BGH zum Widerruf eines Partnervermittlungsvertrags

BGH zum Widerruf eines Partnervermittlungsvertrags

Ein Fall, der in ähnlichen Konstellationen gerne in Klausuren geprüft wird

„Liebe kennt keine Regeln“? Doch, nämlich die des Zivilrechts. Eine Frau wollte einen Partnervermittlungsvertrag widerrufen, weil ihr drei Kandidaten-Vorschläge nicht zugesagt haben. Der BGH musste entscheiden.

Worum geht es?

In Karlsruhe ging es in einem Revisionsverfahren um die große Liebe – die nicht gefunden wurde. Im Mai 2018 schloss die Klägerin mit einer Agentur einen Partnervermittlungsvertrag ab. Der Vertragsschluss kam mit einem Vertreter in ihrer Wohnung zustande. Gegenstand des Vertrags war, dass die Agentur der Frau insgesamt 21 Partnervorschläge bereite – die Zusammenstellung eines “Partnerdepots” wurde in den Vertragsunterlagen als „Hauptleistung“ festgehalten. Außerdem wurde sie über ihr Widerrufsrecht belehrt. Der Klägerin sei bewusst gewesen, dass sie dieses verliere, wenn der Vertrag vollständig erfüllt sei und sie sich wünsche, dass die Agentur mit der Partnersuche direkt loslege.

Am folgenden Tag zahlte die Klägerin der Agentur das vereinbarte Honorar in Höhe von 8.330 Euro und bekam direkt die ersten drei Kontaktvorschläge. Doch diese sagten ihr nicht zu und sie wollte den Vertrag nach einer Woche „kündigen“. Dagegen wehrte sich die Agentur: Sie berief sich darauf, dass sie bereits ein vollständiges Partnerdepot über die 21 Kandidaten erstellt habe – zwar wurden erst drei Kontakte vorgeschlagen, doch durch die Erstellung der gesamten Auswahl habe sie ihre Leistung vollständig erbracht. Ein Widerruf sei daher nicht mehr möglich.

Nun begann ein Rechtsstreit zwischen den beiden Parteien, der von den bisherigen Instanzen unterschiedlich entschieden wurde: Das LG Aachen wies ihre Klage ab, das OLG Köln gab ihr statt, wobei ein Teil ihrer Forderung abgezogen wurde – drei Kandidaten wurden ja übermittelt. Es verurteilte die Agentur daher zu einer Rückzahlung von 7.139 Euro. Gegen diese Entscheidung legte die Agentur Revision ein.

Wie ist die Rechtslage?

Es ging in der Entscheidung also um die Wirksamkeit des Widerrufs der Klägerin. Der BGH führte aus, dass der Klägerin ein gesetzlich eingeräumtes Widerrufsrecht zustünde, da es sich um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag handele (§ 312b BGB). Außerdem handele es sich um einen widerruflichen Verbrauchervertrag im Sinne des § 312 I BGB in Verbindung mit § 310 III BGB: Die Klägerin sei Verbraucherin (§ 13 BGB), die Agentur ein Unternehmer (§ 14 BGB).

Prüfungsaufbau: Widerruf gem. §§ 355 ff. BGB
Klausurrelevante Lerneinheit

Apropos Dienstleistung: Hier lag der rechtliche Knackpunkt, der vom BGH aufgegriffen wurde und dazu führte, dass er sich nicht der Auffassung des LG, sondern des OLG anschloss. Im Raum stand nämlich die Frage, ob das Widerrufsrecht der Klägerin gemäß § 356 IV BGB ausgeschlossen sein könnte. Danach erlischt das Widerrufsrecht bei einem Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen auch dann, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat und mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat. Außerdem muss der Verbraucher bestätigen, dass er darüber Bescheid weiß, dass er das Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert.

Die Klägerin habe sich hier gewünscht, dass die Agentur direkt mit der Partnersuche loslege. Außerdem habe sie gewusst, dass - wenn der Vertrag vollständig erfüllt sei – sie ihr Widerrufsrecht verliere.

Vereinbarte „Hauptleistung“-Klausel unwirksam

Genau darauf berief sich die Agentur und hatte damit zumindest vor dem LG Erfolg. Denn vertraglich sei vereinbart worden, dass die Zusammenstellung eines Partnerdepots die „Hauptleistung“ des Vertrags sei. Dies habe sie erfüllt, auch wenn tatsächlich nur drei Kandidaten vorgeschlagen worden seien.

Der BGH hat innerhalb der Revision aber entschieden, dass das so nicht ganz richtig sei. Wie das OLG wertete das Karlsruher Gericht die Leistung noch nicht als vollständig erbracht. Denn für die Bestimmung der Hauptleistungspflichten komme es auf eine Auslegung an.

Für die Auslegung […] ist entscheidend, worauf es der einen oder der anderen Partei in hohem Grade ankam, was sie unter allen Umständen erlangen wollte.

Auch die Karlsruher Richter:innen kamen zu dem Ergebnis: Die Klägerin wollte tatsächliche Vorschläge übermittelt bekommen, mit Namen und Kontaktdaten. Die Erstellung des Partnerdepots sei dabei nicht als (ausschließliche) Hauptleistungspflicht anzusehen. Die Agentur habe ihre Leistung daher nur zu einem geringen Teil erbracht. Die Agentur könne sich auch nicht dahingehend auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen, dass die „Hauptleistung“ das Erstellen des Partnerdepots sei - die Klausel sei unwirksam. Der BGH erklärte:

Durch Allgemeine Geschäftsbedingungen kann der Vertragsgegenstand nicht verändert werden.

Klägerin hat Anspruch auf Rückzahlung abzüglich Wertersatz

Damit wies das Gericht die Revision gegen die Verurteilung zur Rückzahlung von 7.139 Euro zurück. Einen Anspruch auf vollständige Rückzahlung habe die Klägerin allerdings nicht, wie bereits das OLG zutreffend festgestellt habe.

Die rechtliche Grundlage für diese Kürzung lässt sich in § 357 VIII BGB finden. Als Rechtsfolge des Widerrufs von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen gilt danach unter anderem, dass der Verbraucher dem Unternehmer Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachte Leistung schuldet – allerdings nur, wenn der Verbraucher ausdrücklich verlangt, dass der Unternehmer mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Und dies sei hier der Fall.

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