Bedarf es für eine wirksame Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Schriftform nach § 623 BGB?
Ein Arbeitgeber kündigte dem Arbeitnehmer fristlos das Arbeitsverhältnis. Doch anstatt ihm das Kündigungsschreiben zu übergeben, fotografierte er es ab und verschickte es an ihn via WhatsApp. Wahrt dieses Vorgehen das Schriftformerfordernis?
Worum geht es?
Messenger-Dienste wie WhatsApp sind in unserem Alltag kaum wegzudenken, schließlich vereinfachen und beschleunigen sie um ein Vielfaches unsere Kommunikation untereinander. Doch im Rechtsverkehr gilt etwas anders, wie das LAG München in einer arbeitsrechtlichen Streitigkeit erklärte. Grund für die Kündigungsschutzklage war eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber, die er dem klagenden Arbeitnehmer nicht nur als WhatsApp-Textnachricht, sondern als Foto über den Online-Dienst mitteilte. Wie ist die Rechtslage?
Arbeitnehmer erhebt Kündigungsschutzklage
Anlass für die Entscheidung des LAG München war die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers, die er vor dem AG Augsburg erhob. Seit Juni 2020 war der Mann als Helfer bei seinem Arbeitgeber beschäftigt, arbeitete wöchentlich 50 Stunden für eine monatliche Vergütung in Höhe von 1.200 Euro. Nur wenige Monate nach dem Beginn des Arbeitsverhältnisses soll der Arbeitnehmer jedoch am 2. September betrunken zur Arbeit erschienen sein. Der Arbeitgeber nahm dies zum Anlass einer fristlosen Kündigung.
Doch es gab ein Problem: Der Arbeitgeber soll die Adresse seines Mitarbeiters nicht gekannt haben. Daher fotografierte er das unterschriebene Kündigungsschreiben vom 2. September ab und schickte es dem Kläger per WhatsApp. Gegen seine Kündigung erhob der Arbeitnehmer fristgerecht Kündigungsschutzklage.
LAG München: Kündigung unwirksam
Der Arbeitgeber unterlag der erhobenen Kündigungsschutzklage bereits vor dem AG Augsburg, nun hat das LAG München das Urteil bestätigt. Sowohl die ordentliche als auch die außerordentliche Kündigung von Arbeitsverhältnissen bedürfen gem. § 623 BGB für ihre Wirksamkeit der Schriftform, die elektronische Form ist ausdrücklich ausgeschlossen.
Ein Foto des Originalschreibens über den Messenger WhatsApp erfülle das Schriftformerfordernis, das allgemein in § 126 I BGB normiert ist, jedoch nicht. Nach § 126 I BGB muss die Urkunde vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Hier fehle es insbesondere an der erforderlichen Originalunterschrift, so das LAG München. Diese sei zwar auf dem Foto erkennbar, doch dabei handele es sich lediglich um die Ablichtung der Originalunterschrift. Es reiche auch nicht aus, dass der Arbeitnehmer durch das Foto von der Existenz einer solchen Kündigung weiß. Diese werde nämlich erst in dem Moment wirksam, in dem sie dem Arbeitnehmer in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zugeht.
Fehlende Adresse hier unerheblich
Daran ändere auch nicht das Vorbringen des Arbeitgebers, dass ihm die Adresse des Arbeitnehmers nicht genau bekannt gewesen sei. Das Gericht wies daraufhin, dass er nicht ausreichend dargelegt habe, dass er den Arbeitnehmer nach seiner Anschrift gefragt habe. Außerdem sei eine Zustellung später ohne Probleme möglich gewesen, insbesondere, nachdem der Arbeitnehmer die Klage erhoben habe.
Im Ergebnis ist die fristlose Kündigung unwirksam.
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