Untersuchung wird in Abstimmung mit dem Tierarzt festgelegt und durch das nachfolgende Protokoll wiedergegeben. Eine weitergehende Untersuchungspflicht besteht nicht. Eine Prognose zur zukünftigen Entwicklung des Gesundheitszustandes, der Einsatzfähigkeit und der Verwendbarkeit des Pferdes wird nicht gestellt.
Ist der Auftraggeber Verkäufer eines Pferdes, ist dieser berechtigt, das Untersuchungsprotokoll dem Kaufinteressenten vorzulegen. Der Käufer des Pferdes kann aus dieser Vorgehensweise keine Ansprüche gegen den Tierarzt herleiten. Darauf hat der Auftraggeber den Käufer ausdrücklich hinzuweisen.
Die Haftung des Tierarztes wird auf grobes Verschulden beschränkt. Sofern nicht der Anspruch aus Verletzung des Lebens, des Körpers und der Gesundheit von Menschen betroffen ist. Die Verjährungsfrist für eventuelle Haftungsansprüche gegen den Tierarzt beträgt sechs Monate.”
Später stellt sich heraus, dass das Pferd erst ca. 2 ½ Jahre alt war. K nimmt daraufhin V auf Schadensersatz in Anspruch. Vor dem Amtsgericht schließen K und V einen Vergleich, worin sich V verpflichtet, zur Abgeltung sämtlicher gegenseitiger Ansprüche an K 5.000,00 € zu zahlen. Weil V kurz darauf im Rahmen der Zwangsvollstreckung die eidesstattliche Versicherung abgeben muss, verlangt K nun von der T GbR Schadensersatz in Höhe von 4.000 €. Es handelt sich dabei um die Unterhaltskosten für das Pferd bis zur Vollendung des vierten Lebensjahres. Denn erst danach konnte K das Pferd als Reitpferd einsetzen.
Das OLG Hamm (Urt. v. 5.9.2013, Az. 21 U 143/12) gibt der Klage in der Berufungsinstanz statt.
Als Anspruchsgrundlage kommen §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB i.V.m. den Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte in Betracht.
I. Voraussetzungen des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte
Der Vertrag über die Durchführung einer klinischen Ankaufsuntersuchung ist als Werkvertrag einzuordnen. So hat der BGH im Jahre 2011 ausgeführt:
„Noch zutreffend stellt das Berufungsgericht fest, dass der Tierarzt bei der Ankaufsuntersuchung eines Pferdes nicht nur verpflichtet ist, die Untersuchung ordnungsgemäß durchzuführen, sondern er seinem Auftraggeber auch deren Ergebnis, insbesondere Auffälligkeiten des Tieres, mitzuteilen hat. Der mit der Ankaufsuntersuchung beauftragte Tierarzt schuldet einen fehlerfreien Befund. Erfüllt er insoweit seine Pflichten nicht, haftet er, weil der Vertrag als Werkvertrag einzuordnen ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 1983 - VII ZR 174/81, BGHZ 87, 239), gemäß § 634 Nr. 4, § 280 I BGB auf Ersatz des Schadens, der bei dem Vertragspartner dadurch entstanden ist, dass er das Pferd aufgrund des fehlerhaften Befundes erworben hat.“ (BGH, Urt. v. 22.12.2011, Az. VII ZR 136/11)
Da dieser Vertrag indes nicht zwischen K und der T GbR, sondern zwischen V und der T GbR geschlossen wurde, kann K vertragliche Ansprüche nur geltend machen, wenn er in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen ist. Unabhängig von der konkreten Rechtsgrundlage (das OLG Hamm zieht § 328 BGB analog heran) ist man sich weitgehend über die Voraussetzungen eines Vertrages (beachte: ein „echter Vertrag“ muss nicht vorliegen, es genügt jede schuldrechtliche Sonderverbindung, welche Pflichten nach § 241 II BGB auslöst, vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2010, Az. III ZR 246/09) mit Schutzwirkung für Dritte einig:
Leistungsnähe des Dritten
Einbeziehungsinteresse des Gläubigers
Erkennbarkeit für den Schuldner
-Schutzbedürftigkeit
So hat der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 2010 etwa ausgeführt:
