LG Berlin zur außerordentlichen Kündigung eines ehemaligen Fußballprofis

LG Berlin zur außerordentlichen Kündigung eines ehemaligen Fußballprofis

Zulässige Verdachtskündigung wegen angeblicher Informationsweitergabe?

Eine Kündigung kann leider jeden treffen. Umso schwerwiegender ist es jedoch, wenn es sich dabei nicht um eine ordentliche Kündigung handelt, die erst nach einer gewissen Kündigungsfrist wirksam wird, sondern um eine außerordentliche Kündigung, bei der ohne Einhaltung einer Frist das jeweilige Vertragsverhältnis beendet werden kann. Ist dieser Vertrag Einkommensgrundlage, so ist es umso problematischer, wenn es sich bei der fristlosen Kündigung um eine Verdachtskündigung handelt. Denn in einer solchen Konstellation ist eben gerade die Tat (noch) nicht bewiesen, sondern wird nur vermutet. Wann es sich lohnt, gegen eine Verdachtskündigung vorzugehen und nach welchen Kriterien diese Kündigung gerichtlich auf ihre Wirksamkeit überprüft wird, zeigt dieser jüngst entschiedene prominente Fall.

Was war geschehen?

Der ehemalige Fußball-Europameister Fredi Bobic war in der Saison 2022/23 Geschäftsführer Sport beim derzeitigen Zweitligisten Hertha BSC. Bereits im Januar 2023 kündigte ihm der Verein zunächst ordentlich, am 10. Februar dann auch noch außerordentlich. Als Gründe gab der Verein zum einen an, dass der Sportgeschäftsführer einem Journalisten Gewalt angedroht habe, wofür er sich unmittelbar danach auch entschuldigte. Zum anderen ging es um den Verdacht, er habe geheime Unterlagen weitergegeben.

Hertha stützte die Verdachtskündigung darauf, er habe dem Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt und damaligen Interimsgeschäftsführer der Deutschen Fußball Liga Hellmann ein Eckdatenpapier über die Zusammenarbeit von Hertha und einem Investor übergeben. Dies versicherte der damalige Hertha Präsident Bernstein an Eides statt. Der Vorstandssprecher habe ihm gesagt, er habe die Information über die Zusammenarbeit von dem Sportgeschäftsführer Bobic. Allerdings ist der Vereinspräsident Bernstein aber dieses Jahr überraschend verstorben und konnte nicht mehr vor Gericht aussagen. Im Gerichtsprozess sagten nun Bobic und der Vorstandssprecher Hellmann als Zeuge aus, eine solche Übergabe habe es nie gegeben. Nach Hellmann habe es zwar ein Gespräch mit Bobic gegeben, dabei sei es aber nur um den in der ersten und zweiten Liga erlaubten Einfluss von Investoren auf deutsche Clubs gegangen.

Die Entscheidung des LG Berlin

Zunächst sollte Dir auffallen, dass nicht ein Arbeitsgericht, sondern ein Landgericht die Entscheidung getroffen hat. Tatsächlich war das Verfahren sogar zunächst beim Arbeitsgericht Berlin anhängig, das die Sache dann aber an das LG Berlin II verwies. Es handelt sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen Hertha und seinem damaligen Geschäftsführer Sport nämlich nicht um ein Arbeitsverhältnis. Dafür fehle es an der dafür notwendigen Weisungsgebundenheit weil Geschäftsführer eine Arbeitgeberfunktion innehaben, sodass sie nicht im Lager der Arbeitnehmer stehen können. Daher liege ein Dienstvertrag vor, konkret ein Geschäftsführer Anstellungsverhältnis. Auch auf einen Dienstvertrag finden die §§ 620 ff. BGB aber weiterhin Anwendung.

Nachdem das LG Berlin bereits am 19. Februar 2024 durch Teilurteil entschied, dass die ordentliche Kündigung wirksam sei, hat es sich nun mit dem zweiten Klageantrag beschäftigt. Hierbei ging es um den Feststellungsantrag des Klägers, dass das zwischen den Parteien bestehende Geschäftsführer Anstellungsverhältnis durch schriftliche außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10. Februar 2023 nicht beendet sei.

In der Hauptverhandlung stritt Bobic den Vorwurf ab. Auch der Zeuge Hellmann unterstützte Bobic durch seine Aussage. Die vorsitzende Richterin wies zwar darauf hin, dass die Tat für eine Verdachtskündigung nicht bewiesen sein müsse, sondern es stattdessen entscheidend darauf ankäme, ob das Gericht aus Sicht von Hertha BSC den damaligen Verdacht für glaubhaft erachte. Allerdings sehe das Gericht dies gerade nicht. Es gab daher dem Feststellungsantrag statt, sodass der Dienstvertrag nicht durch die außerordentliche Kündigung vorzeitig beendet sei, sondern erst mit Ablauf der ordentlichen Frist ein Ende gefunden habe. Für den Geschäftsführer Sport Bobic dürfte das einen erheblichen Unterschied machen, weil ihm so eine hohe Abfindungszahlung zusteht.

Prüfungsrelevanz

Du solltest Dir merken, dass im konkreten Fall zwar ein Dienstvertrag vorlag, die außerordentliche Kündigung sich jedoch ebenfalls nach § 626 BGB richtet. Daher finden auch die Grundsätze zur Verdachtskündigung auf das Dienstverhältnis Anwendung. Zugegeben ist Arbeitsrecht nicht unbedingt der beliebteste Prüfungsstoff, doch wenn es einmal Eingang in die Klausuren findet, dann wird es im Klausurfall mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit um eine Kündigung gehen, sodass es sich vor diesem Hintergrund lohnt, die Prüfung des § 626 BGB sowie die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung zu wiederholen.

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