VG Mainz zur Hundesteuer für Trainings- und Therapiehunde

VG Mainz zur Hundesteuer für Trainings- und Therapiehunde

Steuerpflicht auch für Therapiehunde?

In diesem Urteil musste sich das Verwaltungsgericht Mainz mit der Frage auseinandersetzen, wann Hunde ein steuerrechtlich notwendiges Betriebsmittel darstellen und somit von der Hundesteuerpflicht befreit sind. Hier ist eine klare Abgrenzung zur privaten Hundehaltung notwendig. Das Urteil unterstreicht die wichtigen Abgrenzungskriterien und ist somit von höchster Bedeutung.

A. Sachverhalt

Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zur Hundesteuer für ihre drei Hunde, für die die Beklagte im Bescheid vom 12. Januar 2021 für dieses Jahr und die Folgejahre eine Hundesteuer von insgesamt 491 Euro festsetzte.

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger fristgerecht Widerspruch ein. Sie führten aus, sie seien nur hinsichtlich der Haltung eines Hundes steuerpflichtig. Die Klägerin zu 1) sei Hundetrainerin und Hundephysiotherapeutin und setze zwei ihrer Hunde hierfür ein. Diese beiden Hunde stellten steuerrechtlich notwendige Betriebsmittel dar und unterfielen deshalb nicht der Hundesteuer.

Die Hundesteuersatzung der Stadt Worms (vom 15. Dezember 2012) sieht eine Steuerbefreiung für Hunde in Tierasylen vor (§ 4). Haltern von Diensthunden der Polizei, des Zolls und der Bundeswehr … sowie Sanitäts- und Rettungshunden und Hunden zum Schutz von blinden oder gehörlosen Personen sowie Hunden in wissenschaftlichen Einrichtungen (§ 5) wird auf Antrag eine Steuerbefreiung gewährt. Eine Steuerermäßigung gibt es für Hunde zur Bewachung einzeln stehender Wohngebäude und für Hunde an Bord von Binnenschiffen (§ 6).

Die Beklagte wies den Widerspruch am 8. Dezember 2022 zurück. Eine Befreiung von der Hundesteuer komme mangels einer entsprechenden Regelung in der Hundesteuersatzung nicht in Betracht. Die Hunde würden auch als Familienhunde im Haushalt der Kläger gehalten, wie aus einem früheren Widerspruchsverfahren bekannt sei.

Die Prozessbevollmächtigten der Kläger erhoben im Januar 2023 Klage, die sie so begründeten: Gewerblich gehaltene Hunde, Blinden- oder Diensthunde der Polizei gingen nicht 24 Stunden am Tag ihren Aufgaben nach, sondern ruhten sich auch aus oder würden ausgeführt. Hierzu seien die Halter der Hunde nach der Tierschutz- Hundeverordnung auch verpflichtet. Die gewerbliche Haltung von Hunden sei kein „Privatkonsum“. Die Satzung der Klägerin, die alle betrieblich gehaltenen Hunde besteuere, sei rechts- und verfassungswidrig.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid vom 12. Januar 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2022 insoweit aufzuheben, als ein jährlicher Hundesteuerbetrag von mehr als 108 Euro festgesetzt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Hundesteuer stelle eine Aufwandsteuer dar und besteuere die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Ein Gegenstand dürfe auch dann der Aufwandsteuer unterworfen werden, wenn er sowohl der Einkommenserzielung als auch der Einkommensverwendung diene. Die Hunde der Kläger würden zwar von der Klägerin zu 1) gewerblich eingesetzt, zugleich aber auch als Familienhunde gehalten.

B. Gründe

Das Verwaltungsgericht hält die zulässige Klage für unbegründet; der Hundesteuerbescheid (vom 12. Januar 2021) in Gestalt des Widerspruchbescheides (vom 8. Dezember 2022) sei rechtmäßig und verletze die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 I Satz 1 VwGO).

I. Rechtsgrundlage

Der Bescheid über die Hundesteuer hat seine Rechtsgrundlage in § 5 III Kommunalaufgabengesetz (KAG) des Landes Rheinland - Pfalz in Verbindung mit § 2 I Satz 1 und 2, III Hundesteuersatzung (HStS) der Beklagten vom 15. Dezember 2011. Nach diesen Vorschriften sind die Kläger zu Recht als Halter von drei in ihrem Haushalt lebenden Hunden zur Steuer herangezogen worden. Die Tatsache, dass zwei der Hunde von der Klägerin zu 1) bei ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit als Hundetrainerin und Hundephysiotherapeutin eingesetzt werden, ändere nichts an der steuerrechtlichen Qualifizierung als Hundehalter. Es liege – so das VG- ein gemischte Haltung der beiden Hunde zu privaten und gewerblichen Zwecken vor, die die Steuerpflicht nicht entfallen lasse.

II. Hundesteuer als Aufwandsteuer (Art. 105 II GG)

Die Hundesteuer ist eine Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 II GG. Nach dieser Norm haben die Länder die Befugnis, über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, soweit diese nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern, gleichartig sind. Diese Gesetzgebungskompetenz hat das Land Rheinland- Pfalz in § 5 II KAG den Gemeinden übertragen.

