Ein Fall mit hoher Prüfungsrelevanz: Es geht unter anderem um den doppelten Gehilfenvorsatz, Beihilfe zum Mordversuch und Körperverletzung mit Todesfolge
Die sorgfältige Prüfung der – objektiven und subjektiven – Voraussetzungen einer Teilnahmetat ist ohnehin unabdingbar, bei Tötungsdelikten bzw. bei erfolgsqualifizierten Delikten „mit Todesfolge“ kommt es aber erst Recht darauf an, die Vorstellungen des Täters von der Haupttat konkret und sicher festzustellen. Im hiesigen, vom 2. Strafsenat des BGH entschiedenen Fall lagen die Schwierigkeiten genau dort, also den beiden Gehilfen nachzuweisen, dass sie den (versuchten) Heimtückemord an den Beteiligten der Auseinandersetzung bzw. den Tod eines Beteiligten infolge von Körperverletzungshandlungen in ihr Vorstellungsbild aufgenommen hatten. Angesichts ihrer jeweilig für das konkrete Ausführungsstadium eher untergeordneten Gehilfenleistungen verstand sich dies nicht von selbst.
A. Sachverhalt
Nachdem bei einem Einbruch in eine durch K betriebene Bar mehrere tausend Euro entwendet worden sind, lobt dieser zur Ergreifung der Täter eine Belohnung aus. Hierauf wird der P aufmerksam, der zusammen mit A, B und C an einem weiteren Einbruch beteiligt gewesen ist und aus deren Gesprächen geschlossen hatte, dass diese zuvor in die Bar des K eingedrungen gewesen sein mussten.
P teilt dem K mit, dass er wisse, wer für den Einbruch bei ihm verantwortlich sei und dass von den betreffenden Personen beabsichtigt sei, das Diebesgut für eine Nacht in der Kneipe des N zu lagern. Der K entschließt sich zusammen mit seinem Bruder J, die Gruppe um A, B und C für ihre „Verfehlung zu bestrafen“. Hierzu gewinnt er sowohl den Präsidenten einer regionalen Abteilung („Chapter“) der „Hells Angels“ (X) als auch den S als Fahrer. Die Gruppe um den K trifft sich entsprechend einer Verabredung in der kommenden Nacht mit dem P vor der Kneipe des N. P bestätigt, dass sich die gesuchten Einbrecher (A, B und C) in zu dieser Zeit geschlossenen Kneipe befänden und verlässt anschließend die Örtlichkeit.
In diesem Moment trifft der Kneipenwirt N ein, den die Gruppe in ihre Gewalt bringt, indem ihm von dem Bruder des K (J) eine nach Absprache mit X mitgeführte Schusswaffe an den Kopf gehalten und er von den Beteiligten in den Vorraum der Kneipe gedrängt wird. Ein Kellner in der Kneipe und der A werden im Inneren auf Geräusche an der Tür aufmerksam und gehen von einer Rückkehr des P aus; mit einem körperlichen Angriff rechnet niemand von ihnen.
Während der S mit dem N zunächst im Eingangsbereich verbleibt und diesen von einem Eingreifen abhält, dringen die anderen aus der Gruppe um den K schreiend in die Kneipe ein. Der J fügt dem Kellner durch einen Schlag mit der Pistole einen Schädel-Impressionsbruch zu, so dass dieser bewusstlos zu Boden geht. A und B werden durch Schüsse in die Oberarme bzw. die Leistengegend ebenso verletzt wie durch den Einsatz stumpfer Gewalt. Der K hält währenddessen den am Ende des Raums sitzenden C von einer Flucht ab. Trotz dessen flehender Bitte, ihn zu verschonen, schießt X – dem die Schusswaffe zwischenzeitlich übergeben worden war – dem C aus kurzer Distanz in den Oberkörper, so dass dieser innerhalb kurzer Zeit verstirbt. Nachdem der Versuch des J, weitere Schüsse auf die am Boden Liegenden abzugeben, aus technischen Gründen misslingt, flieht die Gruppe aus der Kneipe. Nur S und P werden aufgegriffen und vorläufig festgenommen.
Wie haben sich S und P strafbar gemacht?
