Im Diesel-Skandal wird es jetzt auch strafrechtlich interessant

Im Diesel-Skandal wird es jetzt auch strafrechtlich interessant

Strafprozess wegen VW-Dieselaffäre gestartet

Prozessauftakt vor dem LG Braunschweig: Im Rahmen der VW-Dieselaffäre hat der Strafprozess gegen vier Führungskräfte des Autobauers begonnen. Der ehemalige VW-Chef Winterkorn ist nicht verhandlungsfähig und daher nicht dabei.

Worum geht es?

Vor dem LG Braunschweig hat vergangene Woche der Strafprozess gegen vier Führungskräfte von VW begonnen, die für den VW-Dieselskandal verantwortlich sein sollen. Der frühere VW-Chef Martin Winterkorn ist aber (noch) nicht dabei, denn das Verfahren gegen ihn wurde aufgrund aktueller Verhandlungsunfähigkeit wegen einer Operation abgetrennt. Der Hauptvorwurf der Anklage: Gewerbs- und bandenmäßiger Betrug.

Käufer der VW-Automobile wussten nichts von einer illegalen Abschalteinrichtung, die der Autobauer in Diesel-Autos verbaute. Auf dem Prüfstand gab sie dann unrichtige Stickstoffdioxid-Werte wieder und spiegelte vor, die Autos seien sauber.

Betrugsprozess gestartet

In zivilrechtlicher Hinsicht wurde die Dieselaffäre schon in großen Teilen und höchstrichterlich aufgearbeitet. Nun beginnt sechs Jahre nach dem VW-Dieselskandal die strafrechtliche Aufarbeitung des Falles. Es wird mit einem umfangreichen Prozess gerechnet: 133 Verhandlungstage seien bis in den Sommer 2023 geplant. Dazu zähle noch nicht das Verfahren gegen Winterkorn, da es noch unklar sei, wann er wieder verhandlungsfähig sein wird.

Die Staatsanwaltschaft zeigt sich überzeugt, dass Winterkorn relativ früh erfahren habe, dass die betroffenen Dieselautos die zulässige Stickstoffoxid-Grenze um das 15- bis 35-fache überschritten hätten. Gegen die weitere Verwendung der „Schummelsoftware“ soll er aber nichts weiter unternommen haben. Seitens der Staatsanwaltschaft heißt es:

Er entschied sich gegen eine Offenlegung und hoffte, die Rechtsverstöße weiter verschweigen zu können.

Die Täuschung von ihm und den vier Angeklagten soll dazu geführt haben, dass die Diesel-Autos verkauft wurden – wodurch ein immenser Schaden in Höhe mehreren 100 Millionen Euro entstanden sei. Die rechtlichen Nachwirkungen des Skandals sind aber auch für VW teuer: Der Abgasskandal soll den Autobauer bislang mehr als 32 Milliarden Euro gekostet haben.

Prüfungsaufbau: Betrug, § 263 StGB
Relevante Lerneinheit

Vier VW-Führungskräfte auf der Anklagebank

Die VW-Führungskräfte müssen sich jetzt wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs vor dem LG Braunschweig verantworten. Sie alle sollen in Abteilungen tätig gewesen sein, die für die Entwicklung der illegalen Abschalteinrichtung relevant waren. Dazu gehören etwa die Motorenentwicklung oder die Hauptabteilung der Antriebselektronik.

Eine Hauptverhandlung gegen Winterkorn soll so schnell wie möglich nachgeholt werden, heißt es seitens des Gerichts. Aufgrund von Operationen an der Hüfte des 74-Jährigen sei er aktuell nicht verhandlungsfähig. Zwar ist es nach unserer Strafprozessordnung möglich, einen Prozess auch in Abwesenheit eines Angeklagten durchzuführen. Dabei handelt es sich aber um ein praktisch seltenes Instrument, das in § 231a I StPO geregelt ist. Die Norm setzt für eine Verhandlung in Abwesenheit eines Angeklagten voraus, dass dieser seine Verhandlungsunfähigkeit schuldhaft selbst herbeigeführt hat. Dies sei vorliegend nicht der Fall, verkündete das LG Braunschweig in einer Pressemitteilung. Man habe sich aber dagegen entschieden, den gesamten Prozess erneut zu verschieben, um mit allen fünf Angeklagten gleichzeitig zu beginnen. Bereits zweimal wurde der Prozess aufgrund der Corona-Pandemie verlegt. 

StPO-Zusatzfragen

Daher hat der Prozess gegen die vier anderen Angeklagten nun begonnen. Verhandelt wird allerdings nicht in den gewöhnlichen Räumen des LG Braunschweigs. Aufgrund des erwarteten großen Interesses wird in der Stadthalle Braunschweig verhandelt.