1. Halten eines Hundes als Anknüpfungspunkt

Mit der Aufwandsteuer wird der besondere, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfes hinausgehende Aufwand für die persönliche Lebensführung erfasst und die für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuert (so Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Beschluss vom 2.11.2006 – 10 B 4/06, Rn 4). Die Hundesteuer ist eine solche Aufwandsteuer; das Halten von Hunden geht – so das BVerwG – über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfes hinaus und erfordert einen zusätzlichen Vermögensaufwand (Kosten für Futter, Ausstattung und Tierarzt).

2. Hundehaltung für berufliche oder gewerbliche Zwecke

Werden Hunde allein für berufliche oder gewerbliche Zwecke gehalten, liegt keine Verwendung von Einkommen und Vermögen, die über die Deckung der allgemeinen Lebensbedürfnisse hinausgeht, vor (vgl. BVerwG Beschluss vom 2.11.2006 a.a.O; Urteil vom 11.7.2012- 9 CN 1/11; Beschluss vom 18.8 2015 – 9 BN 2/15).

Eine Zuordnung der Hundehaltung zu beruflichen Zwecken wird in der Rechtsprechung nur dann angenommen, wenn die Berufs- oder Gewerbeausübung ohne die Hundehaltung nicht möglich oder erheblich erschwert würde (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 29.8.2023 – 9- LA 147/22). Dies ist der Fall, wenn eine dienstliche oder arbeitsrechtliche Verpflichtung zur Hundehaltung besteht (Wachhund eines Wachmanns, Artistenhund, Hütehund eines Schäfers, gewerbliche Hundehaltung etc.). In diesen Fällen spielen persönliche Zwecke für die Hundehaltung eine deutlich untergeordnete Rolle und sind daher nicht mehr geeignet als Anknüpfungspunkt für eine Steuererhebung. Eine Besteuerung ist dagegen möglich, wenn die Hundehaltung neben betrieblichen oder gewerblichen Zwecken zumindest auch persönlichen Zwecken dient (vgl. OVG Niedersachsen vom 29.8.2023 a.a.O.).

III. Keine Einkommenserzielung

Bei Berücksichtigung der oben genannten Abgrenzungskriterien erfolgt die Haltung der beiden Hunde, die die Klägerin zu 1) bei ihrer Arbeit einsetzt, nach Auffassung des VG nicht allein der Einkommenserzielung. Die berufliche Tätigkeit der Klägerin zu 1) ist nicht zwingend vom Einsatz der eigenen Hunde abhängig. Sie könnte das Training und die Therapie der Hunde von Kunden auch ausschließlich mit diesen durchführen. Die Klägerin zu 1) hat auch nichts Gegenteiliges vorgetragen. Die von der Klägerin zu 1) zusätzlich erwähnten Online-Schulungen zur artgerechten Tierhaltung führt zu keinem anderen Ergebnis. In der Rechtsprechung finden sich keine Entscheidungen, in denen der Einsatz eigener Hunde für die Tätigkeit als Hundetrainer oder Hundetherapeut als notwendig eingestuft worden wäre. Die Tatsache, dass die beiden Hunde sowie der dritte ältere Hund im privaten Lebensbereich mit dem Ehemann gehalten werden, zeigt nach Ansicht der Kammer, dass die Hundehaltung in erster Linie aus privatem Interesse erfolge.

Der Umstand, dass ein Hund objektiv zur Einkommenserzielung geeignet ist, findet nach der Rechtsprechung keine Berücksichtigung. Es käme zu willkürlichen Ergebnissen, wenn die Steuerpflicht allein von der Entscheidung des Hundehalters abhinge.

IV. Höhe der Steuer und Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht

Das VG hatte keine Bedenken hinsichtlich der Höhe der erhobenen Steuer (§11 HStS). Die Hundesteuersatzung sei mit höherrangigem Recht vereinbar, auch wenn die Regelungen in den § 4-6 HStS teilweise inkongruent und widersprüchlich in Bezug auf die Abgrenzung zu gewerblichen Zwecken seien. Eine mögliche Unwirksamkeit dieser Bestimmungen führe nicht zur Nichtigkeit der Satzung und bedürfe deshalb keiner näheren Befassung.

Anmerkungen

Das Urteil des VG hat in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung klar die Kriterien für die Erhebung einer Aufwandsteuer (Hundesteuer) dargestellt und den Unterschied zwischen der Einkommensverwendung für einen Hund (privater Aufwand) und der Einkommenserzielung mit einem Hund (gewerblicher Zweck) hervorgehoben. Nur wenn die Einkommenserzielung der alleinige Grund für das Halten eines Hundes ist, ist dieser von der Steuerpflicht ausgenommen. Die Hundesteuersatzung der Stadt Worms hat dies an einzelnen Fällen aufgezeigt. Insoweit überzeugt das Urteil und stimmt mit der obergerichtlichen Rechtsprechung überein, wonach nur betriebsnotwendige Hunde von der Steuer ausgenommen werden.

Die Ausführungen zu den Online-Schulungen überzeugen nicht; sofern die Online-Schulungen einen beträchtlichen Anteil an der Gewerbeausübung und damit an der Gewinnerzielung ausmachen, könnte eine Steuerbefreiung in Betracht kommen. Nach den Feststellungen des VG ist dies im entschiedenen Fall nicht so und wurde von den Klägern auch nicht vorgetragen.

Es ist nicht bekannt, ob die Kläger die Zulassung der Berufung beantragen bzw. beantragt haben.

(Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Mainz vom 20. September 2023 – 3 K 16/23.MZ)