Angeblicher Badewannen-Mörder unschuldig?

Angeblicher Badewannen-Mörder unschuldig?

Freispruch nach 13 Jahren Haft

Ein Pflegedienstmitarbeiter betritt die Wohnung einer Rentnerin und macht einen schaurigen Fund. Die Rentnerin liegt leblos und mit Hämatomen am Kopf in ihrer Badewanne. Der Fall scheint eindeutig, im Visier der Ermittlungen steht der damalige Hausmeister der Wohnanlage. Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass es sich um einen Mord handelt. Wie urteilte das Gericht und wieso wurde der Fall Jahre später noch einmal aufgerollt?

Was war geschehen?

Der Vater von drei Kindern war Hausmeister der Wohnanlage, in der die Rentnerin wohnte. Er kümmerte sich um die alte Frau und half ihr unter anderem beim Zubereiten ihrer Mahlzeiten oder beim Einkaufen. Im Oktober 2008 holte er die Rentnerin von einem Klinikaufenthalt ab und fuhr sie nach Hause. Nachdem sie in der Wohnung der Rentnerin angekommen waren, verabschiedete sich der Angeklagte und fuhr zu seiner kranken Mutter. Zuvor informierte er jedoch noch den Pflegedienst über die Rückkehr der Rentnerin. Dieser betrat gegen Abend die Wohnung und fand die alte Dame voll bekleidet tot in der Badewanne. Der Pathologe fand Hämatome am Hinterkopf mit Einblutungen unter unverletzter Kopfhaut und stellte als Todesursache den Tod durch Ertrinken fest.

Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass es zu einem Streit zwischen dem Hausmeister und der Rentnerin kam. Er habe die Dame infolge des Streits geschlagen. Um diese Körperverletzung zu verheimlichen, habe er sie in der Badewanne ertränkt. Dies entspricht dem Tatbestand des § 211 II StGB. Der Hausmeister habe mit Verdeckungsabsicht gehandelt. Das Landgericht München verurteilte ihn daraufhin wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil zunächst im Jahr 2011 wegen eines Verfahrensfehlers wieder auf, es kam danach jedoch zu einer erneuten Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe wegen Mordes. Die Revision des Angeklagten gegen seine Verurteilung blieb erfolglos.

Wiederaufnahme des Verfahrens

Im Juni 2019 reichte die Verteidigung des Angeklagten einen Wiederaufnahmeantrag ein, der zunächst als unzulässig verworfen wurde. Dem Antrag waren neue Beweismittel wie eine vorher noch nicht erfolgte Zeugenaussage und ein Sachverständigengutachten zugrunde gelegt.

Erst auf die Beschwerde hin hob das Oberlandesgericht den ablehnenden Beschluss wieder auf. Es sah das neue Sachverständigengutachten als zulässiges neues Beweismittel im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO an. Im Jahr 2022 wurde die Wiederaufnahme des Verfahrens angeordnet. Der Prozess im April 2023 endete für den Familienvater mit einem Freispruch. Das Gericht kam aufgrund der neuen Erkenntnisse und aufgrund einer computergestützten Simulation zu dem Ergebnis, dass der Tod der Rentnerin auch aufgrund eines Sturzes ohne Fremdeinwirkung möglich gewesen sei.

Entschädigungszahlungen

Der Verurteilte verbrachte über 13 Jahre unschuldig im Gefängnis. Das Gesetz schreibt vor, dass eine Entschädigung für Nichtvermögensschäden in Höhe von 75 Euro pro Tag bei einer ungerechtfertigten Freiheitsentziehung vorgesehen ist. Das Justizministerium plant zudem, ihn bei seiner Rückkehr in die Freiheit zu unterstützen und seine gesellschaftliche Integrität wiederherzustellen. Die Zeit, die der Familienvater und Großvater unschuldig im Gefängnis verbrachte, kann ihm wohl niemand ersetzen.

(LG München I, Urteil vom 07.07.2023 - 1 Ks 121 Js 158369/19)