BGH zur Wandfeuchte im Altbau-Souterrain

BGH zur Wandfeuchte im Altbau-Souterrain

Handelt es sich bei einer Wandfeuchte in Altbau-Souterrain-Wohnungen um einen Sachmangel und ist die Berufung auf einen Haftungsausschluss nach § 444 BGB nicht möglich?

Im Falle des Vorliegens eines Sachmangels gem. § 434 BGB kann der Käufer Schadensersatz verlangen. Dies gilt nicht bei Bestehen eines wirksamen vertraglichen Haftungsausschlusses, es sei denn, dass er sich auf diesen nach § 444 BGB nicht berufen kann, weil er den Mangel arglistig verschwiegen hat.

A. Sachverhalt

Die Beklagten (V) erwarben 1999 zwei im Souterrain eines Altbaus befindliche Eigentumswohnungen. Bei den Außenwänden ließen sie zur Verhinderung des Eintritts von Feuchtigkeit eine horizontale Sperre einbringen. Im selben Jahr beschloss die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, dass etwaige Sanierungsmaßnahmen aufgrund von Feuchtigkeitsschäden durch die jeweiligen Wohnungseigentümer auf deren Kosten vorzunehmen seien. 2017 holten V ein Sanierungsangebot einer Fachfirma ein, in welchem Feuchtigkeitsschäden im Sockelbereich der Wohnungen ausgewiesen wurden und dass eine Horizontalabdichtung nicht zu erkennen sei. Noch im selben Jahr wurden die Wohnungen von V über einen Makler in einem entsprechenden Exposé für 745.000 Euro zum Kauf angeboten. Darin stand unter anderem, dass das Gebäude aus dem Jahr 1904 stammt und die Wohnungen wurden als im Jahr 1999 kernsaniert bezeichnet.

2018 erwarben die Kläger (K) die Eigentumswohnungen in einem notariell beurkundeten Kaufvertrag für 675.000 Euro unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel. Darin heißt es unter anderem:

„Der Käufer kauft den Vertragsgegenstand im gegenwärtigen, gebrauchten Zustand. Er hat den Vertragsgegenstand eingehend mit einem Gutachter und einem Architekten besichtigt. Die Beteiligten treffen keine Beschaffenheitsvereinbarung zum Vertragsgegenstand. (…) Dem Käufer ist der Feuchtigkeitsschaden an der Außenwand des hinteren großen Zimmers der Wohnung Nr. 1 bekannt. Dem Käufer ist ferner bekannt, dass das Gebäude im Jahr 1904 errichtet wurde und sich in unmittelbarer Rheinnähe befindet und einzelne Räume im Souterrain liegen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass in der Zukunft Probleme mit Feuchtigkeit auftreten.“

Die Wohnungen im Souterrain wiesen eine erhebliche Wandfeuchte auf. Aufgrund der Arbeiten zur Behebung der Feuchtigkeitsschäden konnten K nicht wie geplant zum 01.09.2018 einziehen, sondern erst zum 01.01.2020. Für diesen Zeitraum mussten sie weiter in ihrer alten Wohnung wohnen und die Miete zahlen und auch die entsprechenden Nebenkosten der neuen Wohnung, wobei sich diese Kosten auf 32.500 Euro beliefen.

K verlangen von V die Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 32.500 Euro.

B. Entscheidung

K machen insofern einen Schadensersatzanspruch geltend.

Vertraglicher Anspruch

K könnten gegen V einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung i.H.v. 32.500 Euro nach §§ 437 Nr. 3, 280 I 1, III, 281 I 1 BGB haben.

(Vertragliche Primäransprüche, welche aus Sicht des Käufers auf Erfüllung nach § 433 I 1 BGB gerichtet sind, kommen nicht in Betracht. Bei dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch im Rahmen des Gewährleistungsrechts handelt es sich um einen vertraglichen Sekundäranspruch.)

Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280 I 1, III, 281 I 1 BGB sind:

I. Kaufvertrag

II. Gewährleistungsgrund bei Gefahrübergang

III. Kein Gewährleistungsausschluss

IV. Rechtsfolge: Schadensersatz

V. Durchsetzbarkeit

I. Kaufvertrag

Zwischen K und V ist ein entsprechender notariell beurkundeter Kaufvertrag über zwei im Souterrain eines Altbaus befindliche Eigentumswohnungen zu einem Preis von 675.000 Euro geschlossen worden, §§ 433, 311b I 1 BGB.

II. Gewährleistungsgrund bei Gefahrübergang

Ferner müsste ein Gewährleistungsgrund, also ein Sachmangel nach § 434 BGB, bei Gefahrübergang bestanden haben.

