Mord oder Totschlag - Wann muss Heimtücke vorliegen?

Mord oder Totschlag - Wann muss Heimtücke vorliegen?

Zur Abgrenzung von Mord und Totschlag

War es Mord oder Totschlag? Für den Laien eine nicht ganz so einfach zu beantwortende Frage. Im vorliegenden Fall wird allerdings deutlich, dass auch für Gerichte die Entscheidung nicht immer eindeutig ausfällt. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied nun über den Fall des 34-jährigen Angeklagten, der seine Affäre mit zwei Kopfschüssen tötete.

Der Sachverhalt und die Bewertung des LG

Der Angeklagte und das spätere Opfer hatten vor der Tat im Jahr 2020 eine Affäre. Diese war von Streitigkeiten und körperlicher Gewalt geprägt. Der Angeklagte kontrollierte sein Freizeitverhalten und drohte, das Opfer zu töten, sollte es keine Folge leisten. So kam es, dass der Angeklagte mit dem Opfer am Tattag an eine abgelegene Stelle fuhr, um es später auf dem Beifahrersitz durch zwei Kopfschüsse zu töten. Auf dem Weg oder kurz zuvor hatte er sich die in seinem Familienanwesen befindliche Schusswaffe von seiner Ehefrau aushändigen lassen.

Für die Staatsanwaltschaft war schon bei der Verhandlung vor dem Landgericht (LG) Köln klar, dass es Mord (§ 211 StGB) gewesen sei. Das Gericht war anderer Meinung und verurteilte ihn wegen Totschlags (§ 212 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren. Das Mordmerkmal der Heimtücke liege nicht vor, weil nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen sei, dass sich das Opfer im Moment der ersten Schussabgabe keines Angriffs auf sein Leben versehen habe und der Angeklagte dies bewusst ausgenutzt habe. Es sei nämlich auch möglich, dass der Angeklagte es zuvor bereits mit der Waffe bedroht habe, bevor er es tötete. Dann hätte keine Arg- und eine daraus folgende Wehrlosigkeit vorgelegen, weil es mit einem Angriff hätte rechnen müssen.

In dubio pro reo - im Zweifel für den Angeklagten - urteilte daher das Landgericht und entschied sich gegen eine Verurteilung wegen Mordes.

In welchem Zeitpunkt muss Heimtücke wirklich vorliegen?

Dieses Urteil hielt der Revision des BGH nicht stand. Das Karlsruher Gericht stellte fest, dass die Überlegungen des Landgerichts mit Rechtsfehlern behaftet waren. Es sei irrelevant, ob das Opfer im Zeitpunkt der Schussabgabe arglos war, da der Angriff nicht erst mit der unmittelbaren Tötungshandlung beginne. Vielmehr sei auch die unmittelbar davor liegende Phase vom Angriff umfasst.

Das bedeutet im Klartext, dass das LG Köln den Angriff zu restriktiv ausgelegt hat. Nach Ansicht des BGH hätte es sich die Frage stellen müssen, ob die Frau an dem abgelegenen Ort überhaupt hätte fliehen oder sich verteidigen können. Es läge ein Rechtsfehler vor, da das LG Köln fälschlicherweise argumentierte, dass die Arglosigkeit des Opfers allein deshalb infrage gestellt werden kann, weil die Möglichkeit bestanden hätte, dass es zuvor mit der Schusswaffe bedroht worden sei. Die Richter machten deutlich, dass Heimtücke nicht mit Heimlichkeit verwechselt werden dürfe. Eine Tat könne auch dann heimtückisch begangen werden, wenn das Opfer die feindliche Willensrichtung des Täters erkennt, aber aufgrund der Tatsituation nicht im Stande ist, sich zu verteidigen. Entscheidend sei, “ob die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff so gering ist, dass das Opfer keinerlei Möglichkeit hat, dem Angriff auf irgendeine Weise zu begegnen”. Der BGH stellte außerdem fest, dass die Tat von längerer Hand geplant sein müsse, da der Täter die Schusswaffe kurz vor der Tat besorgte, was auch für das Vorliegen des Mordmerkmals der Heimtücke spreche. Auch sei das genaue Mordmotiv nicht eindeutig vom Landgericht geklärt worden. Es steht im Raum, dass eventuell niedrige Beweggründe vorliegen könnten, da der Täter sehr eifersüchtig und kontrollsüchtig gewesen sei und seiner Affäre Todesdrohungen sendete.

Der BGH verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an eine andere als Schwurgericht zuständige Kammer des Landgerichts zurück. Das Kölner Landgericht hat nun die Aufgabe, all die aufgeworfenen Fragen zu klären und den Fall neu zu verhandeln.

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