Sachverhalt beruht auf einem Gedächtnisprotokoll
Eine anspruchsvolle Klausur, für die fundierte Kenntnisse vom BGB AT, über das (neue) Schuldrecht bis hin zur ZPO erforderlich waren.
Teil I
Peter (P) und Michael (M) leben zusammen. An einem Sonntag fahren sie an dem Betriebsgelände der Händlerin Hildegard (H) vorbei. Als ihr Blick auf einen dort ausgestellten Luxus-Wohnwagen fällt, bei dem es sich um eine neu hergestellte, individuell ausgestattete Sonderanfertigung eines bekannten Designers handelt, sind sie sofort begeistert. Peter fasst spontan den Entschluss, diesen Wohnwagen für einen kurz bevorstehenden gemeinsamen Urlaub zu erwerben. Da Peters Pkw keinen Wohnwagen ziehen kann, beschließt Peter von Hildegard auch einen Geländewagen mit Anhängerkupplung zu kaufen, um den Wohnwagen nutzen zu können. Da Peter keine Zeit für den Kauf hat, Michael jedoch befürchtet. dass Hildegard mit ihm keinen Vertragh schlie0en wird, weil eine Bonitätsprüfung der Schufa für ihn wegen wiederholter Zahlungsschwierigkeiten negativ ausfallen würde, vereinbaren sie, dass sich Michael beim Kauf als Peter ausgeben soll. Michael könne ohnehin besser verhandeln. Michael erscheint daher am nächsten Tag be Hildegard, stellt sich als Peter vor und erklärt ihr, dass r von dem Luxus-Wohnwagen begeistert sei und diesen und keinen anderen kaufen wolle. Da er mit dem Wohnwagen in Kürze in Urlaub fahren wolle, sein Pkw aber keinen Wohnwagen ziehen könne, wolle er darüber hinaus auch gleich einen Geländewagen kaufen, den er ausschließlich wegen der Zugmaschineneigenschaft benötige. Nach kurzen Verhandlungen über den Preis einigt sich Miachel mit Hildegard über den Kauf des Wohnwagens sowie eines neuen Geländewagens, wobei er in der Kaufvertragsurkunde Peters Namen einträgt und mit dessen Namen unterschreibt. Der vereinbarte “Gesamtpreis” beträgt 184.000 €. Dabei entfallen 80.000 € auf den Geländewagen und 104.000 € auf den Wohnwagen. Am Nachmittag überweist Peter den Kaufpreis von seinem Konto an Hildegard, wo das Geld am nächsten Tag eingeht. Eine Woche später holen Peter und Michael Gelände- und Wohnwagen gemeinsam bei Hildegard ab.
Eine Woche nach Abholung nutzen Peter und Michael das Gespann eine Woche lang im Urlaub. Nach einer Gewitternacht finden sie eine große Wasserlache im Wohnwagen vor, welche auf eine unzureichende Abdichtung durch poröses Dichtungsmaterial zurückzuführen ist. Deshalb bringt Peter den Wohnwagen zu Hildegard zurück und fordert diese auf, den Wohnwagen zu reparieren. Diese versucht eine Nachabdichtung, was ihr jedoch nicht gelingt. Der Wohnwagen ist immer noch undicht.
Peter teilt Hildegard daraufhin mit, dass er an dem undichten Wohnwagen kein Interesse mehr habe. Für den Geländewagen habe er ohne den Wohnwagen ebenfalls keine Verwendung mehr; er habe den Wohnwagen allein wegen dessen individueller Sonderausstattung erworben, die so auf dem Markt nicht mehr zu finden sei, und an einem anderen Wohnwagen kein Interesse. Peter und Michael wollten deshalb in Zukunft nur noch in Hotels Urlaub machen. Peter verlange daher den gezahlten Kaufpreis von 184.000 € zurück.