„In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch dritte, an einem Vertrag nicht unmittelbar beteiligte Personen in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen werden können. Ihnen gegenüber ist der Schuldner zwar nicht zur Leistung, wohl aber unter Umständen zum Schadensersatz verpflichtet. … Die Einbeziehung Dritter in die Schutzwirkung eines Vertrages beruht darauf, dass die dritte Person wie der Mieter selbst mit der Leistung des Vermieters in Berührung kommt, also eine gewisse Leistungsnähe vorliegt. Weiter ist erforderlich, dass der Mieter der dritten Person etwa aufgrund eines Arbeitsverhältnisses Schutz und Fürsorge zu gewährleisten hat, was ein Einbeziehungsinteresse des Dritten begründet und dies für den Vermieter erkennbar ist. Dann entspricht es Sinn und Zweck des Vertrages sowie Treu und Glauben, dass dem Dritten der Schutz des Vertrages in gleicher Weise zugute kommt wie dem Gläubiger selbst.“ (BGH, Urt. v. 21.7.2010, Az. XII ZR 189/08)
Problematisch ist hier – wie in der Regel – insbesondere die Frage, ob das notwendige Einbeziehungsinteresse des Gläubigers V vorlag. Dagegen könnte Ziffer 2 der AGB der T GbR sprechen, wonach der Käufer des Pferdes keine Ansprüche gegen die T GbR herleiten könne.
So hatte noch im Mai der 12. Zivilsenat des OLG Hamm zu einem ähnlichen Sachverhalt entschieden:
„Aus dem Schutzbereich des Vertrages des Zeugen C2 mit dem Beklagten ist die in diesem Vertrag nicht namentlich erwähnte Klägerin vereinbarungsgemäß ausgeklammert worden. Nach den in den Vertrag einbezogenen AGB des Beklagten ist dessen Haftung gegenüber im Vertrag namentlich nicht aufgeführten Dritten ausdrücklich ausgeschlossen. Eine solche Haftungsbegrenzung ist rechtlich unbedenklich. Ob und welche Dritte sie in den Schutzbereich des von ihnen geschlossenen Vertrages einbeziehen, unterliegt im Rahmen der Vertragsfreiheit grundsätzlich der freien Disposition der Vertragsschließenden. AGB-rechtliche Bedenken gegen die Zulässigkeit einer entsprechenden Vereinbarung ergeben sich nicht. Durch die Regelung wird nicht die Kardinalpflicht zur Erstellung eines inhaltlich richtigen Gutachtens als solche aufgehoben oder inhaltlich eingeschränkt, sondern lediglich der Kreis derjenigen Personen begrenzt, denen gegenüber gehaftet werden soll. Daran, dass die Haftung gegenüber Dritten auf die im Vertrag ausdrücklich benannten Personen beschränkt wird, hat der Beklagte ein schutzwürdiges Interesse. Ohne diese Begrenzung ist er der Gefahr der Inanspruchnahme gegenüber einem nicht überschaubaren Personenkreis ausgesetzt. So ist denkbar, dass das Pferd nach einer Rückabwicklung des ersten Kaufvertrages erneut unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Ankaufsuntersuchung des Beklagten veräußert wird und deshalb mehrere Erwerber Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten geltend machen. Auch kann sich die Konstellation ergeben, dass mehrere Dritte den Beklagten dafür verantwortlich machen, dass sie wegen eines fehlerhaft negativen Untersuchungsbefundes von einem für sie günstigen Kauf Abstand genommen haben.“ (OLG Hamm, Urt. v. 29.5.2013, Az. 12 U 178/12 – Tz. 48)
Dem tritt nun jedoch der 21. Zivilsenat unter Berufung auf § 242 BGB entgegen:
„Einer Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte steht dabei nicht entgegen, dass nach den Allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten der Auftraggeber, vorliegend also der Verkäufer, zwar berechtigt sein sollte, das Untersuchungsprotokoll der Klägerin vorzulegen, diese aber aus einer solchen Vorgehensweise keinerlei Ansprüche herleiten können sollte. Durch die Verwendung einer solchen Klausel will die Beklagte offenbar bewusst die eigene Haftung gegenüber Kaufinteressenten nach den Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ausschließen, wenn nicht diese, sondern die potenziellen Verkäufer die Ankaufsuntersuchung in Auftrag geben.
Hiermit dringt sie allerdings nicht durch. Dabei verkennt der Senat zunächst nicht, dass sich die Klägerin grundsätzlich Haftungsbeschränkungen und -freizeichnungen, die sich aus dem Verhältnis zwischen der Beklagten und ihrem Vertragspartner, dem Verkäufer F, ergeben, analog § 334 BGB entgegenhalten lassen muss (vgl. BGH NJW 1971, 1931 [1932]). Eine Haftungsfreizeichnung nur zu Lasten der Klägerin ist aber in der vorliegenden Konstellation zum einen als venire contra factum proprium gem. § 242 BGB und zum anderen als AGB - was der Senat jedoch letztlich offen lassen kann - entweder bereits gem. §§ 309 Nrn. 7 und 8 lit. b) aa) BGB oder aber jedenfalls gem. § 307 I und II BGB unwirksam (vgl. MünchKomm/Gottwald, 6. Aufl. 2012, § 328 BGB, Rdnr. 191 mwN.).
Der insoweit (möglicherweise) gegenteiligen Auffassung des 12. Zivilsenats (vgl. OLG Hamm, Urteil v. 29.05.2013, Az. 12 U 178/12, Tz. 37, zit. nach juris, aus dem sich der genaue Wortlaut der dort einschlägigen Klausel allerdings nicht ergibt) folgt der erkennende Senat nicht. Die Beklagte kann nicht einerseits dadurch einen Vertrauenstatbestand schaffen, dass sie die Vorlage des Untersuchungsergebnisses an den jeweiligen Kaufinteressenten ausdrücklich gestattet, weil es gerade Sinn und Zweck einer - auch vom Verkäufer in Auftrag gegebenen - Ankaufsuntersuchung ist, dem Käufer hierdurch eine (entscheidende) Grundlage für seinen Kaufentschluss zu verschaffen, zugleich aber jegliche Haftung hierfür gegenüber dem Dritten ausschließen wollen. Dies gilt umso mehr, als ein Schaden infolge einer fehlerhaft durchgeführten Ankaufsuntersuchung typischerweise gerade - ausschließlich - beim Käufer eintritt.“
Zu der Frage der Schutzbedürftigkeit verhält sich das aktuelle Urteil nicht, obwohl man argumentieren könnte, dass K gegen V inhaltsgleiche Ansprüche aus dem Kaufvertrag herleiten kann. Auch daran hatte der 12. Zivilsenat den Vertrag mit Schutzwirkungen scheitern lassen (OLG Hamm, Urt. v. 29.5.2013, Az. 12 U 178/12 – Tz. 50 ff.)
II. Mangelhaftigkeit des Untersuchungsbefundes
Der Senat geht davon aus, dass die T GbR, die sich das Verhalten ihres Gesellschafters analog § 31 BGB zurechnen lassen müsse, verpflichtet gewesen sei, auf die sich ergebenden Zweifel an dem wahren Alter der Stute hinzuweisen. Insoweit lässt sich die Mangelhaftigkeit des Untersuchungsergebnisses aus § 633 II Nr. 2 BGB herleiten. Der Senat spricht an dieser Stelle allerdings davon, dass die T GbR eine Nebenpflicht verletzt habe. Das ist widersprüchlich, da es sich bei der Mangelhaftigkeit eines Werkes immer um die Verletzung einer Hauptleistungspflicht i.S.v. § 631 BGB handelt.
III. Vertretenmüssen
Gem. § 280 I 2 BGB wird das Vertreten der T GbR, die sich auch hier das Verschulden ihres Gesellschafters analog § 31 BGB zurechnen lassen muss, vermutet. Aus Ziffer 3 der AGB könnte sich aber eine Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit ergeben. Diese Klausel hält aber nach Auffassung des OLG Hamm einer Inhaltskontrolle nicht stand:
„Dem steht nicht entgegen, dass die maßgebliche Klausel den Anforderungen des § 309 Nr. 7 BGB formal entspricht. Eine Haftungsfreizeichnung bzw. -beschränkung ist nämlich nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. u. a. NJW 1993, 335 mwN.), der der Senat folgt, gem. § 307 I, II Nr. 2 BGB insbesondere dann unwirksam, wenn die verwendete Klausel wesentliche Pflichten (“Kardinalpflichten”), die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Dabei kommt es für die Frage, ob die Klausel wirksam ist oder nicht, naturgemäß nicht auf den Einzelfall an, vorliegend also die Frage, ob insbesondere die Altersbestimmung anhand des Zahnstatus oder Feststellungen zur Eignung des Pferdes als Reitpferd eine Kardinalpflicht waren. Abzustellen ist vielmehr auf die abstrakte Formulierung der Klausel. Danach hat die Beklagte ihre Haftung generell, ohne nach einzelnen Pflichten zu differenzieren, auf grobes Verschulden beschränkt, sofern nicht ein Anspruch aus Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit von Menschen betroffen ist. Sie erfasst mithin ohne jede Einschränkung Schädigungen des Auftraggebers bei der Erbringung einer geschuldeten Leistung der Beklagten und schließt dadurch die Haftung der Beklagten auch für den Fall einer etwaigen schuldhaften Verletzung vertraglicher Hauptleistungspflichten aus. Eine so weitgehende Einschränkung selbst der Hauptleistungspflichten der Beklagten gefährdet zweifellos die Erreichung des Vertragszwecks, weil die Beklagte nach der Formulierung der Klausel auch bei der Erbringung ihrer Hauptleistungspflichten die hierbei gebotene Sorgfalt bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit sanktionslos vernachlässigen durfte (vgl. BGH NJW 1993, 335 f.).“
IV. Fristsetzung?
Würde es sich bei dem geltend gemachten Anspruch um Schadensersatz statt der Leistung handeln, würde es grds. einer Fristsetzung bedürfen (§§ 280 I, III, 281 I BGB). Die Abgrenzung zwischen Schadensersatz neben und statt der Leistung ist bekanntlich hochdiffizil. Das OLG Hamm führt aus:
„Da durch eine Nachbesserung des Gutachtens der streitgegenständliche Schaden, der der Klägerin durch den Ankauf des Pferdes entstanden ist, nicht mehr verhindert oder vermindert werden kann, sondern die Klägerin vielmehr Schadensersatz wegen Mangelfolgeschäden begehrt, war eine mit einer entsprechenden Fristsetzung verbundene Aufforderung zur Mängelbeseitigung (§§ 634 Nr. 4, 281 BGB) entbehrlich (vgl. BGH NJW 2009, 2674, Tz. 9 mwN.; Kniffka/Krause-Allenstein, Bauvertragsrecht; Stand 2012, § 636 BGB, Rdnr. 42; OLG Hamm, NJOZ 2006, 4207 f.).“
