Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte (VSD)

Aufbau der Prüfung - Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte (VSD)

Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ist nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Beispiel: A wohnt bei seinen Eltern, welche zur Miete wohnen. A rutscht im Treppenhaus aus, weil der Vermieter nicht ordnungsgemäß gewienert hat. Jetzt verlangt A von V Schadensersatz. Im vorliegenden Fall hat A gegen V deliktische Ansprüche. Darüber hinaus könnte auch ein vertraglicher Schadensersatz gegeben sein, wenn ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte vorläge. Die Schadensersatzprüfung richtet sich hierbei nach § 280 I BGB wegen der Pflichtverletzung im Rahmen des Mietvertrags, der zwischen den Eltern des A und V geschlossen wurde. Hierfür müsste A jedoch in den Schutzbereich dieses Vertrags mit einbezogen worden sein. Eine solche Einbeziehung könnte hier vorgenommen werden, wenn der Mietvertrag zwischen den Eltern und dem V ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte sein sollte. 

A. Herleitung

Da der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte gesetzlich nicht geregelt ist, muss zunächst eine Herleitung erfolgen. Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte wird entweder aus den Grundsätzen der Vertragsauslegung, vgl. §§ 133, 157 BGB, oder dem Grundsatz von Treu und Glauben hergeleitet, vgl. § 242 BGB. Hierbei kann dahingestellt bleiben, woraus der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte hergeleitet wird, da die Existenz dieses Instituts und dessen Voraussetzungen nicht umstritten sind. 

B. Voraussetzungen

I. Leistungsnähe des Dritten

Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte setzt zunächst die Leistungsnähe des Dritten voraus. Dritter ist im vorliegenden Beispiel der A, der nicht selbst Vertragspartner des V ist. Beim Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ist der Dritte immer dann leistungsnah, wenn er bestimmungsgemäß mit der Leistung und daher auch den Folgen der Schlechtleistung in Berührung kommt. Dies ist im vorliegenden Fall gegeben, da A als Bewohner des Hauses mit der Leistung des Mietvertrags bestimmungsgemäß in Berührung kommt.

II. Einbeziehungsinteresse des Gläubigers

Weiterhin verlangt der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ein Einbeziehungsinteresse des Gläubigers. Der Gläubiger hat ein Interesse daran, dass der Dritte in den Vertrag einbezogen wird, wenn er für das Wohl und Wehe des Dritten einzustehen hat. Beispiel: Eltern für ihre Kindern, Arbeitgeber für die Arbeitnehmer. Mittlerweile genügt jedoch jedes berechtigte Interesse, sofern der Dritte im Lager des Gläubigers steht. Beispiel: A wohnt bei seinen Eltern und bekommt Besuch von seinem Freund B. B rutsch im Treppenhaus aus, weil der Vermieter nicht ordnungsgemäß gewischt hat. Dann haben die Eltern des A nicht für das Wohl und Wehe des B einzustehen. Sie haben jedoch ein berechtigtes Interesse daran, gefahrlos Besuch zu empfangen zu können. Dies bezieht sich auch auf die Freunde ihres Sohnes.

III. Erkennbarkeit von I. und II. für Schuldner

Ferner fordert der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte die Erkennbarkeit von der Leistungsnähe des Dritten und dem Einbeziehungsinteresse des Gläubigers für den Schuldner. Auf ein tatsächliches Erkennen kommt es hingegen nicht an. Hier war es für den V erkennbar, dass auch andere Personen bei den Eltern des A wohnen und die Eltern ein berechtigtes Interesse daran haben, dass diese Personen nicht zu Schaden kommen.

IV. Schutzbedürftigkeit des Dritten

Zuletzt müsste der Dritte auch schutzbedürftig sein. Dies ist er immer dann, wenn er keine eigenen, inhaltsgleichen, vertraglichen Ansprüche gegen den Schuldner hat. Hier kämen nur deliktische Ansprüche in Betracht. Im Deliktsrecht ist das Vertretenmüssen jedoch zu beweisen, während es im Rahmen des § 280 I BGB vermutet wird. 

C. Rechtsfolge: "Anspruch wird zum Schaden gezogen"

Als Rechtsfolge wird beim Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte der Anspruch zum Schaden gezogen. Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ist somit bei dem Prüfungspunkt „Schuldverhältnis“ zu prüfen. Wenn die weiteren Voraussetzungen des § 280 I BGB vorliegen, besteht ein Anspruch auf Schadensersatz. Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ist von dem echten Vertrag zugunsten Dritter abzugrenzen, vgl. §§ 328 ff. BGB. Beim echten Vertrag zugunsten Dritter erwirbt der Dritte ein eigenes Forderungsrecht, also einen primären Erfüllungsanspruch, während beim Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte nur Sekundäransprüche in Betracht kommen. 

(D. Kein Ausschluss)

Zuletzt darf der Schadensersatzanspruch nicht (teilweise) ausgeschlossen sein. Dies liegt beispielsweise bei einem Mitverschulden des Dritten vor, vgl. § 254 BGB. Dies gilt im Übrigen auch, wenn den Gläubiger ein Mitverschulden trifft. Dieses Mitverschulden muss sich der Dritte zurechnen lassen. Denn es wäre unbillig, wenn er mehr Ansprüche aus dem Vertrag ableiten kann, als es der Gläubiger als eigentlicher Vertragspartner könnte. Dies folgt aus dem Rechtsgedanken des § 334 BGB.

 

 

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