1. Sachmangel

Gem. § 434 I BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht. Damit besteht ein Gleichrang dieser Fehlerbegriffe. Um eine mangelfreie Sache handelt es sich nur, wenn alle Kriterien kumulativ erfüllt sind. Ein Sachmangel liegt vor bei einer negativen Abweichung der Ist-Anforderungen von den Soll-Anforderungen. Vorliegend könnten die zwei im Souterrain eines Altbaus befindlichen Eigentumswohnungen aufgrund einer erheblichen Wandfeuchte der Räume weder den subjektiven noch den objektiven Anforderungen nicht entsprechen.

Eine Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 II 1 Nr. 1 BGB wurde nicht vereinbart, sondern vielmehr vertraglich ausgeschlossen. Jedoch könnten sich die Wohnungen nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignen gem. § 434 II 1 Nr. 2 BGB. Ferner entspricht die Sache nicht den objektiven Anforderungen nach § 434 III 1 Nr. 1 BGB, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung nicht eignet. Eine Eignung zur gewöhnlichen Verwendung ist objektiv zu beurteilen.

„Die vertraglich vorausgesetzte Verwendung einer Souterrainwohnung ist das Wohnen, weshalb der Käufer regelmäßig erwarten darf, dass die Wohnung trocken ist, auch wenn sie in einem Altbau gelegen ist …. Die vertragsgemäße Verwendung (Wohnen) stimmt mit der üblichen Verwendung überein. Als Wohnung verkaufte Räume im Souterrain eines Altbaus, die bei Gefahrübergang erhebliche Wandfeuchtigkeit aufweisen, sind regelmäßig weder für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung noch für die gewöhnliche Verwendung zum Wohnen geeignet und infolgedessen mangelhaft.”

Damit entspricht die Sache weder den subjektiven Anforderungen noch den objektiven Anforderungen. Dementsprechend stellt die erhebliche Wandfeuchte der Räume der zwei im Souterrain eines Altbaus befindlichen Eigentumswohnungen einen Sachmangel nach § 434 II 1 Nr. 2, III 1 Nr. 1 BGB dar.

2. Bei Gefahrübergang

Dieser Sachmangel lag bei der Übergabe und somit bei Gefahrübergang nach § 446 S. 1 BGB vor.

III. Kein Gewährleistungsausschluss

Es dürfte kein Gewährleistungsausschluss vorliegen. Ein gesetzlicher Gewährleistungsausschluss nach § 442 I 1 BGB ist nicht gegeben. Danach sind die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt.

„Aus dem Umstand, dass die Kl. unter Hinweis auf die nicht abschätzbaren Kosten für die Beseitigung des Feuchtigkeitsschadens sowie für die Modernisierung der Bäder einen um 70.000 EUR niedrigen Kaufpreis geboten haben, kann für sich genommen auf eine Kenntnis nicht geschlossen werden. Denn die Äußerungen der Kl. zu der Feuchtigkeit können sich ohne Weiteres nur auf die offengelegte Feuchtigkeit an einer Außenwand bezogen haben.”

Allerdings haben die Parteien einen vertraglichen Gewährleistungsausschluss getroffen. Dieser findet jedoch seine Grenze in § 444 BGB. Danach kann sich der Verkäufer auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen werden, nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen hat.

„Arglistig i.S.v. § BGB § 444 BGB handelt bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels, wer einen Sachmangel mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Sachmangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt abgeschlossen hätte.”

Insofern kann eine aktive Täuschung nicht ausgeschlossen werden.

„Die Kl. haben, wie die Revision zutreffend geltend macht, vorgetragen, die Bekl. hätten dem von den Kl. beauftragten Architekten mitgeteilt, dass „die anlässlich der Besichtigung der Wohneinheiten sichtbaren Feuchtigkeitsmängel die Ursache eines Mangels seien, welcher zwischenzeitlich seitens der Gemeinschaft behoben worden sei“. Den dazu von den Kl. angebotenen Zeugenbeweis hat es nicht erhoben. Zugunsten der Revision ist deshalb davon auszugehen, dass die Bekl. diese Erklärung abgegeben haben. Damit kommt in Betracht, dass die Bekl. zum Bestehen, zum Ausmaß und zur Ursache der Feuchtigkeit falsche Angaben gemacht haben.”

