Falsch ist falsch und muss von Google gelöscht werden
Die Links zu Webseiten, auf denen nachweislich Falschbehauptungen zu finden sind, müssen von Google aus den Suchergebnissen gelöscht werden. Der EuGH stellt sich mit einer aktuellen Entscheidung schützend vor Opfer von „Fake news“. Geklagt hatte ein deutsches Ehepaar, nun muss der BGH entscheiden.
Worum geht es?
Gibt man bei der Suchmaschine Google das Stichwort „BGB“ ein, erscheinen unter einer halben Sekunde später knapp 60.000.000 Ergebnisse. Eine ganze Menge – und viel Arbeit, sich durch alle durchzuklicken. Aber sind von den Suchergebnissen auch alle wahr?
Sollte dies nämlich nicht der Fall sein, könnte Google in der Pflicht stehen, die betroffenen Links aus den Suchergebnissen zu löschen. In einer aktuellen Entscheidung, die ihren Ursprung in Deutschland nahm, haben die europäischen Richter:innen entschieden, dass Suchmaschinenbetreiber wie Google die Verlinkungen zu Falschbehauptungen löschen müssen – auch ohne Urteil.
Ehepaar zieht wegen Falschbehauptungen vor den BGH
„Data is the new oil“, sagt ein modernes Sprichwort hinsichtlich der immer rasanteren Digitalisierung und Vernetzung der Welt. Zeitgleich entstand in den vergangenen Jahren eine Debatte um sogenannte „Fake news“, also Falschbehauptungen im Netz. Thematisch gibt es bei ihnen nahezu keine Grenzen.
In dem aktuellen Fall ging es um ein Ehepaar aus der Finanzdienstleistungsbranche. Es sah sich von einer amerikanischen Website mit Falschbehauptungen über ihre Anlagenmodelle erpresst. Dies sei üblich bei der Website: Deren Betreiber erpressten mit „Fake news“ und löschten diese erst, wenn die Betroffenen Geld zahlen.
Das Ehepaar richtete sich an Google und verlangte, dass die Artikel der dubiosen Website aus den Suchergebnissen entfernt werden. Doch der Suchmaschinen-Betreiber lehnte ab: Die Faktenlage sei unklar. Dagegen zog das Ehepaar vor die deutschen Gerichte, bis hin zum BGH nach Karlsruhe. Die Bundesrichter:innen fragten beim EuGH nach, wie die Sache nach europäischem Recht zu beurteilen sei.
EuGH: Daten müssen gelöscht werden, wenn…
In Luxemburg wurde nun entschieden: Suchmaschinen müssen solche Suchergebnisse aus den Treffern löschen, wenn sie nachweislich falsch sind. Das europäische Gericht führte aus, dass zwar das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion stets mit anderen Grundrechten abgewogen werden müsse – insbesondere das Recht auf freie Information dürfe so nicht ausgehebelt werden. Die Datenschutz-Grundverordnung sehe daher auch ausdrücklich vor, dass es gerade kein Recht auf die Löschung solcher Daten gebe, die zur Rechtsausübung auf freie Information erforderlich seien. Aber: Anders ergebe sich die Situation, wenn die Inhalte nachweislich falsch und damit „Fake news“ seien. Das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationen könne dann nicht berücksichtigt werden.
Beweislast bei Betroffenen
Allerdings müssten die Suchmaschinen-Betreiber nicht selbst aktiv werden und nach „Fake news“ auf die Suche gehen. Vielmehr müsste die betroffene Person, die sich Falschbehauptungen ausgesetzt sieht, selbst nachweisen, dass die Suchanfrage auch ein Ergebnis anzeigt, dass zu einer Website mit Falschbehauptungen führte. Dazu bedürfe es den europäischen Richter:innen zufolge auch keine richterliche Entscheidung. Die Betroffenen müssten lediglich solche Beweise für die Falschbehauptung vorlegen können, deren Zusammenstellung für sie zumutbar seien.
Weitere (digitale) spannende Entscheidung
Damit reiht sich eine weitere spannende Entscheidung des EuGH in die digitale Rechtsprechung ein. 2014 hatte das luxemburgische Gericht ein Grundsatzurteil getroffen und das „Recht auf Vergessen“ erschaffen, das berühmte Urteil „Google Spain“. Damals wollte ein Spanier bestimmte Links aus den Google-Treffern entfernt haben, die über seine Verschuldung berichteten – die damals schon über 15 Jahre her war. Der EuGH gab dem Mann recht und somit einen direkten Anspruch gegen Google und andere Suchmaschinenbetreiber auf Entfernung bestimmter Links – das „Recht auf Vergessen“. Seitdem wird die Rechtsprechung stets weiter konkretisiert und auch das BVerfG hat sich schon einige Male mit der Thematik zu befassen gehabt.
Im Fall des deutschen Ehepaares aus der Finanzdienstleistungsbranche ist aber nicht das BVerfG dran, sondern nochmal der BGH. Dieser muss nun über die Sache entscheiden. Unter Berücksichtigung der europäischen Entscheidung dürfte es nun hauptsächlich darauf ankommen, ob das Ehepaar nachvollziehbar beweisen kann, dass die Informationen der amerikanischen Website offensichtlich falsch und damit „Fake news“ seien. Wenn ja, muss Google die Seiten aus seinen Suchergebnissen löschen.
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