V. Auswirkungen des geschlossenen Vergleichs?
Nach der Rechtsprechung des BGH sind Verkäufer und Tierarzt als Gesamtschuldner anzusehen, weil Verkäufer und Tierarzt gleichstufig auf dasselbe Erfüllungsinteresse haften. Dazu hat der BGH im Jahre 2011 ausgeführt:
„Die Gleichstufigkeit der Verpflichtungen ergibt sich daraus, dass sowohl der Verkäufer als auch der Tierarzt die Unterbringungs- und Behandlungskosten mit einer Geldzahlung ersetzen müssen, ohne dass einer der Schuldner nur subsidiär oder vorläufig für die andere Verpflichtung einstehen muss (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2006 - VI ZR 136/05, NJW 2007, 1208). Auf die Einordnung als Verwendungsersatz gemäß § 347 II BGB oder als Schadensersatz kommt es ebenso wenig an wie auf die Frage, ob ein Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses oder des positiven Interesses geltend gemacht wird. Auch ist unerheblich, dass der Verkäufer möglicherweise trotz fehlenden Verschuldens haftet, während die Haftung des Tierarztes Verschulden voraussetzt (OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Mai 2011 - 1 U 6/11). Entscheidend ist allein, dass sowohl der Verkäufer als auch der Tierarzt verpflichtet sind, die Unterbringungs- und Behandlungskosten zu ersetzen. Insoweit wird ein inhaltsgleiches Gläubigerinteresse befriedigt. Sowohl der Verkäufer als auch der Tierarzt haben für die Beseitigung des gleichartigen Vermögensnachteils einzustehen, den der Käufer dadurch erlitten hat, dass jeder von ihnen seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 1965 - GSZ 1/64, BGHZ 43, 227, 230; Urteil vom 19. Dezember 1968 - VII ZR 23/66, BGHZ 51, 275, 277). Es kommt auch nicht darauf an, dass Verkäufer und Tierarzt, bezogen auf das Kaufgeschäft, nicht im selben Lager stehen und kein gemeinsames Interesse verfolgen. Ohne Belang ist auch, dass Verkäufer und Tierarzt unterschiedliche Hauptleistungspflichten zu erfüllen haben (OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Mai 2011 - 1 U 6/11, S. 7).“ (BGH, Urt. v. 22.12.2011, Az. VII ZR 7/11)
Insoweit könnte sich aus § 423 BGB, der auf Prozessvergleiche (§ 779 BGB, § 794 I Nr. 1 BGB) entsprechend anzuwenden ist, eine Wirkung (auch) zugunsten der T GbR ergeben. Dazu führt das OLG Hamm aber aus:
„Gem. § 423 BGB wirkt ein zwischen dem Gläubiger und einem Gesamtschuldner vereinbarter Erlass zwar auch für die übrigen Schuldner, wenn die Vertragschließenden das ganze Schuldverhältnis aufheben wollen. Entsprechendes gilt für den Abschluss eines Vergleichs und zwar auch für eine lediglich beschränkte Gesamtwirkung. Ob ein Vergleich aber Gesamtwirkung haben soll, ist durch Auslegung des Vertrags zu ermitteln. Im Zweifel kommt einem Vergleich mit einem Gesamtschuldner grundsätzlich keine Gesamtwirkung zu. Eine Gesamtwirkung kann aber angenommen werden, wenn sich aus dem Vergleich ausdrücklich oder den Umständen nach ergibt, dass der Gläubiger den Willen hatte, auch gegenüber dem nicht am Vergleich beteiligten Gesamtschuldner auf weitergehende Ansprüche zu verzichten und ihn deshalb nicht mehr in Anspruch zu nehmen (vgl. BGH NJW 2012, 1071, Tz. 11 und 21 mwN.).
Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere lässt sich allein aus dem Umstand, dass nach Ziff. 4. des Vergleichs (Bl. 48 R d. BA) mit Zahlung der Vergleichssumme und der noch festzusetzenden Kosten sämtliche wechselseitigen Ansprüche erloschen sein sollten, nicht entnehmen, dass damit auch etwaige noch gegen die Beklagte bestehenden Ansprüche abgegolten sein sollten (vgl. BGH aaO.). Ungeachtet dessen sind die Ansprüche der Klägerin gegen den Zeugen F mangels Zahlung schon nach dem Wortlaut von Ziff. 4. des Vergleichs bislang gerade nicht erloschen.“
Puh. Eine Entscheidung, die es in sich hat! Sie behandelt nicht nur hochrelevante Probleme des allgemeinen Schuldrechts, sie zeigt auch die Uneinigkeit zwischen zwei Senaten innerhalb desselben Oberlandesgerichts auf. Nicht zuletzt deswegen dürfte diese Entscheidung Prüfungsämtern (nicht nur in NRW) ins Auge springen.
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