Kaufrecht: BGH zum Rückgewährschuldverhältnis

Kaufrecht: BGH zum Rückgewährschuldverhältnis

Führt die Verweigerung der Rücknahme zu einer Verletzung der Nebenpflichten?

Kann die Weigerung des Verkäufers, eine mangelhafte Kaufsache zurückzunehmen, zu einem Anspruch auf Schadensersatz beim Käufer führen? Ist die Verweigerung der Rücknahme als Nebenpflichtverletzung anzusehen? Mit diesen klausur- und examensrelevanten Fragen hat sich kürzlich der BGH befasst.

Worum geht es?

Ein Bauunternehmen hatte bei einem Baustoffhändler zur Errichtung eines Parkplatzes 22.000 Tonnen Schotter gekauft. Nachdem der Schotter teilweise verbaut war, stellte sich heraus, dass dieser mit Arsen belastet war und nicht genutzt werden konnte. Das Bauunternehmen erklärte daher den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Beklagten auf, den Schotter wieder abzuholen. Der Baustoffhändler verweigerte jedoch die Rücknahme, woraufhin das Bauunternehmen Klage erhob und unter anderem Schadensersatz forderte, da es den Schotter selbst und auf eigene Kosten entsorgen musste.

In erster und zweiter Instanz wurde die Klage zunächst abgewiesen. Die Gerichte begründeten dies damit, dass ein Verkäufer im Rückgewährschuldverhältnis zwar einen Anspruch auf Rückgewähr der Kaufsache gegen den Käufer habe – eine Pflicht des Verkäufers, die Sache zurückzunehmen, bestehe hier aber nicht. Die verweigerte Rücknahme könne also nicht als Pflichtverletzung im Sinne des § 280 I 2 BGB betrachtet werden. Hiergegen legte der Bauunternehmer Revision ein und hatte Erfolg.

BGH: Kaufvertrag ist in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden

Der BGH gab dem Bauunternehmer Recht und begründete dies damit, dass der Kaufvertrag durch den wirksamen Rücktritt in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden sei: Der Rücktritt wandele den Vertrag in ein Abwicklungsverhältnis mit vertraglicher Grundlage um, so der BGH. Er sei gerade auf die Rückabwicklung des Leistungsaustauschs gerichtet. Die vor dem Vertragsschluss bestehende Rechtslage solle durch die Rückabwicklung wiederhergestellt werden. Nach § 346 I BGB würden dann die nicht erfüllten Primärpflichten erlöschen. Es handele sich mithin um eine rechtsvernichtende Einwendung in Bezug auf die Primärpflichten.

Daher sind zu diesem Zwecke beide Parteien in erster Linie zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen verpflichtet. Auch im Rahmen des Rückgewährschuldverhältnisses besteht ein schutzwürdiges Interesse jeder Partei daran, dass sich ihre gegenwärtige Güterlage nicht verschlechtert. Die Parteien haben also auch in solchen Fällen Nebenpflichten im Sinne des § 241 II BGB zu beachten. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist hiermit gemeint, dass sich beide Parteien so verhalten müssen, dass keine Rechtsgüter und Interessen des jeweils anderen verletzt werden (Rücksichtnahmepflichten).

Hinweis: Von den Nebenpflichten sind die Nebenleistungspflichten aus § 241 I BGB zu unterscheiden. Nebenleistungspflichten sind solche Vertragspflichten, die erfüllt werden müssen, damit die Hauptleistungspflicht erbracht werden kann.

Denn auch bei einem Rückgewährschuldverhältnis hat jede Partei ein Interesse daran, dass sich ihre Situation nicht verschlechtert – im konkreten Fall musste sich der Bauunternehmer selbst um die Entsorgung des Schotters kümmern und hatte zumindest eine finanzielle Belastung, sodass sich seine Situation finanziell verschlechtert hat. Der BGH erklärte weiter, dass es bei einem Rückgewährschuldverhältnis zwar auch andere Rechtsschutzmöglichkeiten gebe, wie etwa:

  • den Anspruch auf Verwendungsersatz aus § 347 II BGB,
  • oder die Regelungen über den Annahmeverzug,
  • oder die Hinterlegung und Versteigerung der Kaufsache.

Diese Möglichkeiten würden dem Kläger aber im vorliegenden Fall keinen ausreichenden Schutz bieten. In solchen Fällen verstößt nach Ansicht des BGH der Verkäufer also gegen seine Rücksichtnahmepflichten aus § 241 II BGB, wenn er die (mangelhafte) Kaufsache nicht zurücknimmt. Die Abholung des mangelhaften Schotters sei dem Baustoffhändler hier auch zumutbar gewesen.

Der BGH bejahte deshalb einen Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung von Rücksichtnahmepflichten aus dem Rückgewährschuldverhältnis gem. §§ 280 I, 241 II, 346 I BGB.

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