OLG zur Mietminderung
Das OLG Frankfurt am Main hatte im vergangenen Monat über einen besonders kuriosen Fall im Mietrecht zu entscheiden. Die Frage war unter anderem, ob ein sich sonnender, nackter Vermieter einen Grund für eine Mietminderung darstellt.
Worum geht es?
Der Kläger ist Vermieter einer Büroetage in einem Gebäude im schicken Frankfurter Westend. Das besagte Gebäude wird auch zu Wohnzwecken genutzt. Der Kläger war selbst Bewohner des Hauses. Die Beklagte, eine Gesellschaft, bemängelte das Auftreten von Küchengerüchen, Gerümpel, bauliche Arbeiten, sowie den sich sonnenden nackten Vermieter und minderte die Miete daraufhin nach einjähriger Mietzeit auf eigene Faust.
Der Kläger wandte sich gegen die ausstehenden Mieten.
Diesem Klagebegehren hat das Landgericht Frankfurt am Main überwiegend stattgegeben.
Die gegen das Urteil gerichtete Berufung der Beklagten vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte nur geringfügigen Erfolg.
Wie ist die Rechtslage?
Die Mietminderung ist in § 536 BGB geregelt. Dabei gilt im Vergleich zu anderen Gewährleistungsrechten die Besonderheit, dass die Minderung kraft Gesetzes und nicht aufgrund eines ausgeübten Gestaltungsrechts eintritt. Der Mieter hat lediglich eine Anzeigepflicht i.S.d. § 536c Abs. 2 BGB. Außerdem ist ein Verschulden des Vermieters nicht erforderlich.
Voraussetzung für eine Mietminderung ist neben einem wirksamen Mietvertrag ein Mangel an der Mietsache. Dieser liegt vor, wenn die Mietsache mit einem Fehler behaftet ist, der ihre Tauglichkeit zur vertragsgemäßen Nutzung mindert oder aufhebt.
Das OLG musste nun bei mehreren gerügten Mängeln entscheiden, ob diese eine Minderung rechtfertigen würden.
Gerümpel, Essensgerüche und ein nackter Vermieter
Zum einen minderte die Beklagte die Miete, weil jemand „Gerümpel“ im Erdgeschossbereich abgestellt hatte. Dies sei zwar Anlass für Beanstandungen, sei aber hinzunehmen, da das Gebäude nunmal auch als Wohnung diene. Der Freiraum der Mieter sei unter dem Gesichtspunkt der Sozialverträglichkeit zu werten und mit dem Gebot der Rücksichtnahme abzuwägen. Abgestellte Dinge würden nur in Ausnahmefällen über das sozialadäquate Maß hinausgehen. Eine solch massive Beeinträchtigung sei hier nicht feststellbar.
Zum anderen monierte die Beklagte Küchengerüche. Auch diese gingen aber nicht über dieses sozialadäquate Maß hinaus. Es müsse vielmehr damit gerechnet werden, dass sich die Mitbewohner gelegentlich ein Mittagessen kochen, das auch riecht. Im Übrigen wurde dieser „muffige Geruch“ beim durchgeführten Ortstermin nicht festgestellt.
Schließlich konnte die Miete auch nicht gemindert werden, weil sich der Kläger nackt im Hof gesonnt hatte. Eine Verletzung durch das ästhetische Empfinden führe grds. noch nicht zu einem Abwehranspruch. Dieser kann bei einer „grob ungehörigen Handlung“ i.S.d. § 118 OWiG vorliegen. Voraussetzung ist, dass eine grob ungehörige Handlung vorliegt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen. Daran fehle es hier. Der Kläger habe nicht gezielt sittenwidrig auf das Grundstück eingewirkt, vielmehr sei die Liege, auf der er sich unbekleidet sonnte, nur dann sichtbar, wenn man sich aus den Räumlichkeiten der Beklagten weit aus dem Fenster herausbeuge.
Zum Bedauern mancher Prozessteilnehmer und zur Erleichterung anderer, konnte bei dem Ortstermin kein nackter Vermieter im Flur festgestellt werden. Eine zufällige Konfrontation mit seiner körperlichen Entblößung war somit auch ausgeschlossen.
Lediglich bzgl. der Bauarbeiten in Nachbarschaft bejahte das OLG eine Mietminderung um 15% für drei Monate, da sie nicht unwesentlich und nicht ortsüblich seien. Lärm und Staubimmissionen im Umfeld des Mietobjektes müssen nicht hingenommen werden. Dabei sei allerdings wesentlich, dass sich das Gebäude in einer ruhigen Nebenstraße in einem sehr gehobenen Wohngebiet befinde und die „Ruhe und Gediegenheit“ des Umfelds daher in Form des Ambientes des Mieterorts Bestandteil der vertraglichen Beschaffenheit wurden.
(OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 18.04.2023 - 2 U 43/22)
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