Equal Pay: Vergleich zwischen Journalistin und öffentlichen Sender

Equal Pay: Vergleich zwischen Journalistin und öffentlichen Sender

Welche Rechte haben freie Mitarbeitende bei vermuteter finanzieller Benachteiligung?

Nach mehr als acht Jahren ist es vorbei. Dabei lagen die Akten wieder dort, wo alles anfing: am Arbeitsgericht Berlin. Eine bekannte Journalistin und ein öffentlicher Sender schlossen einen Vergleich und auch die Vergleichssumme sei schon überwiesen, wie die Klägerin selbst via Social Media verkündete. Damit endeten die Rechtsstreitigkeiten ohne den erwarteten Schlusspunkt eines Urteils. Es ist an der Zeit für eine Rückschau auf das Erreichte in Sachen Equal Pay.

Wie alles anfing

Nur durch Zufall erfuhr die Journalistin davon, dass ein männlicher Kollege, der ebenso wie sie als sog. „fester-freier“ Mitarbeiter bei dem öffentlichen Sender beschäftigt war, jahrelang monatlich mehrere Hundert Euro mehr verdiente als sie. Als eine interne Verständigung mit dem Sender nicht von Erfolg gekrönt war, wollte die langjährige Redakteurin des Politmagazins „frontal21“ dies nicht auf sich sitzen lassen und erhob 2015 Klage vor dem Arbeitsgericht Berlin. Sie begehrte die Auskunftserteilung hinsichtlich der Gehaltshöhe ihrer Kollegen sowie die Zahlung eines fünfstelligen Differenzbetrages. Da die Richter wegen Unterschieden zwischen den Beschäftigungsverhältnissen bereits keine Vergleichbarkeit zwischen der Klägerin und dem benannten männlichen Kollegen sahen, lehnten sie einen Schadensersatzanspruch gem. § 15 II 1 AGG durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbots (§ 7 I AGG) wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes ab. Danach ist die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Beschäftigten nach ihrem Geschlecht verboten.

Auch in zweiter Instanz vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg musste die Klägerin 2019 eine Niederlage verkraften. Mit der Klageabweisung folgten die Richter der Argumentation der erstinstanzlichen Entscheidung zur fehlenden Vergleichbarkeit und konkretisierten zusätzlich, dass die Journalistin nicht als Arbeitnehmerin, sondern als freie Mitarbeiterin einzustufen sei, wodurch ihr gerade kein Auskunftsanspruch nach § 10 des Entgelttransparenzgesetzes zur Seite stünde. Die Revision wurde nur hinsichtlich des Auskunftsbegehrens zugelassen.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts

Vor dem Bundesarbeitsgericht sollte sich 2020 schließlich das Blatt jedenfalls teilweise zugunsten der Klägerin wenden: Es wurde erstmals entschieden, dass auch arbeitnehmerähnliche Personen wie freie Mitarbeiter unter den Anwendungsbereich das Entgelttransparenzgesetzes fallen, weswegen ihr das Gericht den Auskunftsanspruch gegen den Sender zusprach. Mit dieser Grundsatzentscheidung wurde die Klage diesbezüglich an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Mit dem nicht zur Revision zugelassenen Teil ihrer Klage auf Auszahlung des Differenzbetrages beschritt sie den Weg der Nichtzulassungsbeschwerde, die jedoch am Bundesarbeitsgericht als unzulässig verworfen wurde. Auch die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge scheiterte, sodass sich die Journalistin gezwungen sah, das Bundesverfassungsgericht im Wege der Verfassungsbeschwerde anzurufen. Auch der Sender blieb nicht untätig: Es bot ihr zwischenzeitlich eine Zahlung von 110.000 Euro sowie vier bezahlte Monate Urlaub an, wenn sie ihre Absichten nicht weiter in der Öffentlichkeit verfolgen würde. Die Bemühungen des Senders blieben aber vergeblich, sie lehnte ab.

Schließlich verwarf das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde als unzulässig, weil eine Weiterverfolgung des Zahlungsbegehrens vor den Fachgerichten mit dem erstrittenen Auskunftsanspruch für die Beschwerdeführerin nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos sei und damit der Grundsatz der Subsidiarität i.S.d. § 90 II 1 BVerfGG nicht eingehalten werde.

Finale Entwicklung in Berlin

Der Weg führte die mehrfach preisgekrönte Journalistin schlussendlich zurück zum Arbeitsgericht Berlin, das wegen des Vergleichs keine Entscheidung mehr in der Sache zur Zahlung der Gehaltsdifferenz treffen muss. Mit dem Vergleich endet damit ein langer Zug durch die Instanzen. Nach dieser fulminanten Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts sind weitere Verfahren zum Thema geschlechtsbezogene Lohnungleichheit nicht auszuschließen. Dabei wird die Klägerin voraussichtlich aber nicht mehr involviert sein. Sie wechselte im Oktober letzten Jahres zum konkurrierenden Privatfernsehen und ist dort als Chefreporterin investigativ tätig.

Dem Durchhaltevermögen der Journalistin ist es zu verdanken, dass Equal Pay weiter in den medialen Fokus vor die Gerichte der Republik und damit in die Köpfe der Klausurersteller gerückt wurde, wenn auch das Kapitel der Lohndiskriminierung in Deutschland wohl noch lange nicht geschlossen ist.