Ebenso könnte eine Offenbarungspflicht hinsichtlich der Mängel für V bestanden haben. Zwar besteht

„für Mängel, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne Weiteres erkennbar sind, keine Offenbarungspflicht…. Der Käufer kann insoweit eine Aufklärung nicht erwarten, weil er diese Mängel bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann …. Wenn dem Verkäufer offenbarungspflichtige Tatsachen bekannt sind, ist ein arglistiges Verschweigen jedoch auch dann gegeben, wenn der wahre Umfang der aufklärungspflichtigen Tatsache nicht angegeben, sondern bagatellisiert wird.”

Dies war der Fall.

„Im Kaufvertrag wird lediglich auf den Feuchtigkeitsschaden an einer näher spezifizierten Außenwand hingewiesen. Die selektiven Hinweise waren geeignet, die Erwartung zu wecken, dass die Wohnungen abgesehen von dem konkreten Feuchtigkeitsschaden an einer Wand trocken sind. Der zusätzliche Hinweis im Kaufvertrag, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass in Zukunft Probleme mit Feuchtigkeit auftreten, lässt ebenfalls den Schluss zu, dass jedenfalls in der Gegenwart und damit im maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrübergangs mit Ausnahme der ausdrücklich genannten Feuchtigkeit an einer Wand keine Feuchtigkeit vorhanden ist. Er steht zudem im Zusammenhang mit dem Hinweis auf die Lage in Rheinnähe und der dadurch abstrakt bestehenden Gefahr hochwasserbedingter Feuchtigkeit, was zusätzlich geeignet ist, den sichtbaren Feuchtigkeitsschaden zu bagatellisieren.”

Demnach haben V den Mangel arglistig verschwiegen. Damit liegt kein (wirksamer) Gewährleistungsausschluss vor.

IV. Rechtsfolge: Schadensersatz

Als Rechtsfolge können K nach §§ 437 Nr. 3, 280 I 1, III, 281 I 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Gem. §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB ist der Käufer zunächst verpflichtet, Nacherfüllung zu verlangen. Dabei steht dem Käufer grundsätzlich das Wahlrecht zwischen Mangelbeseitigung oder Nachlieferung zu, es sei denn, es liegt ein Fall von § 275 I, II, III BGB oder § 439 IV BGB vor. Nach erfolgloser Fristsetzung zur Nacherfüllung (vgl. § 440 BGB) kann der Gläubiger Schadensersatz gem. § 437 Nr. 3 BGB verlangen jeweils unter Verweis auf die angegebenen Vorschriften. Eine Fristsetzung war aufgrund der Unmöglichkeit nach § 275 I BGB entbehrlich.

Zudem müssten K einen Schaden, also ein unfreiwilliges Vermögensopfer, erlitten haben. Im Rahmen der von § 249 I BGB vorausgesetzten Differenzhypothese (= Differenz zwischen realer und hypothetischer Vermögenslage) kann Schadensersatz verlangt werden. Als Schadenspositionen werden die Kosten für die Miete der alten Wohnung und auch die entsprechenden Nebenkosten der neuen Wohnung für den Zeitraum vom 01.09.2018 bis 31.12.2019 i.H.v. insgesamt 32.500 Euro geltend gemacht.

Somit kann Schadensersatz i.H.v. 32.500 Euro verlangt werden.

V. Durchsetzbarkeit

Gewährleistungsansprüche sind z.B. nicht durchsetzbar, wenn ein Fall der §§ 275 II, III, 439 IV BGB gegeben ist oder sie verjährt sind. Die Verjährung der Mängelansprüche ist in § 438 BGB geregelt. Gem. § 438 I Ziff. 2 BGB verjähren diese bei einem Bauwerk in 5 J. Die Ansprüche sind noch nicht verjährt und somit durchsetzbar.

Ergebnis

K haben gegen V einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung i.H.v. 32.500 Euro nach §§ 437 Nr. 3, 280 I 1, III, 281 I 1 BGB.

C. Prüfungsrelevanz

Das Gewährleistungsrecht des Kaufrechts ist ein großer Schwerpunkt der Examensklausuren. In der vorliegenden Entscheidung ging es dabei um einen Sachmangel aufgrund von Feuchtigkeit in den Wänden einer Souterrain-Wohnung sowie die Arglist im Rahmen eines vertraglichen Gewährleistungsausschlusses.

Die Entscheidung ist höchst prüfungsrelevant, da sie die Möglichkeit bietet, sich mit den üblichen Fragestellungen des Leistungsstörungsrechts auseinanderzusetzen.

(BGH Urt. v. 21.06.2024 – V ZR 79/23)

BlogPlus

Du möchtest weiterlesen?

Dieser Beitrag steht exklusiv Kunden von Jura Online zur Verfügung.

Paket auswählen