B. Entscheidung
I. Strafbarkeit des S
1. Beihilfe zum Mord, §§ 211, 27 StGB
S könnte sich wegen Beihilfe zum Mord nach den §§ 211, 27 StGB strafbar gemacht haben, indem er die Gruppe um K zur Kneipe des N gefahren und den N dort vom weiteren Eingreifen abgehalten hat.
a) Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat
Zunächst müsste eine vorsätzlich begangene rechtswidrige Haupttat gegeben sein, zu der S Hilfe geleistet haben könnte. In Betracht kommt insoweit ein von K, J und X in Mittäterschaft begangener Mord (Heimtücke) zum Nachteil des C gemäß den §§ 211 Abs. 2, 25 Abs. 2 StGB. C ist infolge des Schusses durch X gestorben. K und J ist diese Tathandlung aufgrund eines zuvor mit X gefassten Tatplans und ihrer Tatherrschaft im Zeitpunkt der Tatausführung als eigene objektiv zuzurechnen. K, J und X haben auch „heimtückisch“ gehandelt. So handelt derjenige, der in feindlicher Willensrichtung die Arg- und dadurch bedingte Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Arglos ist ein Tatopfer, das bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs weder mit einem lebensbedrohlichen noch mit einem gegen seine körperliche Unversehrtheit gerichteten erheblichen Angriff rechnet. Wesentlich an der Heimtücke ist, dass der Mörder sein Opfer, das keinen Angriff erwartet, in einer hilflosen Lage überrascht und dadurch hindert, dem Angriff auf sein Leben zu begegnen oder diesen zu erschweren.
So liegt der Fall hier: C hatte – ebenso wie die übrigen Anwesenden – beim Eindringen der Gruppe um K in die Kneipe nicht mit einem körperlichen Angriff von K, J und X gerechnet, erst Recht nicht mit dem Einsatz einer Schusswaffe. Und C, der von K an der Flucht gehindert war, war aufgrund der vorherigen Arglosigkeit wehrlos, als X ihn in dieser Lage mit seiner Waffe „überraschte“.
K, J und X handelten jeweils vorsätzlich und mit dem erforderlichen Ausnutzungsbewusstsein, wobei X den Schuss auf C gezielt abgegeben hat und K und J den Tod des C zumindest billigend in Kauf nahmen.
Eine vorsätzlich begangene rechtswidrige Haupttat, zu der S Hilfe geleistet haben kann, liegt also vor.
b) Hilfeleistung
Fraglich ist weiter, ob S zu der Haupttat auch „Hilfe geleistet hat“. Eine Beihilfe „durch Tat“ ist jede Handlung, die die Haupttat in ihrer konkreten Gestalt erst ermöglicht oder ihren rechtsgutsverletzenden Erfolg vergrößert. S hat die Gruppe um K in der Tatnacht zur Kneipe des N gefahren und diesen dort nach dem „Einmarsch“ von K, J und X in die Kneipe am Eingreifen in das Geschehen gehindert. Damit hat er die Begehung des Heimtückemordes in Mittäterschaft ermöglicht und weiter gefördert.
c) „Doppelter Gehilfenvorsatz“
S müsste auch mit „doppeltem Gehilfenvorsatz“ gehandelt haben, also vorsätzlich sowohl hinsichtlich der Vollendung der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat einschließlich aller erforderlichen subjektiven Merkmale beim Täter als auch hinsichtlich seiner Beihilfehandlung gehandelt haben. Für eine bewusste Gewalteskalation könnte das überfallartige nächtliche Eindringen der Gruppe in die beengte Kneipe des N sprechen. Dass bei der Tat eine Schusswaffe zum Einsatz kommen würde, hat S spätestens erkannt, als dem N eine solche an den Kopf gehalten worden ist. Schließlich hat S den N selbst dann noch unbeirrt weiter bewacht, als die ersten Schüsse auf die Geschädigten gefallen sind, was dafür spräche, dass er sich mit deren Tötung von Anfang an abgefunden hat. Dazu allerdings der BGH:
„II.1. Hinsichtlich des S erweist sich die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Gehilfenvorsatz - auch eingedenk des nur eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsumfangs (…) - als lückenhaft.
a) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe setzt danach in objektiver Hinsicht eine von einem anderen vorsätzlich begangene rechtswidrige Haupttat sowie deren Förderung durch den Gehilfen voraus. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite muss sich der Vorsatz des Gehilfen auf die Haupttat beziehen und sowohl die Verwirklichung der hinreichend konkretisierten Tat des anderen als auch die Förderung dieser Tat durch einen eigenen Unterstützungsbeitrag umfassen. Einzelheiten der Haupttat braucht der Teilnehmer nicht zu kennen; indes muss er jedenfalls den wesentlichen Unrechtsgehalt und die Angriffsrichtung der Haupttat erfassen (…).
b) Hiervon ausgehend hat das Landgericht bei der Beurteilung des Gehilfenvorsatzes wesentliche Umstände nicht erörtert, die gegen die Annahme sprechen können, der S habe Beihilfe zu Tötungsdelikten leisten wollen.
aa) Die durch das Landgericht im Rahmen seiner Würdigung herangezogenen Beweisanzeichen wie die Uhrzeit des Überfalls, die räumlichen Begebenheiten sowie das überfallartige Eindringen weisen weder für sich betrachtet noch in der Gesamtschau eine solche Besonderheit auf, dass ohne Weiteres aus ihnen nicht nur auf einen Vorsatz des [S] auf (bloße) Körperverletzungs-, sondern auch auf Tötungshandlungen geschlossen werden kann. Hiervon ist auch das Landgericht noch zutreffend ausgegangen.
bb) Soweit das Landgericht folgerichtig dem Verhalten des S während der Tat im Rahmen der Beweiswürdigung maßgebliche Bedeutung beigemessen hat, hat es entscheidend auf den Umstand abgestellt, dass der S auch nach den ersten Schüssen auf die Geschädigten den [N] unbeirrt weiter bewachte und hieraus abgeleitet, dass der [S] die Tötung der Geschädigten billigend in Kauf genommen habe. Dies greift indes zu kurz.
(1) Das Landgericht hat nicht in den Blick genommen und erörtert, dass der Angeklagte nach den Feststellungen [die Kneipe des] N nicht wie die übrigen Beteiligten gestürmt hatte, sondern er zunächst mit dem [N] im Eingangsbereich verblieben war und erst im Laufe des Überfalls hineingerufen wurde. Dies hätte zur Erörterung drängen müssen, welche Schussabgaben der [S] optisch oder akustisch wahrnahm oder warum er auch ohne optische Wahrnehmung von tödlichen Schüssen ausgegangen ist, zumal sich der [S] dahingehend eingelassen hat, nur gesehen zu haben, wie - zum Ende des Geschehens - auf den [C] geschossen worden sei. Zwar hat sich der [S] auch dahingehend eingelassen, dass ein Schalldämpfer seiner Einschätzung nach nicht verwendet worden sei, was nahelegt, dass er sämtliche Schüsse jedenfalls hörte. Dies trägt indes die Annahme des Landgerichts, der S habe die Tötung eines Geschädigten billigend in Kauf genommen, nicht ohne Weiteres. Anders als bei optischer Wahrnehmung lässt sich allein aus der Geräuschentwicklung eines Schusses regelmäßig nicht dessen Zielrichtung ableiten.
(2) Näherer Erörterung hätte auch die Frage bedurft, welche Reaktion von dem [S] in der Kürze der Zeit - auch mit Blick auf die Gewaltbereitschaft der übrigen Beteiligten - zu erwarten gewesen wäre, sollte er mit den Tötungshandlungen nicht einverstanden gewesen sein. Denn in den Urteilsgründen wird in anderem Zusammenhang die Dynamik des Geschehensablaufs betont; auch hat die Strafkammer festgestellt, dass das gesamte Geschehen zwischen Eintreffen am Tatort und der Flucht der Angreifer nach den tödlichen Schüssen auf [C] nur ca. zwei Minuten gedauert hat. Die Möglichkeiten des S, sich vom Handeln der anderen zu distanzieren, waren damit in einem Umfang begrenzt, der es nicht ohne Weiteres nahelegt, dass aus fehlender Distanzierung auf einen Gehilfenvorsatz im Hinblick auf ein Tötungsdelikt geschlossen werden könnte, insbesondere, wenn er lediglich den Schuss auf den [C] optisch wahrgenommen haben sollte. Für das, was schon vollständig abgeschlossen ist, vermag das nachträgliche Einverständnis eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Gehilfen nicht mehr zu begründen (…).
