BGH zum Anspruch auf Rückzahlung von Anzahlungen wegen Verschiebung einer Hochzeit

BGH zum Anspruch auf Rückzahlung von Anzahlungen wegen Verschiebung einer Hochzeit

Vergütungsanspruch trotz pandemiebedingter Verschiebung

Wenn die Liebe in Zeiten von Corona auf der Strecke bleibt: Was passiert mit dem Vorschuss für die Hochzeitsfotografin? Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat kürzlich über eine Klage auf Rückzahlung eines an eine Hochzeitsfotografin geleisteten Vorschusses und auf Feststellung, dass ihr keine weiteren Vergütungsansprüche zustehen, entschieden. Der Anspruch wurde geltend gemacht, weil die Kläger ihren Hochzeitstermin aufgrund von Einschränkungen durch die Corona-Pandemie verschoben hatten und zu dem neuen Termin einen anderen Fotografen beauftragten.

Worum geht es?

Die Kläger hatten für den 1. August 2020 eine kirchliche Trauung geplant und bereits einen Fotografen engagiert. Es handelte sich um den gleichen Fotografen, der auch die standesamtliche Hochzeit begleitete. Als der Fotograf jedoch zum geplanten Termin ausfiel, wandten sich die Kläger an die Beklagte. Mit Schreiben vom 28.10.2019 stellte die Beklagte für die “Reportage Hochzeit 01.08.2020 (1. Teilbetrag)” 1.231,70 Euro der vereinbarten Gesamtvergütung von 2.463,70 Euro in Rechnung. Die Kläger überwiesen den geforderten ersten Teilbetrag. Die Kläger beabsichtigten, 104 Gäste zu ihrer kirchlichen Trauung einzuladen, doch aufgrund von Einschränkungen durch die Corona-Pandemie war die Durchführung der so geplanten Hochzeit nicht möglich. Daraufhin verschoben die Kläger die Hochzeitsfeier auf den 31. Juli 2021 und teilten der Beklagten mit E-Mail vom 15. Juni 2020 mit, dass sie den bereits zuvor gebuchten und bekannten Fotografen für den neuen Termin engagieren wollten. Die Beklagte verlangte daraufhin jedoch ein weiteres Honorar in Höhe von 551,45 Euro, was die Kläger ablehnten. Stattdessen verlangten die Kläger die Rückzahlung der bereits gezahlten 1.231,70 Euro und erklärten ihren “Rücktritt vom oben genannten Vertrag bzw. dessen Kündigung” wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage.

Die Kläger beantragten mit ihrer Klage die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.231,70 Euro und weiteren 309,40 Euro für außergerichtliche Kosten sowie die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet seien, weitere 551,45 Euro an die Beklagte zu zahlen. Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos, doch die Kläger verfolgten ihr Anliegen in der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision weiter.

Die Entscheidung des BGH

Der Bundesgerichtshof hatte nun über die Revision der Kläger zu entscheiden. Er kam zu dem Schluss, dass das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise über die Ansprüche der Kläger entschieden habe. Ein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung bestünde nicht. Das Gericht führte aus, dass sich ein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung nicht daraus ergebe, dass die von der Beklagten geschuldete Leistung unmöglich geworden sei. Denn der Beklagten sei es möglich gewesen, trotz der zum Zeitpunkt der geplanten Hochzeitsfeier geltenden pandemiebedingten landesrechtlichen Vorgaben fotografische Leistungen für eine kirchliche Trauung und eine Hochzeitsfeier zu erbringen.

Darüber hinaus führte das Gericht aus, dass sich der Rückzahlungsanspruch der Kläger nicht aus einem Rücktrittsrecht wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) oder einer ergänzenden Vertragsauslegung ergebe. Die pandemiebedingte Verschiebung der für den 1. August 2020 geplanten Trauung und Hochzeitsfeier stelle nach Auffassung des Bundesgerichtshofs keinen Umstand dar, der die Kläger zum Rücktritt vom Vertrag berechtige. Heranzuziehen seien die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung. Diese Regelungen gingen den Bestimmungen über die Störung der Geschäftsgrundlage vor. Der Umstand, dass die Kläger nach Absage des vereinbarten Termins nur aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten liegen, einen anderen Fotografen bevorzugt hätten, sei nach Treu und Glauben unbeachtlich und daher nicht zu berücksichtigen. Obwohl die Hochzeit von pandemiebedingten landesrechtlichen Vorgaben betroffen gewesen sei, hätte die Beklagte die fotografischen Leistungen für die kirchliche Trauung und die Hochzeitsfeier dennoch erbringen können, da das einschlägige Landesrecht kirchliche Trauungen und Hochzeitsfeiern sowie die Erbringung von Dienstleistungen und Handwerksleistungen zuließ. Auch wenn die Kläger die Trauung und die Hochzeitsfeier wegen der nicht einzuhaltenden Abstände von mindestens 1,5 m nicht in dem geplanten Umfang (104 Gäste) hätten durchführen können, führe dies nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.

Im Ergebnis hätten die Kläger weder einen Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung noch einen Anspruch auf Feststellung, dass sie keine weitere Zahlung schulden. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die vereinbarte Vergütung von 2.099 Euro gemäß § 648 Satz 2 BGB zu verlangen.

Verschieben einer Hochzeit aufgrund pandemiebedingter Einschränkungen ist nicht gleich Unmöglichkeit

Das Urteil des BGH zeigt, dass die Verschiebung einer Hochzeit aufgrund pandemiebedingter Einschränkungen den Brautleuten nicht zwangsläufig das Recht gibt, vom Vertrag mit dem gebuchten Hochzeitsfotografen zurückzutreten. In diesem Falle hätte die Hochzeitsfeier stattfinden können, nur eben nicht in dem Umfang, wie es sich die Brautleute gewünscht hätten. Die Fotografin hätte aber ihrem Auftrag nachkommen können. Wenn die Brautleute zu dem neuen Termin nun auf den ursprünglichen Fotografen zurückgreifen wollten, dann komme dies einer Kündigung gleich. Entscheiden sich die Auftraggeber dazu, den Vertrag vor Beendigung der Arbeiten zu kündigen, ist der Auftragnehmer dennoch berechtigt, die vereinbarte Vergütung gemäß § 648 BGB zu verlangen.

§ 648 BGB ist eine Vorschrift, die sich mit Werkverträgen befasst. Sie legt die Rechte und Pflichten des Auftragnehmers und des Auftraggebers fest und beschreibt die Verfahren zur Beendigung des Vertrags. Nach § 648 BGB hat der Auftraggeber das Recht, den Vertrag bis zur Fertigstellung der Arbeiten jederzeit zu kündigen. Kündigt der Auftraggeber, so kann der Auftragnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen, muss sich aber ersparte Aufwendungen infolge der Kündigung sowie anderweitige Arbeiten, die er erworben oder böswillig unterlassen hat, anrechnen lassen. Der Auftragnehmer hat außerdem Anspruch auf angemessenen Ersatz des ihm durch die Kündigung entstandenen Schadens, es sei denn, die Kündigung ist auf Umstände zurückzuführen, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat.

(BGH, Urteil vom 27.04.2023 - VII ZR 144/22)

BlogPlus

Du möchtest weiterlesen?

Dieser Beitrag steht exklusiv Kunden von Jura Online zur Verfügung.

Paket auswählen