Wenn die eingesetzte KI zu gut ist
Die Anforderung an eine Bewerbung zu einem Studiengang variieren. Manche Universitäten fordern zum Beispiel für einige Studiengänge einen Aufsatz, ein sog. Essay. Dieses weist meist bestimmte Voraussetzungen auf. Erfüllt der/die Bewerber:in diese nicht, lässt die Universität den/die Bewerber:in nicht zu dem gewünschten Studiengang zu. Um den Traumberuf nicht bereits bei der Bewerbung aufgeben zu müssen, bedient sich wohl der ein oder andere unerlaubten Hilfsmitteln. Was früher der bezahlte Ghostwriter war, dürfte heute ChatGPT sein. Doch Obacht!
Worum geht es?
Zum Wintersemester 2022/2023 bewarb sich der Antragsteller an der TUM für einen Masterstudiengang. Die Universität lehnte ihn aber ab, weil sein Essay, welches er mit seiner Bewerbung einreichte, ungenügend war. Er bewarb sich erneut zum Wintersemester 2023/2024 und legte hierfür erneut ein Essay vor. Mit Bescheid vom 01.08.2023 schloss die Universität den Antragsteller vom laufenden Bewerbungsverfahren aus. Die Universität war der Auffassung, der Antragsteller habe versucht, im Bewerbungsverfahren zu täuschen. Sie hatte das Essay durch eine Software überprüft. Die Überprüfung ergab, dass 45% des Textes sehr wahrscheinlich von künstlicher Intelligenz verfasst worden seien. Die Universität ließ über das Programm ChatGPT ebenfalls ein entsprechendes Essay erstellen, welches starke Ähnlichkeiten zum Text des Antragstellers aufwies. Auch zwei hinzugezogene Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass das Essay nicht aus der Feder des Antragstellers stammte. Im September 2023 erhob der Antragsteller beim VG München Klage und beantragte im Rahmen der einstweiligen Anordnung die Universität zu verpflichten, ihn vorläufig zum Studium zuzulassen.
Rechtliche Einordnung in der Klausur
Dieser Fall hat seinen prozessualen Schwerpunkt im einstweiligen Rechtsschutz. Entscheidend ist die Klageart in der Hauptsache. Sofern eine Anfechtungsklage einschlägig ist, ist im einstweiligen Rechtsschutz ein Antrag nach § 80 V VwGO statthaft. Immer dann, wenn die Anfechtungsklage in der Hauptsache nicht statthaft ist, greift im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes § 123 VwGO.
Entscheidung des Gerichts
Der Antrag hat keinen Erfolg. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Es sei kein hinreichender Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden. Grundsätzlich obliegt der Universität die Beweislast, dass eine Täuschungshandlung vorliegt. Dafür würde das Vorliegen eines Anscheinsbeweises genügen. Es müsste also die nachzuweisende Täuschung auf einen typischen Sachverhalt gestützt werden können, der aufgrund allgemeinen Erfahrungswissens zu dem Schluss berechtigt, dass die Täuschung vorliegt. Dabei dürften aber keine tatsächlichen Umstände vorliegen, die ein atypisches Geschehen im Einzelfall ernsthaft möglich erscheinen lassen. Dies sei dem Antragsteller nicht gelungen und der Anschein eines Täuschungsversuchs ist gegeben. Das Gericht ist im Gegensatz zum Antragsteller eben nicht der Auffassung, dass es sich hierbei um eine pauschale Unterstellung handle. Das streitgegenständliche Essay unterscheide sich auffällig von denen der anderen Studienbewerber und vor allem von dem des Antragstellers aus dem Vorjahr. Auch dass die Arbeit in exzellentem Englisch ohne jegliche Rechtschreib- oder Zeichensetzungsfehler verfasst worden sei, spreche für den Einsatz von KI.
Ausblick
Der einstweilige Rechtsschutz ist ein Dauerbrenner in juristischen Klausuren. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass Dir dieser Fall im Laufe des Studiums oder Examens begegnet. Gerade weil der Einsatz von künstlicher Intelligenz ein hochmodernes Thema ist, ist der Fall sehr aktuell. Beim Einsatz von KI solltest Du daran denken, dass es sich um einen Täuschungsversuch handelt. Eine Kombination mit dem Prüfungsrecht bietet sich hier geradezu an.
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