Am folgenden Tag nutzt Peter, dessen Pkw sich gerade zu einer Reparatur in der Werkstatt befindet, den Geländewagen spontan für einen Ausflug in die Berge. Er ist dabei - wie immer - etwas zu schnell unterwegs. Als er auf ein Stauende zufährt, kann er deshalb nicht mehr rechtzeitig bremsen. Er fährt auf die anderen Fahrzeuge auf, sodass der Geländewagen einen Totalschaden erleidet und völlig zerstört wird. Als Hildegard hiervon erfährt, lehnt sie jegliche Zahlung ab. Jedenfalls stünden ihr gegen Peter Ersatzansprüche zu, die sie mit einem etwaigen Anspruch von Peter verrechne. Der völlig zerstörte Geländewagen sei nicht mehr zu gebrauchen. Auch könne man doch nicht erst kostenlos Urlaub machen und dann vom Vertrag nichts mehr wissen wollen. Zudem müsse Peter den Wohnwagen zurückgeben. Da Peter davon überzeugt ist, dass Hildegard ihm den Kaufpreis zurückzuzahlen hat, erhebt er anwaltlich vertreten Klage beim zuständigen Landgericht Augsburg auf Zahlung von 184.000,-€. Nachdem Hildegard auf die ordnungsgemäß zugestellte Klage und die Aufforderung zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft nicht reagiert, erlässt das Landgericht Augsburg am 9. Februar 2022 im schriftlichen Vorverfahren antragsgemäß ein Versäumnisurteil gegen Hildegard. Dieses wird Hildegard am 15. Februar 2022 und Peter über seinen Rechtsanwalt am 16. Februar 2022 ordnungsgemäß zugestellt. Hildegard wendet sich daraufhin am 1. März 2022 an Rechtsanwältin Rita (R). Diese verfasst noch am selben Tag einen Schriftsatz, in dem sie im Namen von Hildegard Einspruch gegen das Versäumnisurteil einlegt und diesen begründet, und übersendet den Schriftsatz als elektronisches Dokument, welches mit ihrer Signatur versehen ist, über ihr besonderes elektronisches Anwaltspostfach i.S.v. § 130a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ZPO an das Landgericht Augsburg, wo er am selben Tag eingeht.
Frage: Hat das Vorgehen von Hildegard gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts Augsburg Aussicht auf Erfolg?
Hinweise zu Teil I: Ansprüche des Peter auf Schadensersatz bleiben bei der Bearbeitung außer Betracht. Nutzungsersatzansprüche bzgl. des Wohnwagens sind nicht zu prüfen. Als potentielle Laufleistung des Geländewagens sind 150.000 km anzunehmen. Im Zeitpunkt der Abholung hatte der Geländewagen einen Kilometerstand von 0, im Zeitpunkt des Unfalls von 1.500 km. Im Zeitpunkt des Unfalls hatte der Geländewagen einen Wiederbeschaffungswert von 75.000 €.
Teil II
Hildegard betreibt auch einen Versandhandel für Ersatzteile für Wohnwägen. Dagmar (D), die gewerblich Wohnwägen repariert und modernisiert, benötigt zur Ausführung eines Auftrags einen neuen Kühlschrank. Sie bestellt deshalb unter Angabe ihrer Adresse auf der Internetseite von Hildegards Versandhandel einen neuen Kühlschrank des Herstellers “Womatic”, Modell XT 80, zum Preis von 500,- €. Hildegard bestätigt den Kauf per E Mail. Da sich Hildegards Kunden zuletzt öfter über erhebliche Verzögerungen bei der Paketzustellung durch den Paketdienstleister beschwert haben und Dagmar zudem eine langjährige Kundin Hildegards ist, entschließt sich Hildegard kurzer Hand, den Kühlschrank selbst zu liefern, zumal Dagmars Werkstatt im Nachbarort liegt. Hildegard beauftragt deshalb ihren stets zuverlässigen Angestellten Achim (A) mit dem Transport des Kühlschranks. Sie holt den Kühlschrank aus dem Lager und übergibt ihn Achim, der sich mit dem Transporter sogleich auf den Weg zu Dagmar macht. Als Achim an einer Straßenkreuzung beinahe einen Radfahrer übersieht, muss er so stark abbremsen, dass der Kühlschrank umfällt und irreparabel zerstört wird. Dies beruht darauf, dass Achim den Kühlschrank vor der Fahrt versehentlich nicht ordnungsgemäß an den Innenwänden des Transporters befestigt hat. Als Hildegard hiervon erfährt, fragt sie sich, ob sie von Dagmar dennoch Zahlung von 500 € verlangen kann.
Frage: Kann Hildegard von Dagmar Zahlung von 500 € verlangen?
Hinweise zu Teil I und Teil II: Der Bearbeitung ist der Stand der Rechtslage zugrunde zu legen, der sich aus den zugelassenen Hilfsmitteln im Zeitpunkt der Bearbeitung ergibt. Etwaige Übergangsregelungen bleiben außer Betracht. Es ist zu unterstellen, dass weder der Geländewagen noch der Wohnwagen oder der Kühlschrank digitale Produkte enthalten oder mit diesen verbunden sind.
Schaue Dir hier die (prüfungs-) relevanten Lerninhalte zu dieser Klausur an:
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