cc) Die im Übrigen getroffenen Feststellungen und Wertungen tragen für sich genommen die Annahme eines Gehilfenvorsatzes im Hinblick auf ein Tötungsdelikt ebenfalls nicht. Einen über die bloße Abrede der Gruppe um den [K], die Geschädigten „bestrafen“ und hierfür [in der Kneipe des] N mit einer körperlichen Auseinandersetzung „überfallartig“ beginnen zu wollen, hat die Strafkammer keinen weiteren - ausdrücklichen - Tatplan festgestellt, in den der S eingebunden gewesen wäre; die Planung des Überfalls war vorwiegend durch den [K] und dessen Bruder [J] zusammen mit [X] vorgenommen worden. Auch vermochte die Strafkammer nicht zu klären, aus welchen Beweggründen sich der S an der Tat beteiligte. Er war jedenfalls - nach den Urteilsgründen - bei Betreten der Gaststätte möglicherweise von dem Gedanken geleitet, bei den Geschädigten solle Furcht vor weiteren Repressalien aufgebaut werden (…). Nicht ausgeschlossen erscheint, dass sich - dieses Tatmotiv als gegeben unterstellt - die Tötungshandlungen innerhalb [der Kneipe] aus Sicht des S als ein spontanes Entgleiten der Situation darstellte.“
S fehlt es damit (nach den derzeitigen Feststellungen) an dem erforderlichen „doppelten Vorsatz“.
Hinweis: Hinsichtlich eines aus kurzer Distanz auf einen Menschen abgegebenen Schusses mit einer scharfen Waffe greift der Rückschluss auf einen bedingten Tötungsvorsatz „wegen der außergewöhnlich großen Lebensgefährlichkeit“ zu kurz; erforderlich ist vielmehr eine umfassende Gesamtwürdigung aller Umstände, jede schematische Lösung verbietet sich. Auch die Absicht des Täters, dem Geschädigten einen „Denkzettel“ zu verpassen, liefert noch keinen eindeutigen Hinweis auf eine Beschränkung seines Vorsatzes, die schon für sich genommen einen zumindest bedingten Lebensgefährdungsvorsatz ausschließen könnte (so BGH, NStZ-RR 2017, 243, 244).
Der 2. Strafsenat hat das Urteil des Landgerichts, mit dem S u.a. wegen Beihilfe zum Mord verurteilt worden war, auf seine u.a. auf eine Sachrüge gestützte Revision hin aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Schwurgerichtskammer zurückverwiesen. Dazu der BGH:
„Das neue Tatgericht wird sich eingehend mit der Frage zu befassen haben, auf welchen Zeitpunkt im Hinblick auf die Tötung des [C] bei der Prüfung der Heimtücke abzustellen ist (…) und ob sich insoweit der Gehilfenvorsatz auf die mögliche Annahme des Heimtückemerkmals erstreckte.“
d) Zwischenergebnis
S hat sich nicht wegen Beihilfe zum Mord nach den §§ 211, 27 StGB strafbar gemacht.
2. Beihilfe zum versuchten Mord, §§ 211, 22, 23 Abs. 1, 27 StGB
S hat sich auch nicht wegen Beihilfe zum versuchten Mord gemäß §§ 211, 22, 23 Abs. 1, 27 StGB in zwei Fällen strafbar gemacht, indem er die Abgabe der Schüsse auf A und B ermöglicht und gefördert hat. Insoweit haben zwar K, J und X – als Mittäter – vorsätzlich und rechtswidrig eine entsprechende Haupttat begangen (Tatentschluss und unmittelbares Ansetzen sind gegeben), zu der S als Fahrer und „Bewacher“ von N auch Hilfe geleistet hat. Allerdings fehlt es auch insoweit am Gehilfenvorsatz (s.o.).
3. Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung, §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2 , Nr. 4 und Nr. 5, 27 StGB
S könnte sich aber wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung, §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1, Nr. 4 und Nr. 5, 27 StGB in drei Fällen strafbar gemacht haben, indem er die Abgabe der Schüsse auf A, B und C ermöglicht und gefördert hat. K, J und X haben – als Mittäter – eine entsprechende Haupttat vorsätzlich und rechtswidrig begangen. Sie haben A, B und C aufgrund eines gemeinsamen Tatplans durch die von J und X abgegebenen Schüsse am Körper verletzt und an der Gesundheit geschädigt (§ 223 Abs. 1 StGB), und zwar jedenfalls mittels einer Waffe (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 StGB) und „mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich“ (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) sowie – bezogen auf den Schuss des X auf den Oberkörper von C aus kurzer Distanz – mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung i.S. von § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB. Zur Ausführung dieser Taten hat S als Fahrer der Gruppe um K und als „Bewacher“ von N Hilfe geleistet.
S hatte auch Vorsatz hinsichtlich der Vollendung der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat(en) einschließlich aller subjektiven Merkmale beim Täter (K, J und X) als auch hinsichtlich seiner eigenen Beihilfehandlung. S wusste bei seiner Anwerbung als Fahrer, dass es darum geht, die Gruppe um A, B und C für ihre „Verfehlung zu bestrafen“. Ferner wusste er spätestens, als J dem N die mitgeführte Waffe an den Kopf gehalten hatte, dass es zum Einsatz von (körperlicher) Gewalt kommen kann. Die Verletzungen von A, B und C an ihren Körpern einschließlich des Einsatzes bzw. der Verwirklichung der Qualifikationsmittel nahm S hier zumindest billigend in Kauf.
S hat sich demgemäß wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung, §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 und Nr. 4 StGB strafbar gemacht, und zwar in drei Fällen – jeweils bezogen auf A, B und C.
Fraglich ist, wie diese Fälle jeweils zueinander stehen, also im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB) oder der Tatmehrheit (§ 53 StGB), oder ob diese rechtlich nur als „eine Tat“ zu behandeln sind. Dazu der BGH (NStZ-RR 2019, 211):
„_Höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Personen und deren Verletzung sind einer additiven Betrachtungsweise, wie sie etwa der natürlichen Handlungseinheit zu Grunde liegt, nur ausnahmsweise zugänglich. Greift der Täter einzelne Menschen nacheinander an, um jeden von ihnen in seiner Individualität zu beeinträchtigen, so besteht sowohl bei natürlicher als auch bei rechtsethisch wertender Betrachtungsweise selbst bei einheitlichem Tatentschluss sowie engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge rechtlich als eine Tat zusammenzufassen. Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs, etwa bei Messerstichen innerhalb weniger Sekunden oder bei einem gegen eine aus der Sicht des Täters nicht individualisierte Personenmehrheit gerichteten Angriff, willkürlich und gekünstelt erschiene._“ Aufgrund der einheitlichen Bewertung eines eng zusammengehörenden Geschehens – etwa einer „tumultartigen, schnell und ohne Unterbrechung verlaufenden Schlägerei“ – ist in Fällen der sukzessiven Verletzung mehrerer Personen aber gleichwohl Tateinheit anzunehmen (vgl. dazu BGH, NStZ-RR 1998, 233).
K, J und X haben die Körperverletzungen gegenüber mehreren Personen (A, B und X) begangen und die Verletzungshandlungen waren eingebettet in ein räumlich und zeitlich zusammenhängendes Geschehen, so dass die Taten nicht als „eine Tat“, gleichwohl aber in Tateinheit stehend zu sehen sind.
4. Ergebnis
S hat sich vorliegend wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung nach den §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 und Nr. 4 StGB in drei in Tateinheit (§ 52 StGB) stehenden Fällen strafbar gemacht.
Hinweis: Wie es mit der Strafbarkeit des S aussieht, schauen wir uns dann in der kommenden Woche im zweiten Teil des Beitrags an. Dabei geht es dann unter anderem um die Körperverletzung mit Todesfolge, § 227 StGB. (BGH, Beschluss vom 15.03.2022 – 2 StR 302/21)
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