Altersdiskriminierung beim DFB? Schiedsrichter erhebt Klage

Altersdiskriminierung beim DFB? Schiedsrichter erhebt Klage

Fachliche und persönliche Leistung (+), Alter (-)

Elfmeter ja oder nein, Abseits oder nicht – solche Entscheidungen treffen Schiedsrichter:innen beim Fußballspiel. Doch ob sie pfeifen dürfen oder nicht, entscheidet der DFB. Ein Kriterium ist dabei das Alter. Ein Bundesliga-Schiedsrichter wurde nun unfreiwillig in den Ruhestand geschickt – und klagt dagegen.

Worum geht es?

Die Jurist:innen beim Deutschen Fußball-Bund haben im Moment alle Hände voll zu tun: Nicht nur geht es für den DFB vor dem BGH um die Haftung für Pyroeinsätze von Fußballfans im Stadion, nun wird dem Verband auch Altersdiskriminierung vorgeworfen. Diese Vorwürfe stammen vom prominenten Bundesliga-Schiedsrichter Manuel Gräfe, der unfreiwillig seine Karriere beenden musste. Der DFB schreibt nämlich vor, dass man nur bis zum Alter von 47 Jahren in der Fußball-Bundesliga Spiele pfeifen darf. Dieses Alter hat Gräfe erreicht – für die kommende Saison 2021/2022 wurde er nicht auf die Schiedsrichterliste gesetzt. In einem Interview mit dem „Zeit Magazin“ kommentierte der Referee, der 289 Bundesligapartien leitete:

Ich verklage den DFB wegen Altersdiskriminierung.

Altersgrenze gilt auch für die zweite und dritte Liga

Der Weg zum Bundesliga-Schiedsrichter ist ein weiter Weg. Es ist viel Erfahrung nötig, fachliche Kompetenz in mehreren Bereichen, persönliche Fitness und vielleicht auch eine gewisse Portion Glück. In § 13a der DFB-Schiedsrichterordnung sind die Voraussetzungen für die Aufnahme von Referees in die 1. Bundesliga geregelt. Neben einem Leistungsnachweis müssen Schiedsrichter an Lehrgängen teilgenommen haben, körperlich fit sein und bestimmte Leistungsprüfungen bestehen. Außerdem ist ein Führungszeugnis erforderlich und tatsächlich auch eine Schufa-Auskunft. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, besteht die Möglichkeit, von einem Gremium unter Einwilligung des DFB-Präsidiums in den „Schiedsrichter-Kader“ aufgenommen zu werden und erstklassig pfeifen zu dürfen.

Manuel Gräfe scheint diese Voraussetzungen auch für die kommende Bundesliga-Saison erfüllen zu können. Er gilt als beliebter und kompetenter Schiedsrichter – doch nun verhindere sein Alter die Fortsetzung seiner Karriere. Nicht nur für die 1. Bundesliga, sondern auch für die zweite und die dritte gilt nämlich eine Altersgrenze, an der der DFB scheinbar festhalten möchte: Schiedsrichter:innen, die das 47. Lebensjahr vollendet haben, sind von weiteren Spielleitungen ausgeschlossen.

Gräfe klagt wegen Altersdiskriminierung

Der unfreiwillig in den Ruhestand versetzte Schiedsrichter hat nun angekündigt, gegen seinen Ausschluss Klage nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu erheben. Das AGG schützt bestimmte Merkmale, die in § 1 AGG genannt sind.

§ 1 AGG
Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Diskriminierungen aufgrund des Alters sind demnach untersagt, altersbedingte Benachteiligungen sind nur im Rahmen des § 10 AGG erlaubt. Die Norm erlaubt eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters in Fällen, in denen sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist.

Der Schutz der Altersdiskriminierung gilt auch im Arbeitsleben, wie § 7 AGG klar stellt. Danach dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Zwar besteht zwischen dem DFB und Schiedsrichter:innen der Bundesliga kein Arbeitsverhältnis. Vielmehr gestalten sich die Rechte und Pflichten zwischen den Parteien durch getroffene Rahmenvereinbarungen. Doch der Schutz des AGG bezieht sich auch auf selbstständig tätige Personen, soweit die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit betroffen sind. 

Regelung zu starr?

In dem Rechtsstreit könnte es also insbesondere darum gehen, ob die Regelung des DFB den Anforderungen des § 10 AGG entspricht oder nicht. Kritisiert wird von Gräfe vor allem, dass die Regelung zu „starr“ sei. In einem Interview verwies der Schiedsrichter auf andere Regelungsmodelle, die Ausnahmen erlauben würden. Im europäischen Fußball liege die Altersgrenze bei der UEFA zwar bei 45 Jahren, doch der Dachverband lasse Ausnahmen zu. Aus diesem Grund konnte der 48-jährige Björn Kuipers das EM-Finale zwischen England und Italien pfeifen. Auch in der englischen Premier League sind Ausnahmen möglich, zwei Schiedsrichter sind älter als 50 Jahre.

Ob die Klage Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Die Chancen stünden laut Experteneinschätzungen nicht schlecht, dass Gräfe gewinnen könnte. Denkbar wäre dann eine Neuregelung innerhalb des DFB, die auch Ausnahmeregelungen vorsehen könnte. Doch auch bei einem Sieg soll es für ihn kein Comeback in die Bundesliga geben. Er kommentierte:

Ich selbst werde nicht mehr pfeifen, auch wenn ich mit meiner Klage Erfolg haben sollte.

Apropos Altersdiskriminierung

Erst vor wenigen Monaten hat der BGH eine spannende Entscheidung in puncto Altersdiskriminierung getroffen. Ein seinerzeit 44-Jähriger wurde an der Tür zu einem Electro-Festival mit der Begründung abgewiesen, dass er zu alt sei. Beim AG München und anschließend beim LG München hatte der zurückgewiesene Partygänger keinen Erfolg. In Karlsruhe wurden diesbezüglich eine interessante Entscheidung getroffen, die Du hier nachlesen kannst.

Schaue Dir hier die (prüfungs-) relevanten Lerninhalte oder weiterführenden Beiträge zu diesem Thema an: